Gladbeck. Kriege, Klima, Krisen: Sie treiben die Menschen in Gladbeck um, die trotzdem viel Gutes in und an ihrer Stadt entdecken.

Das Jahr 2023 ist Schnee von gestern. Manche Menschen sind heilfroh, dass es vorbei ist. Andere fanden die vergangenen Monate eigentlich ganz okay. Aber: neues Jahr, neues Glück, oder? Was versprechen sich die Menschen in Gladbeck von 2024 - für sich persönlich, für die Mitmenschen, für die Stadt? Die WAZ hat einige Stimmen gesammelt.

Gladbecks Citymanagerin Katja Krischel wünscht sich, dass Gelungenes auch mit Wohlwollen betrachtet wird.
Gladbecks Citymanagerin Katja Krischel wünscht sich, dass Gelungenes auch mit Wohlwollen betrachtet wird. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Citymanagerin Katja Krischel sagt: „Ich kann privat und meine Funktion nicht trennen. Aus der Erfahrung der vergangenen Monate wünsche ich mir, was 2024 angeht, dass Dinge, die gut sind, mit mehr Wohlwollen gesehen werden. Man kann durch die Stadt gehen und alles schlecht finden. Aber man kann auch den Blickwinkel einmal verändern und das, was gut funktioniert, positiv bemerken. Das würde allen guttun, und das kann jeder für sich tun. Das ist notwendig: Es ist Zeit für Veränderungen.“

Wilhelm Walter, Chef des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Gladbeck, wäre glücklich, wenn sich die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter öffnen würde.
Wilhelm Walter, Chef des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Gladbeck, wäre glücklich, wenn sich die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter öffnen würde. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Wilhelm Walter, Chef des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Gladbeck, sagt: „Ich gehe positiv an die Sachen heran, negatives Denken bringt nichts. Es macht keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken. Ich würde mich schon freuen, wenn die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter auseinanderklafft.“ Wie sehr Menschen in Gladbeck in Not seien, zeigten die Warteschlangen an der mobilen DRK-Tafel: „Wir versorgen mittlerweile fast 2000 Leute.“ Bei der Weihnachtsspenden-Aktion des Roten Kreuzes verteilten die Ehrenamtlichen 1930 Päckchen.

Helfende Hände sind in Gladbeck immer willkommen – und Blutspender

Apropos Ehrenamtliche: Wilhelm Walter und sein Team würden sich freuen, wenn im Jahr 2024 noch ein paar helfende Hände dazukämen. Und stets willkommen: Spenden, sei es als Geld oder Gegenstand. „Ein großes Anliegen ist, dass uns unsere Blutspender treu bleiben“, ergänzt Wilhelm Walter, „pro Termin kommen mehr als 100 Menschen.“ Und noch eins: „Gesund wollen wir alle bleiben!“

Die Gladbecker Künstlerin Susanne A. Schalz sagt: „Ich bin optimistisch für das kommende Jahr.“
Foto: Daniel Attia/ FUNKE Foto Services
Die Gladbecker Künstlerin Susanne A. Schalz sagt: „Ich bin optimistisch für das kommende Jahr.“ Foto: Daniel Attia/ FUNKE Foto Services

Künstlerin Susanne A. Schalz nimmt das Positive in Gladbeck in den Blick und findet vieles lobenswert. Daher meint sie: „Ich bin optimistisch für das kommende Jahr.“ Sicher, es gebe in der Stadt auch Entwicklungen, die sie bedauere, beispielsweise die „schmerzlichen Rückgänge“ beim Ladenbesatz in der Fußgängerzone - man denke an die Geschäftsschließungen von C&A und NaNuNaNa. Aber: „Ich habe trotz allem das Gefühl, dass die Innenstadt sich weiter großer Beliebtheit erfreut. Wir sollten nicht nur gucken, was nicht funktioniert, sondern schätzen, was man hat.“

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Susanne Schalz hat den Eindruck: „Die Menschen in Gladbeck sind sehr dankbar und gerne in ihrer Stadt. Sie sind nicht darauf aus, kilometerweit zu fahren. Sie wertschätzen das Angebot vor ihrer Haustür.“

Das Aus von C & A und NaNuNaNa in der Innenstadt schmerzt viele Gladbecker.
Das Aus von C & A und NaNuNaNa in der Innenstadt schmerzt viele Gladbecker. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Mit Blick auf die Gladbecker Kulturszene blickt die Künstlerin ebenfalls zuversichtlich in die Zukunft: „Mein Jahresprogramm reicht von einer Vernissage im März bis zum Weihnachtsmarkt im Magazin, wegen der großen Resonanz ist er schon gebongt. Die Kunstroute wird‘s ebenfalls wieder geben, sie hat ja ein steigendes Publikum. Die Neue Galerie ist international super aufgestellt. Schalz nennt es bemerkenswert, „was diese Stadt auf die Beine stellt“: „Sie bringt die Menschen gut zusammen. Das Turmblasen war auch diesmal wieder emotional schön, es waren viele junge Leute dabei.“ Susanne Schalz lobt: „Es wird viel dafür getan, dass die Gladbecker sich hier wohlfühlen. Wer das Angebot nicht nutzt, darf auch nicht meckern.“

Susanne Peters-Schildgen ist Leiterin des Gladbecker Museums in Wittringen, ein „Identifikationspunkt in der Stadt“.
Susanne Peters-Schildgen ist Leiterin des Gladbecker Museums in Wittringen, ein „Identifikationspunkt in der Stadt“. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

In die kulturelle Landschaft Gladbecks gehört auch das Museum der Stadt. Hausherrin Susanne Peters-Schildgen wünscht sich angesichts der großen Herausforderungen, die Kriege, Klima und Migration mit sich bringen, „dass es in der Politik und allgemein Menschen gibt, die die Probleme anfassen und etwas tun“. Schließlich bestehe das Gefühl, „dass um einen herum alles zusammenbricht“.

