Siegen. Siegener Sparkassen-Vorstand sieht Unsicherheit durch politische Rahmenbedingungen, „die wir in Deutschland einfach nicht auf die Kette kriegen“.

Die Sparkasse Siegen blickt trotz Inflation, Zinswende und schwieriger Konjunktur zufrieden auf das Jahr 2023 zurück. Die Bilanzsumme sei mit 4,9 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr konstant geblieben, das Eigenkapital von 487 auf 506 Millionen gestiegen, wie die Vorstandsvorsitzende Dr. Nadine Uebe-Emden am Freitag, 23. Februar, beim Pressegespräch sagte. „Das ist ein sehr gutes Jahresergebnis. Aber wir sehen auch die Wolken, die am Horizont aufziehen.“

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Für die Kundinnen und Kunden sei es aufgrund der Rahmenbedingungen kein einfaches Jahr gewesen. Mit 3,7 Milliarden Euro blieb das Volumen der Kundeneinlagen im Vergleich zu 2022 zwar unverändert, doch gerade die Privatkunden „brauchten ihr Geld und konnten weniger zurücklegen“, heißt es im Bericht des größten Finanzinstituts Südwestfalens. Die Nachfrage nach Festgeldern, festverzinsten Wertpapieren und Sparkassenbriefen nahm indes massiv zu. Allein bei den Sparbriefen stieg die Gesamtsumme von 35 Millionen Euro im Jahr 2022 auf 317 Millionen in 2023: Eine Steigerung von mehr als 800 Prozent. Vorstandsmitglied Tillmann Reusch erwähnt in diesem Zusammenhang „die Rückkehr des Zinses“. Der Kapitalmarkt habe wieder einen Zins hergeben, „den es vorher jahrelang nicht gab“. Er rät allerdings zu einer differenzierten Betrachtung: Wer größere Beträge anlegen wolle, sollte sich dafür nicht auf dieser Entwicklung ausruhen, sondern eine breiter aufgestellte Strategie fahren. Das höhere Zinsniveau allein schlage nämlich die Inflation nicht.

Sparkasse Siegen: Immobilienpreise 2023 um bis zu 20 Prozent nach unten

Steigende Zinsen freuen Anleger, drücken im Kreditbereich aber die Kundenlaune. Bei den Kreditneuzusagen zeigt die Kurve nach unten. Gegenüber 2022 sanken diese um 270 auf 440 Millionen Euro, ein Minus von rund 38 Prozent. Betroffen seien sowohl der private als auch der gewerbliche Bereich. „Die deutsche Wirtschaft ist angeschlagen, gerade im Mittelstand“, sagt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Günter Zimmermann, „eigentlich kann man fast von einer Rezession sprechen.“ Personal- und Sachkosten seien gestiegen, außerdem gebe es „eine Unsicherheit wegen der politischen Rahmenbedingungen, die wir in Deutschland einfach nicht auf die Kette kriegen“. Auch Vorstandsmitglied Burkhard Braach verweist auf eine angespannte Stimmung, die in Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unternehmen zum Ausdruck komme. „Unklare wirtschaftspolitische Ausrichtung und Haushaltsstreit“ würden Verunsicherung wecken. Darüber hinaus sei der seit langem geforderte – und von der Politik in Aussicht gestellte – Bürokratieabbau nicht nur nicht erfolgt, sondern der bürokratische Aufwand in den vergangenen Jahren im Gegenteil noch umfangreicher geworden.

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Im Wohnungsbau haben sich die Kreditanfragen etwa halbiert, sagt Vorstandsmitglied Tillmann Reusch, generell „haben wir bei den Immobilien deutliche Zurückhaltung gesehen“. Die Sparkasse habe in den zwölf Monaten zwar 9 Prozent mehr Immobilien als im Vorjahr verkauft, doch die Preise seien um bis zu 20 Prozent unter das Vorjahresniveau gefallen und lägen damit etwa auf dem Level von 2020. Dass der Wunsch nach den eigenen vier Wänden immer noch sehr ausgeprägt sei, zeige allerdings „die hohe Nachfrage nach den aktuell günstigen Bausparverträgen im letzten Jahr“.

Das persönliche Gespräch ist entscheidend – und dafür sind die Filialen wesentlich.
Tillmann Reusch, Vorstandsmitglied der Sparkasse Siegen, betont die Bedeutung des Filialnetzes.

