Neustart der Tafel, Kirchenabriss und Dauerärger am Hochhaus Steinstraße – in Gladbeck ist viel passiert. Teil 2 des großen Jahresrückblicks.

2022 geht zu Ende, Zeit, den ein oder anderen Blick zurückzuwerfen. Welche Themen haben die Gladbeckerinnen und Gladbecker im vergangenen Jahr bewegt. Worüber haben sie sich geärgert? Was hat für Aufregung gesorgt und was war vielleicht auch eine gute Nachricht? Die Lokalredaktion hat gesammelt und ausgewertet, lesen Sie hier den zweiten Teil unseres Jahresrückblicks.

Neustart der Gladbecker Tafel

Nie wurde sie mehr gebraucht als in diesen Tagen – die Gladbecker Tafel. Steigende Preise haben zur Folge, dass immer mehr Menschen auf die Lebensmittelausgabe angewiesen sind. Auch Flüchtlinge benötigen nicht selten diese Form der Unterstützung. Zum Glück gelang im Oktober der Neustart der Gladbecker Tafel.

Das Rote Kreuz (DRK) hat übernommen und der Gladbecker Tafel ein neues Konzept verpasst. Mit einem Wagen steuert es Ausgabestellen in den Stadtteilen an, kommt also zu den Kunden und ist auf diese Weise auch für jedermann in der Stadt präsent.

Mehr als 40 ehrenamtliche Helfer bringen sich ein, kümmern sich um Einsammeln, Sortieren und Ausgabe der Lebensmittel. Mehr als ein Jahr war vergangen, seit die alte Tafel ihren Betrieb einstellen musste, weil der Vorstand nach Todesfällen nicht mehr handlungsfähig war.

Die Rechtsgrundlage war weggefallen, zuletzt stellte sich dann heraus, dass der damalige Vorstand womöglich auch an einigen Stellen etwas überfordert war.

Große Solidarität mit Geflüchteten in Gladbeck

Nach dem Überfall auf die Ukraine, am 22. Februar 2022 begann die Fluchtbewegung. Im Besonderen kamen so auch in den Folgemonaten viele Mütter mit Kindern nach Gladbeck. Dort trafen sie auf eine große Solidarität der Stadtgesellschaft und Unterstützung vieler ehrenamtlich Helfenden.

Die Gladbecker Fluthilfe wurde zum Beispiel zur Flüchtlingshilfe und sammelte Spenden. Das bestehende Netzwerk der christlichen Flüchtlingshelfer kümmerte sich um Deutschkurse und Integration auch für Ukrainer. Die Stadt organisierte Unterkünfte und Ankommenshilfe beim Weg durch den Amtsdschungel. In einem ehemaligen Ladenlokal in der Fußgängerzone wurde eine Anlaufstelle geschaffen, um gespendete Möbel, Bekleidung und von Discountern wie Bäckereien zur Verfügung gestellte aussortierte Nahrungsmittel zu verteilen. Und auch Nachbarn halfen den neu Angekommenen im Kleinen, damit sie sich trotz aller Verluste fern der Heimat willkommen und sicherer fühlen.

Hinzu kam noch ein Zeichen der ganz besonderen Art: Die Friedenskundgebung am Rathaus am 1. März – wenige Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und den Beginn des bis heute andauernden Krieges in Osteuropa. Rund 600 Menschen waren auf den Willy-Brandt-Platz gekommen, um gemeinsam für Frieden in der Ukraine zu demonstrieren. Auffallend waren die blau-gelben Plakate in den ukrainischen Nationalfarben und der Aufschrift „Gladbeck für den Frieden“, den viele der Teilnehmer hochhielten.

Tausende Gladbecker zeigen bei einer Demo vor dem Rathaus Solidarität mit der Ukraine.
Tausende Gladbecker zeigen bei einer Demo vor dem Rathaus Solidarität mit der Ukraine. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Schwechater 38: Geduld war gefragt

Geduld war dieses Jahr erneut gefragt in Sachen Schwechater Straße 38. Immerhin: Anfang des Jahres meldete das Abrissunternehmen Vollzug – eineinhalb Jahre hatte es gedauert, die Schrottimmobilie niederzulegen.

Eine ungewohnt weite, baureife Fläche präsentierte sich den Rentfortern, als es im März eine faustdicke Überraschung gab, was das Neubauprojekt betrifft: Die Düsseldorfer Implementum-Investoren zogen sich aus dem Vorhaben zurück, ein Unternehmer aus dem Münsterland übernahm als neuer Investor und lässt – angesichts kurzer Konfusion – versichern: Alles kommt so wie geplant!

Im Frühsommer wurde bekannt, dass der von Land und Stadt geförderte Abriss 20 Prozent günstiger wurde und die Stadt deutlich Geld spart! Im November suchten die Kampfmittelräumer nach Weltkriegsbomben – Zeichen, dass sich auf der Baustelle etwas tut.

Und im Dezember gab es endlich die Baugenehmigung der Stadt. Anfang 2023 soll nun Baubeginn fürs Nahversorgungszentrum sein, Fertigstellung im Herbst 2024.

