Bottrop. Seit 35 Jahren steht die Kulturkirche unter Denkmalschutz. Seit zehn Jahren sorgt der Förderverein für Erhalt und neues Leben im Ex-Gotteshaus.
Ein Glücksfall für den Denkmalschutz: So beschreibt Bottrops Denkmalschützer Thorsten Kastrup die Entwicklung der Kirche Heilig Kreuz, heute besser bekannt als Kulturkirche. Vor 35 Jahren erhält der vor allem auch in seiner Innenraumwirkung spektakuläre Sakralbau des bekannten Architekten Rudolf Schwarz das Prädikat „Denkmal“. 20 Jahre später, 2008, findet der letzte Gottesdienst in der 50 Jahre zuvor geweihten Kirche statt. Heilig Kreuz wird geschlossen, später profaniert, gilt also nicht mehr als geweihter, dem Gottesdienst vorbehaltener Ort.
Was tun mit einer Kirche, die als Denkmal nicht einfach abgerissen werden darf? Viele Bottroperinnen und Bottroper werden sich noch an die ersten Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkte oder Konzerte erinnern. Dann nimmt die Geschichte 2012 Fahrt auf.
Bottroper Kulturkirche: Förderverein gründet sich vor zehn Jahren
Dirk Helmke, ebenso umtriebiger wie stadtbekannter Bottroper, besucht diesen Kunstmarkt organisiert von Bettina Beckhoff und damit (als Protestant) auch erstmals diese nicht mehr „arbeitende“ katholische Kirche und denkt: „Toller Bau, den müssen wir erhalten aber auch irgendwie neu nutzen.“
Ein Jahr später, vor genau zehn Jahren, gründet er mit einer Handvoll Mitstreiter, darunter der 2014 verstorbene ehemalige Oberbürgermeister Ernst Löchelt, einen Förderverein.
Schnell zeichnet sich ab: Es wird eine, die Bottroper Kulturkirche. Offen für viele unterschiedliche Veranstaltungen, die sich aber dennoch mit dem Ort im weitesten Sinne „vertragen“. So finden seither auch Events wie eine Tattoomesse oder die Eröffnung der langen Kneipennacht dort statt. „Aber nie ausufernd und immer mit Blick auf die Geschichte dieses Ortes, an dem man trotz allem immer merken soll: Es ist eine Kirche, auch wenn sie so nicht mehr genutzt wird“, betont Dirk Helmke.
Förderverein Kulturkirche Bottrop hat inzwischen über 300 Mitglieder
Seit Kurzem hat der Förderverein die Mitgliederzahl von 300 überschritten. „303 seit der vergangenen Woche“, weiß Heike Biskup, seit einiger Zeit Helmkes Stellvertreterin im Verein. Auch als Stadtarchivarin findet sie es wichtig, diese stadtprägenden Orte, die dazu immer Visitenkarten Bottrops nach außen sind, zu erhalten. Das gelte für die Kulturkirche aber sicherlich auch für prägnante Bauten wie Liebfrauen, Herz Jesu oder St. Joseph, bis auf Liebfrauen entworfen vom gleichfalls berühmten Architekten Josef Franke. Die werden ebenfalls in absehbarer Zeit geschlossen.
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Alle Veranstaltungen haben neben dem öffentlichen Charakter, der die Kulturkirche zum Treffpunkt in der Stadt macht, auch das Ziel, die aufwändige Instandhaltung des Denkmals zu sichern. Denn wie bei so vielen Fördermaßnahmen gilt auch hier: „Wenn wir Gelder vom Land, Bezirk oder dem Bund beantragen, müssen wir einen entsprechenden Eigenanteil vorweisen, sonst gibt keiner etwas“, sagt Dirk Helmke. Der Geschäftsmann weiß, wie er Drähte zum Glühen bringt, Kanäle nutzt, aber auch Menschen, Unternehmen oder Stiftungen motiviert, sich ebenfalls ebenfalls für die Kulturkirche einzusetzen.
Volksbank, Sparkasse, Egon-Bremer-Stiftung (die gerade die Sanierung der uralten und nicht mehr sicheren Elektrik in der Kirche und der ebenfalls zum Denkmal gehörenden Orgel ermöglicht), die Bürgerstiftung, Konjungtur, Privatleute mit Geld- oder Sachleistungen haben so in zehn Jahren dafür gesorgt, dass fast eine Million Euro in den Erhalt investiert werden konnten. Vorplatz, Turm, die Fassade mit dem berühmten Glasfenster von Georg Meistermann, die Seitenwände oder Teile der Ausstattung von Ewald Mataré konnten so bereits gesichert werden. Jetzt ist der hohe, parabelförmige Chorraum an der Reihe.
Selbst die großen Barockgemälde aus der früheren Deutschordenskommende Welheim, die zwar nicht zum Baudenkmal gehören, aber für die vorindustrielle Geschichte Bottrops wichtig sind, fanden nicht nur einen Platz in der Kulturkirche, sondern wurden auf Initiative des Fördervereins mit Spenden und Stiftungsmitteln aufwändig restauriert.
Erfolgsgeschichte der Bottroper Kulturkirche ist noch lange nicht zu Ende
Den Erfolg aber, die Kulturkirche als Veranstaltungsort zu etablieren, habe neben der guten Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz zunächst die Ehefrau des verstorbenen Architekten, Maria Schwarz, ermöglicht. „Sie hat uns damals freie Hand gegeben, die Kirche nicht nur zu erhalten, sondern auch Neues zu machen, andere Wege zu gehen, dieser ,Segen’ von Frau Schwarz war nicht selbstverständlich“, erinnert sich Dirk Helmke.
Seither kamen unzählige Künstlerinnen, Künstler, Ensembles und viele, viele Besucher. Von Peter Maffay über das Rockorchester Ruhrgebeat, Bottroper Kulturpreisträgerinnen, aber auch der Ruhrbischof oder ein Ministerpräsident und immer wieder Politiker nahmen an unterschiedlichsten Veranstaltungen teil.
Von Bottroper Künstlerinnen und Künstlern wie Reinhard Wieczorek, Bernhardine Lützenburg, Guido Berndsen, Brigitte Wiegmann oder Karina Piertrucha gestaltete Gästebücher erzählen von dieser neuen, zweiten Erfolgsgeschichte dieses Bottroper Baudenkmals. Und die ist hoffentlich noch lange nicht zu Ende.
Infos zum aktuellen Programm und zum Förderverein gibt es auf: kulturkirche-heiligkreuz.de.