Siegen. Das Aus von Karstadt Siegen vor mehr als einem Jahr macht sich beim Einzelhandel der Oberstadt bemerkbar: Weniger Kunden, mehr Ängste und Sorgen.
Der andauernde Leerstand im Karstadtgebäude schlägt bei Einzelhandel und Gastronomie in der Oberstadt negativ zu Buche. „Wir sehen einen Umsatz- und Frequenzverlust“, sagt Thiemo Brinkmann, 1. Vorsitzender der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Oberstadt. Nachdem das Quartier vor dem Kaufhaus-Aus spürbar im Aufwind war, würden sich nun wieder Stimmen häufen, die Ladenschließungen oder Umzüge an andere Standorte nicht mehr ausschließen würden.
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Besitzerin des Gebäudes ist mit Siegberg Immobilien eine von der Baufirma Quast, einem weiteren Unternehmer sowie dem Siegerlandfonds der Sparkasse Siegen getragene Gesellschaft. Ein Teil des Objekts ist von der Universität Siegen belegt, die im umgebauten Obergeschoss 2020 ein Hörsaalzentrum für den Campus-Mitte in Betrieb nahm. Lange galt es als gesetzt, dass die Uni auch den Rest des Vier-Etagen-Kolosses nutzen will, wobei eine Mischung aus universitären Zwecken, Tagungszentrum, Einzelhandel und Gastronomie vorgesehen war. Im Mai teilte Siegberg Immobilien jedoch dem Ausschuss für Stadtentwicklung mit, dass die Uni die Pläne verworfen habe, um neue zu entwickeln – und dass die Eigentümergesellschaft deshalb den Verkauf des Gebäudes erwäge. Das Ergebnis des Planungsprozesses sei nun nämlich für Ende 2025 angekündigt gewesen. Bis dahin aber, so sagte Geschäftsführer Reinhard Quast, würde der Eigentümergesellschaft das Geld ausgehen.
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Realistisch betrachtet besteht keinerlei Zweifel daran, dass alle Akteurinnen und Akteure, die irgendwie Karten im Spiel haben – Eigentümer, Uni, Stadt – die „Uni ins Kaufhaus“-Lösung haben wollen. Knackpunkt war eher die Frage, wie lange das Ex-Kaufhaus bis dahin ungenutzt bleiben kann, denn auch im Leerlauf kostet dessen Unterhaltung Geld. Das „Fusion Lab“ der Universität ist inzwischen damit beauftragt, mit allen Beteiligten ein langfristig tragfähiges Konzept zu entwickeln. Doch bei den Gewerbetreibenden in der Oberstadt bleibt eine gewisse Skepsis, wie im Gespräch mit Thiemo Brinkmann deutlich wird. Zu Treffen und Workshops, bei denen Wünsche, Ideen und Sorgen aller vom Karstadt-Thema Betroffenen ermittelt werden sollen, „sind wird als Einzelhändler eingeladen“, sagt der ISG-Vorsitzende. Ob dabei letztlich aber auch eine zeitnähere Lösung für den Riesen-Leerstand herauskomme: „Wir müssen abwarten.“
„Das beschäftigt uns extrem.“
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Die Schließung des Kaufhauses im Juni 2023 habe die Oberstadt in zweierlei Hinsicht getroffen. Karstadt habe zwar zuletzt nicht mehr viel Publikum von außen gezogen, weil Kaufhäuser generell massiv an ihrer ehemals hohen Sogwirkung verloren haben; aber für einen gewissen grundsätzlichen Kundenstrom Richtung Oberstadt habe das Angebot durchaus noch gesorgt und damit Menschen ins Quartier gebracht, die auch bei anderen Läden und in den Gastronomie-Betrieben Station machten. Noch schmerzlicher sei allerdings, dass sich mit der Schließung von Karstadt auch dessen Eingang am Dicken Turm dauerhaft schloss: Dieser war nämlich zugleich der Hauptzugang vom Karstadt-Parkhaus zur Kölner Straße. Und viele Menschen, die ihr Auto dort abstellten, wenn sie in die Oberstadt im Besonderen oder die Innenstadt im Allgemeinen wollten, würden nun die Parkhäuser Morleystraße, Heeserstraße oder direkt die Parkdecks der City Galerie ansteuern, sich dann aber auch direkt Richtung Bahnhofstraße oder Galerie orientieren.
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Wieso Siegenerinnen und Siegener seit Jahrzehnten ein so extrem ausgeprägtes Bedürfnis zu haben scheinen, mit dem privaten Pkw möglichst unmittelbar an ihrem konkreten Ziel parken zu wollen – für die Gewerbetreibenden in der Oberstadt ist diese Frage in der Theorie deshalb relativ zweitrangig, weil sie in der Praxis die Auswirkungen spüren: Sinkt die Zahl attraktiver Parkmöglichkeiten im Umfeld, sinkt die Zahl der Kundinnen und Kunden. Schon mit der Erhöhung der Parkgebühren auf den städtischen Parkflächen und in den Parkhäusern hätte sich das bemerkbar gemacht – woraufhin die Politik die Tarife wieder nach unten anpasste. Angesichts der typischen Siegener Parkpräferenzen wäre es „ein ganz großer Wunsch“, wie Thiemo Brinkmann betont, wenn es für den Zugang vom Parkhaus aus durch die unteren Karstadtpforten eine Interimslösung geben könnte, bevor die finalen Konzepte für das Gesamtgebäude verwirklicht sind. Bezüglich kleinteiliger Zwischennutzungen hatte Reinhard Quast jedoch schon in der Mai-Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses mit Bedauern Skepsis äußern müssen: Die erforderlichen Systeme wie Brandmelde-, Sprinkler- oder Alarmanlagen seien zu aufwändig, bereits das Aufschließen würde zu hohe Kosten verursachen.
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Zusätzliches Unbehagen lösen in der Oberstadt die personellen Veränderungen an der Spitze der Uni Siegen aus. Nachdem mit Prof. Holger Burckhart Mitte Dezember derjenige Rektor ging, der das Projekt „Siegen. Wissen verbindet“ (vormals: „Uni in Stadt“) maßgeblich begleitet und vorangetrieben hat, hat nun auch Kanzler Ulf Richter angekündigt, die Uni Siegen zu verlassen: Er tritt ab 1. Januar 2025 die Stelle des Kanzlers an der Universität Duisburg-Essen (UDE) an. Auch Ulf Richter war beim Umzug in die Stadt ein wichtiger Akteur. Die Veränderung im Führungsteam der Uni Siegen „beschäftigt uns extrem“, sagt der ISG-Vorsitzende.
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