Die Bodenarbeiten der Kampfmittelräumer im November deuteten darauf hin, dass sich bald auf dem Gelände des ehemaligen Hochhauses Schwechater Straße 38 etwas tun wird.
Die Bodenarbeiten der Kampfmittelräumer im November deuteten darauf hin, dass sich bald auf dem Gelände des ehemaligen Hochhauses Schwechater Straße 38 etwas tun wird. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Riesener-Gymnasium – viele Schüler, wenig Platz

Seit 1956 hat das Riesener-Gymnasium seine Heimat am Jovyplatz. Die Zukunft der beengten Oberschule ist seit ein paar Jahren ungelöst. Neue Ausbau-Ideen sorgen für Diskussionsstoff in Lokalpolitik und Stadtgesellschaft.

Rückblick: Mit der Rückkehr zum G 9-Abitur bei einer per se wachsenden Schülerschar benötigt die Oberschule an der Schützenstraße dringend mehr Raum. Das Problem lösen sollte das Ende 2020 verkündete Vorhaben, auf das Flachdach des Hauptgebäudes eine weitere Etage aufzustocken, mit Kapazität für vier Unterrichtsräume.

In den Sommerferien darauf folgte der Schock: Die Dachkonstruktion ist nicht tragfähig, das komplette Obergeschoss wurde gesperrt. Ein baufachliches Gutachten attestierte den Altbau als Großschadenslage, mit auch maroden Wasserleitungen. Sanierung, Teil- oder Komplettabriss standen im Raum. Jetzt präsentierte die Verwaltung neue Ideen. Zunächst könnten zwei Neubauten auf Schulparkplatz und Jovyplatz Entlastung bringen. Es bleibt spannend.

Der marode Altbau des Riesener-Gymnasiums.
Der marode Altbau des Riesener-Gymnasiums. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

„Gladbeck dreht runter“ – Energiesparkampagne startet

Die als Folge des Ukraine-Krieges ausgelöste Energiekrise schüttelt auch Gladbeck kräftig durch.

Unter dem Motto „Gladbeck dreht runter“ rief die Stadt mit einer groß angelegten Kampagne dazu auf, die bundesweiten Bemühungen zu unterstützen, rund 20 Prozent des Energieverbrauchs einzusparen, um etwa mit den gebunkerten Gasreserven durch den Winter zu kommen. Dies scheint zu gelingen.

Gleichwohl blieb ein Wunder aus. Denn die jetzt an die Haushalte oder Betriebe verschickten Abschlagsneuberechnungen von Gas- oder Stromtarifen mit einer Verdreifachung bis Vervierfachung der Kosten, schockt und sorgt besonders bei knappem Einkommen für große Sorgen.

Eine Familienbäckerei sieht sich gezwungen, zu schließen. Noch vorhandene Ersparnisse dürften bald aufgebraucht sein, so dass vielen Gladbeckern der Gang in die Sozialhilfe droht.

Ein Lichtblick ist dabei die Hoffnung, dass sich im neuen Jahr die Energiemärkte wieder entspannen und die Kosten für Endverbraucher normalisieren.

Problemhochhaus Steinstraße 72 – Ärger ohne Ende

Immer wieder Steinstraße: Es gab kaum einen Monat, in dem das Problemhochhaus nicht in den Schlagzeilen war (im Februar sogar ein Wohnungsbrand) – sehr zum Verdruss der umliegenden Nachbarschaft, die am Ende des Jahres konsterniert feststellen musste, dass ihre Sorgen und Nöte die gleichen waren wie zu Beginn des Jahres. Der Ärger reißt einfach nicht ab.

Mehr noch: Immer öfter haben Anwohner das Gefühl, mit ihren Ängsten nicht ernst genommen und gar als Meckerer wahrgenommen zu werden. Bürgermeisterin Bettina Weist, die sich mit der Verwaltung mit einem Büro ins Problemhaus eingekauft hat, appellierte, einen langen Atem haben zu müssen und in der gesamten Nachbarschaft achtungsvoll miteinander umzugehen.

Viele im Umfeld des Hochhauses bleiben aber dabei: Es ist zu laut, zu respektlos, es gibt zu viel Müll – schon viel zu lang, nicht erst 2022.

Johanneskirche in Gladbeck ist Geschichte

Eine gefühlte Ewigkeit hat die Johanneskirche das Stadtbild geprägt. Das ist vorbei. Das katholische Gotteshaus ist abgerissen und macht Platz für den Bau eines weiteren Wohnhauses, das der Caritasverband für behinderte Menschen errichtet.

Lesen Sie hier den ersten Teil des Jahresrückblicks auf die Gladbecker Stadtgespräche 2022.

Die Johanneskirche ist abgerissen. An ihre Stelle kommt ein Caritas-Wohnhaus für behinderte Menschen.
Die Johanneskirche ist abgerissen. An ihre Stelle kommt ein Caritas-Wohnhaus für behinderte Menschen. © FUNKE Foto Services | Heirich Jung