Sparkasse Siegen: Immer mehr Kunden nutzen Online-Banking

Während die Zahl der persönlichen Beratungsgespräche im Jahresvergleich um 4000 auf 90.000 sank, nahm der Bestand an Nutzerinnen und Nutzern der Sparkassen-App um 7000 auf 53.000 zu. Bei den Onlinezugängen ging es weitere 3000 nach oben: Von den 139.000 Girokonten (1000 mehr als im Jahr 2022) verfügen damit nun rund 96.000 über dieses Feature. „Generell stellen wir fest, dass unsere Kundinnen und Kunden über alle Altersgruppen hinweg immer digitaler werden“, konstatiert Tillmann Reusch. „Deshalb investieren wir viel in unser digitales Angebot.“

Der Vorstand der Sparkasse Siegen blickt zufrieden auf das Geschäftsjahr 2023 zurück. Von links: Vorsitzende Dr. Nadine Uebe-Emden, Burkhard Braach, Tillmann Reusch, stellvertretender Vorsitzender Günter Zimmermann.
Der Vorstand der Sparkasse Siegen blickt zufrieden auf das Geschäftsjahr 2023 zurück. Von links: Vorsitzende Dr. Nadine Uebe-Emden, Burkhard Braach, Tillmann Reusch, stellvertretender Vorsitzender Günter Zimmermann. © WP | Florian Adam

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Wer direkten Kontakt von Angesicht zu Angesicht wünsche, könne diesen aber weiterhin pflegen. Die Sparkasse Siegen habe immer noch das dichteste Filialnetz in der Region, das werde auf absehbare Zeit auch so bleiben. Einfache Dinge wie Überweisungen würden zwar inzwischen oft online erledigt, aber sobald es um komplexere Fragen gehe, „stellen wir fest, dass auch junge Leute keine Lust haben, sich mit Finanzthemen rein digital auseinandersetzen“, sagt Tillmann Reusch. Statt sich im Alleingang seitenweise durch Websites zu klicken, würden viele den Austausch mit Expertinnen und Experten vorziehen, wenn es etwa um Dinge wie Altersvorsorge, Versicherungen oder Immobilien geht: „Das persönliche Gespräch ist entscheidend – und dafür sind die Filialen wesentlich.“ Für ihren Service sei die Sparkasse auch mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem von der Gesellschaft für Qualitätsprüfung als „beste Bank vor Ort“ in der Privatkundenberatung.

Das ist kein Modethema, sondern ein Erfordernis.
Günter Zimmermann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Siegen, über Nachhaltigkeit.

Sparkasse Siegen will bis 2030 CO2-neutral sein

Eine große Aufgabe ist und bleibt, wie Günter Zimmermann betont, Nachhaltigkeit. „Das ist kein Modethema, sondern ein Erfordernis, das wir haben. Wir sehen darin aber auch Chancen.“ Bis 2030 wolle die Sparkasse Siegen in ihrem Geschäftsbetrieb CO2-neutral sein, „wir müssen nun sehen, wie wir dahin kommen“. Energie sei ein wichtiger Faktor, allein 2024 werde das Geldinstitut rund 2,7 Millionen Euro in entsprechende Sanierung ihres Gebäudebestandes und in Photovoltaikanlagen investieren. Der Papierverbrauch solle reduziert werden, bei Dienstreisen werde genauer überlegt, ob sie wirklich erforderlich seien. Nachhaltigkeit sei aber weiter zu fassen, erläutert der stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Es gehe beispielsweise auch darum, über die eigene Geschäftstätigkeit tragfähige „Strukturen in der Region langfristig zu stärken“ oder sich als „fairer Arbeitgeber“ zu positionieren. Letzteres zeige sich unter anderem darin, dass die Sparkasse Siegen bereits zum fünften Mal in Folge mit dem Audit „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ zertifiziert worden sei. Ein weiterer Ansatz, so Günter Zimmermann: Seit diesem Jahr würde die Bank bei der Anlage ihres Eigenkapitals Unternehmen herauslassen, deren Agieren mit den Nachhaltigkeitszielen nicht vereinbar sei.

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Passend zum Nachhaltigkeitsanspruch Anspruch sei auch, dass die Sparkasse 2023 mehr als 19.600 Bäume in ihrem Geschäftsgebiet habe pflanzen lassen, um die Kalamitätsflächen nach Borkenkäferplage und Dürrephasen wieder aufzuforsten. Insgesamt habe die Sparkasse Siegen im vergangenen Jahr für 790 Projekte insgesamt rund 4,3 Millionen Euro gespendet, erzählt Nadine Uebe-Emden, habe viele gemeinnützige Vereine und Institutionen unterstützt. Sponsoring eingerechnet, belaufe sich die Summe sogar auf 5,3 Millionen Euro.

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