Bottrop/Dorsten. Reinhard Wieczorek zeigt seine Sicht auf die Industrielandschaft an Rhein und Emscher. Er ist zu Gast in früheren Dorstener Zeche Fürst Leopold.

Es sieht aus wie, es erinnert an...: Das werden sich mache Besucher denken, die sich möglicherweise am nächsten Wochenende nach Dorsten aufmachen. Dort zeigt Bottrops bekannter Maler Reinhard Wieczorek eine Auswahl seiner Industriebilder. Besser: Industrielandschaften, denn der einstige Meisterschüler der Bildhauerklasse (!) von Klaus Bobeck an der Düsseldorfer Akademie setzt sich auf seine unverwechselbare Art mit den Räumen um die alten Zentren der Arbeit im Revier auseinander.

Verschwenderisch gebraucht: Blau

„Meistens Blau“ heißt die Ausstellung, zu der der Kunstverein Dorsten und der dortige Bergbauverein in die ehemaligen Zeche Fürst Leopold einladen. Eine Anspielung auf die bekannte Forderung eines Willy Brandt nach „blauem Himmel über Ruhr“? Bei den zahlreichen Blautönen, die Wieczorek in seinen unendlich wirkenden Landschaftsperspektiven geradezu verschwenderisch präsentiert, liegt die Erinnerung an die 60er Jahre nahe.

Erinnerung an den kochenden Pott

Was der spätere Kanzler damals forderte, als der Pott tatsächlich noch kochte und malochte, kommt in der alten Maschinenhalle der Dorstener Zeche als farbgesättigte Erinnerung daher. Aber auch als künstlerisch eigenständige - immer wieder beeindruckende - Auseinandersetzung mit Farbschattierungen, Technik, Raum und Perspektive.

Blau im fließenden Übergang zu changieren Grüntönen eines weiten Horizonts, Spiegelungen von Wasser oder die dunkle Masse der Zeche Radbod in Hamm, die im 24-teiligen wandbeherrschenden Breitbandpanorama mit der umgebenden Landschaft zu verschwimmen scheint: Wieczorek spielt auch hier wieder markant mit der Farbe und ihrer Wirkung.

Blick auf die Dampfmaschinen in der alten Maschinenhalle der ehemaligen Zeche Fürst Leopold in Dorsten.
Blick auf die Dampfmaschinen in der alten Maschinenhalle der ehemaligen Zeche Fürst Leopold in Dorsten. © WAZ-Fotopool

Dass es ihm bei der Sicht vom Bottroper Donnerberg, dem Blick aus luftiger Höhe von der Halde Haniel oder dem fast düster daherkommenden Rheinpanorama bei Duisburg-Wedau bei aller Freude am Detail nicht um naturalistisches Kleinklein geht, wird sogleich zu Beginn der Schau klar.

Virtuose Behandlung der Farbe

Aus der virtuosen Behandlung der Acrylfarben mit scheinbar zufälligen Verläufen oder Lackeinsprengseln erwachsen Schichten, die den Bildern eine Dynamik gleichsam von innen heraus verleihen.

Die einmal fein gemalten, dann wieder dick, fast grob behandelten Oberflächen scheinen wie ein Spiegel der Industrielandschaft selbst daherzukommen. Überformte Landschaft eben, zerschnitten durch Autobahnen, von innen nach außen gekehrt durch 200 Jahre Bergbau, mit aufragenden Ungetümen wie Gasometern oder steilen Aufschüttungen in früher flacher Landschaft - mit sanftem Himmel.

Abstrakt und doch wiedererkennbar

Wer will, lässt sich auf diese Anspielungen ein. Andere werden nach Wiedererkennbarem aus dieser Region suchen, von dem bei aller Abstraktion in Reinhard Wieczoreks Industriebildern immer noch genug vorhanden - und zu entdecken - ist. Nicht nur in Blau, aber doch meistens...

Die Vernissage

Die Ausstellung „Meistens Blau - Arbeiten von Reinhard Wieczorek“ ist vom 31. März bis 26. Mai jeweils sonntags, 13 bis 18 Uhr in der Maschinenhalle, der Zeche Fürst Leopold, Fürst-Leopold-Platz 4 in 46284 Dorsten zu sehen. Zur Eröffnung am 31. März, 11 Uhr, spricht Dr. Alexander Christian. Gruppenbesichtigung: peter.schwanenberg@gmx.de.