Siegen. Ein ehemaliges Kaufhaus wird in Siegen „schon wieder“ in etwas Neues verwandelt – im Aus von Karstadt sehen viele auch eine Chance für die Stadt.

Stadt und Eigentümer des Karstadt-Gebäudes haben alles versucht, um den schlingernden Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) dazu zu bringen, die Siegener Filiale doch nicht zu schließen. Vergeblich, die Immobilie steht leer, wie berichtet soll eine neue flexible Nutzung aus Uni Siegen, Handel und Gastronomie die Lücke füllen. Die Zustimmung ist erstmal groß.

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„Als ich 2007 Bürgermeister wurde, führte mich meine erste Dienstreise nach Berlin“, erinnert sich Steffen Mues bei der Vorstellung des Konzepts für das „neue“ Karstadt am Mittwoch, 21. Juni. Seinerzeit trafen sich in der Hauptstadt die Bürgermeister aller betroffenen Städte, um gegen das drohende Aus „ihrer“ Filialen zu demonstrieren. Das endgültige Aus, rechnet Mues nach, müsste das Ergebnis der fünften Schließungsdiskussion allein in seiner Zeit als Bürgermeister sein.

„Wir haben alles getan“: Karstadt lehnt alle Angebote aus Siegen zur Zukunft ab

Wir hatten eine tolle Lösung“, sagt der Bürgermeister: Die Kombination mit dem Hörsaalzentrum der Uni mit Option auf weitere Mit-Nutzungen habe der Konzern selbst sehr positiv gesehen, auch eine mögliche weitere Verkleinerung des Kaufhauses sei für GKK in die richtige Richtung gegangen, es gab einen langfristigen Mietvertrag.

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Er habe intensiv in Essen, dem Unternehmenssitz, dafür geworben, dem Konzept Zeit zu geben, berichtet der Bürgermeister, immerhin war das öffentliche Leben, war der Handel erst seit recht kurzer Zeit aus den Corona-Beschränkungen zurück. In der laufenden Insolvenz sei zwingend ein Plan erforderlich, in dem alle Häuser schwarze Zahlen schreiben, habe man ihm bedauernd entgegnet.

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Wilfried Groos, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Siegen, die zur Eigentümergesellschaft Siegberg Immobilien gehört, berichtet von drei „überproportionalen Mietsenkungen, mühsamen Gesprächen in Essen“; dem Angebot, nochmals Flächen zu reduzieren, gar teils auf Miete ganz zu verzichten. „Wir haben alles getan“, sagt Groos. Auch er erinnert sich: Als die Gesellschaft das Gebäude vor etwa zehn Jahren kaufte, „war der Konzern am Schlingern“. Man wollte die Immobilie zusammen mit Partnern in regionale Hände bekommen, Leerstände vermeiden.

Langer Leerstand in ehemaligem Kaufhaus gab’s schonmal in Siegen: Krönchen-Center

Welche Auswirkungen das haben kann, hatte die Stadt sieben Jahre mitangesehen, bis sie zusammen mit Partnern den früheren Kaufhof kaufte, das heutige Krönchen-Center. Und dort, wie nun auch im Karstadt geplant, Kultur, Bildung und Einzelhandel unterbrachte. „So ein Gebäude darf nicht leerstehen“, bekräftigt der Bürgermeister. Vom Land NRW gebe es auch bereits die Zusage, von Karstadt-Schließungen betroffene Städte besonders zu unterstützen, zumal solcherlei Quartiersentwicklungen politisch generell gewollt seien. Denn Profit stehe bei diesem regionalen Ansatz für das Gebäude nicht an erster Stelle, aber ein nachhaltiges Nutzungskonzept brauche es aber schon, es „muss wirtschaftlich aufgehen“, sagt Wilfried Groos.

Generell sei es im politischen Interesse, Bestandsgebäude zu ertüchtigen – Stichwort „Graue Energie“, sagt Uni-Kanzler Ulf Richter. Wir haben hier eine gute Lösung für die Uni, aber in erster Linie für Siegen und die Oberstadt.“

Siegener Kommunalpolitik signalisiert breite Zustimmung

Das sieht die Siegener Kommunalpolitik ganz ähnlich. Reinhard Quast für die Siegberg Immobilien sowie Rektor Burckhart und Kanzler Richter stellten das bis dahin nicht veröffentlichte Konzept noch am gleichen Tag dem Rat vor und warben dafür, das Projekt zu unterstützen, das Quast als eine von fünf und seine „Traumlösung“ bezeichnete. Rektor Burckhart betonte, dass „Uni in die Stadt“ mit dem Karstadt-Gebäude im Grunde hätte abgeschlossen sein können, man sich im Sinne des Konzepts Bürger-Uni aber für die auch finanziell risikoreichere Variante entschieden habe. Die Hochschule als eine Art Landesbehörde wäre für die Eigentümer sicherer gewesen – zum Preis eines „hermetischen“ Campus – „dann wäre da nur noch Universität“.

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Das Konzept erhielt Zustimmung von allen Seiten. „Wirklich, wirklich gut“, auch wenn er den Vorschlag vorab gar nicht kannte und entsprechend keine Rede vorbereitet habe, sagte Grünen-Fraktionschef Michael Groß mit Blick auf seinen CDU-Amtskollegen Marc Klein, der ein entsprechendes Statement offensichtlich vorbereitet und abgelesen hatte.