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Bei freiem Eintritt sei das Museum in Wittringen an der Burgstraße ein Identifikationspunkt für die Bevölkerung, den sie zu würdigen wisse. Auch wenn die komplette Statistik noch nicht vorliegt: „Wir konnten die Besucherzahlen im Vergleich zum Vorjahr steigern.“

Juwelier Georg Hahne, Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes Gladbeck, weiß zu schätzen, was die Menschen in Gladbeck haben, vor allem Frieden.
Juwelier Georg Hahne, Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes Gladbeck, weiß zu schätzen, was die Menschen in Gladbeck haben, vor allem Frieden. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Wohlwollend äußert sich Georg Hahne, Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes Gladbeck: „Ich finde, man muss immer positiv bleiben. Wir leben immer noch in einer Gesellschaft, in der wir etwas auf den Teller bekommen. Wir haben ein gut funktionierendes Staatswesen, und das bleibt hoffentlich so. Bei den Diskursen, die wir in Deutschland führen, gehen die Geschehnisse in Krisenregionen unter. Wir sollten dankbar sein, dass wir seit mehr als 70 Jahren Frieden haben. Ich finde immer noch, dass es uns in Gladbeck und Deutschland gut geht.“

Grundsätzlich wünscht sich der Gladbecker Juwelier, dass die Stammkundschaft, über die sich viele Geschäftsleute in der Innenstadt freuen, weiter treu bleibe. „Sie kommt nicht nur aus Gladbeck, sondern auch aus der Umgebung, weil sie sich bei uns gut beraten fühlt. Vielleicht haben manche Kunden online schlechte Erfahrungen gemacht und können nun gute im stationären Handel erleben. Da sind wir Geschäftsleute dann gefragt.“

Finanzielle Misere bremst die Gestaltung

Für die Stadt erhofft sich Georg Hahne, „dass wir finanziell dahinkommen, dass wir selbstständig gestalten können. Wir wissen: Wir sind pleite. Wir gucken nach Fördertöpfen, ich wünsche mir für irgendwann eine Altschuldenlösung. Die Stelle für das Citymanagement ist befristet, und der Topf ist bald leer.“ Ohne diese, so Hahne, „kriegen wir keine Nachhaltigkeit in unsere Arbeit, das macht die Arbeit schwierig.“

Der Gladbecker Mediziner Gregor Nagel wünscht sich eine sachkundige Gesundheitspolitik.
Der Gladbecker Mediziner Gregor Nagel wünscht sich eine sachkundige Gesundheitspolitik. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Dr. Gregor Nagel, Vorsitzender des Gladbecker Ärztenetzes, liegt – wie sollte es auch anders sein – die Gesundheit seiner Mitmenschen, der Familie und Freunde, des Teams und sich selbst, am Herzen. Der „Stadt wünsche ich eine gute Hand bei den anstehenden Entscheidungen“, so der Mediziner.

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Hätte er drei Wünsche frei, würde er anfügen: „Es wäre gut, wenn sachkundige Politik im Gesundheitsbereich gemacht würde. Was die EDV angeht, ist es momentan schlimm.“ Die Neuerung E-Rezept sei schlecht vorbereitet, „die elektronische Patientenakte ab 2025 ist im Moment am allerchaotischsten“, „vieles ist unkoordiniert“. Nagel hegt die Hoffnung, dass aktuelle Probleme im Gesundheitswesen, darunter beispielsweise auch Lieferschwierigkeiten, im kommenden Jahr nicht mehr auftreten.

Norbert Dyhringer, Awo-Chef in Gladbeck, hofft, dass das Miteinander der Menschen in Gladbeck auch zukünftig funktioniert.
Norbert Dyhringer, Awo-Chef in Gladbeck, hofft, dass das Miteinander der Menschen in Gladbeck auch zukünftig funktioniert. © Unbekannt | SPD

Awo-Chef Norbert Dyhringer hofft, gleichfalls nach eigenem Bekunden eine positive Natur, hofft, „dass das Miteinander in unserer Stadt verträglich bleibt und alle Seiten aufeinander zugehen - bei allen Schwierigkeiten, die wir haben“: „Es gibt ja nicht den Gladbecker oder die Gladbeckerin. Ich habe das Gefühl, dass gerade junge Menschen, die immer stärker auf sozialen Kanälen unterwegs sind, immer mehr vereinsamen. Ich habe früher über Jugendprojekte auch Demokratie gelernt.“ Böse Kommentare auf Facebook etc. - das gab‘s seinerzeit nicht. Dyhringer gibt zu: „Die Welt ist verbesserungsnotwendig, na klar. Doch wir müssen das Beste draus machen. Konstruktive Kritik, die haben wir verlernt.“

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