Bottrop. Der SVV Bottrop trainiert beim Selbstverteidigungstraining mit F.I.S.T. für reale Konflikte. Trainer Thomas Kistner erklärt das System.

Die zwölfjährige Leonie läuft in der Dunkelheit durch eine enge Gasse. Aus dem Nichts wird sie von einem Mann angegriffen. Mit einer geübten Handbewegung kann sie die erste Attacke abwehren, mit einer zweiten Bewegung bringt sie den Mann zu Boden. Entschlossen verlässt sie die Gasse, ihr ist keine Angst anzusehen.

Diese Situation hat nicht in echt stattgefunden, sondern ist ein simuliertes Szenario im Selbstverteidigungs-Training des SVV Bottrop. „Situationselemente“ nennt Trainer Thomas Kistner diese Szenarien, die so oder so ähnlich auch im Alltag passieren können. Sie sind Teil des „Freien Individuellen Selbstverteidigungs-Training“, kurz F.I.S.T.

Selbverteidigung in Bottrop: Konfliktvermeidung als Ziel

Die Selbstverteidigungs-Strategien enthalten Elemente aus Kampfsportarten wie Judo, Karate oder Ai-Kido. Bei der Ausführung kommt es allerdings nicht nicht auf perfekte Technik, sondern auf die Effektivität der Strategien an.

„Dadurch unterscheiden wir uns von klassischen Kampfsportarten. Jeder kann das anwenden, was er in der Gefahrensituation gerade für richtig hält“, sagt Kistner. Das heißt konkret: Auch Kratzen, Beißen oder an den Haaren ziehen ist erlaubt. „Es muss jedoch alles verhältnismäßig sein und sich im Bereich der Notwehr abspielen“, so Kistner weiter. Oberstes Ziel sei auch immer das Vermeiden von Konfrontationen. „Wir üben viel in Situationen und arbeiten auch mit Kommunikation und Verhaltensanalysen, um Konflikten aus dem Weg zu gehen.“

Lesen Sie weitere Berichte aus Bottrop:

Verteidigung in alltäglichen Gefahrensituationen

Um im Training mögliche Gefahrensituationen so realistisch wie möglich nachzustellen, bauen Kistner und seine Trainerkollegen zum Beispiel enge Gassen aus Turnbänken auf und nutzen die Flure und Umkleidekabinen der Turnhalle. Dort setzen die Trainer auf Überraschungsmomente und „attackieren“ die Schüler in Momenten, wo sie nicht damit rechnen. „Denn in einer realen Gefahrensituation kann man sich auch nicht vorbereiten“, erklärt Kistner.

„Grundsätzlich kann sich auch jeder in das Training mit seinen Erfahrungen aus dem eigenen Alltag einbringen und Vorschläge zur Bewältigung einer Situation machen“, so der 37-Jährige Selbstverteidigungstrainer.

Insgesamt legen die Sportler in Prüfungen zwölf Graduierungen ab, bis Stufe neun als Schüler, dann als Meister.
Insgesamt legen die Sportler in Prüfungen zwölf Graduierungen ab, bis Stufe neun als Schüler, dann als Meister. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

SVV Bottrop: Selbstverteidigung für alle

Beim SVV Bottrop für sind von Kindern ab acht Jahren bis zum Rentner alle Altersklassen vertreten. Gerade bei Kindern werde laut Kistner im Training viel Wert auf Prävention gelegt. „Wenn man es realistisch sieht, haben Kinder gegen Erwachsene in einer Auseinandersetzung keine Chance. Wir besprechen deshalb mit ihnen mögliche Szenarien, die im Alltag auftreten können“, erklärt Kistner. „Das können Konflikte auf dem Schulhof sein oder Situationen, in denen Kinder von Erwachsenen bedrängt werden.“

Die zwölfjährige Leonie nimmt von dem Selbstverteidigungstraining viel mit, sagt sie. „Ich fühle mich einfach selbstbewusster, wenn ich draußen auf der Straße unterwegs bin.“ Anwenden musste sie ihre gelernten Techniken noch nie. Dennoch wird sie weiterhin im Training regelmäßig Gefahrensituationen üben.

Das Training des SVV Bottrop findet immer donnerstags und freitags von 18 bis 20 Uhr in den Sporthallen der Janusz-Korczak-Gesamtschule statt. Interessierte können ohne Anmeldung in Sportkleidung vorbeikommen und ein Probetraining absolvieren. Mehr Infos auf: https://www.svv-bottrop.de