Bottrop. Der Kunsthistoriker und Barockexperte Dr. Thomas Fusenig untersucht die vier großen Ölgemälde aus der Kapelle der früheren Deutschordens-Kommende Welheim. Sie stammen von unterschiedlichen Künstlern
- Das Hauptbild stammt wohl von Johann Toussijn (1608 -ca. 1660)
- Der kannte Rubens’ Arbeitsweise und malte u.a. auch in Köln
- Gemälde sind wichtige Zeugnisse für die historische Verbindung zwischen Flandern und Westfalen
Thomas Fusenig schüttelt leicht verwundert den Kopf: Dass ein Museum dieser Region Bilder dieser Größe aus dem 17. Jahrhundert und dazu aus dem niederländisch-westfälischen Kulturkreis aus dem Haus haben wollte, ist für den Kunsthistoriker mit dem Forschungsschwerpunkt Barockmalerei nicht nachvollziehbar.
Jetzt besuchte der Experte die Kulturkirche Heilig Kreuz, in der die Altargemälde aus der Kapelle der ehemaligen Deutschordens-Kommende Welheim als Dauerleihgabe des Kunstmuseums Recklinghausen derzeit hängen.
Zwei Leinwände, darunter das Hauptbild mit der Darstellung der Geburt Christi, sind bereits restauriert. An einer „Beweinung Christi“ wird gerade gearbeitet. Lediglich das vierte Bild, die „Beschneidung Jesu“ hängt noch unrestauriert in der Kirche. Vielleicht dürfte dieses sogar für den Kunsthistoriker am interessantesten sein, da man an dieses - wie an die übrigen Gemälde vor der jüngsten Restaurierung vor einigen Monaten - zuletzt im 19. Jahrhundert Hand angelegt hat.
Der Förderverein Kulturkirche hatte zu Fusenig Kontakt aufgenommen. Denn man wollte wissen, wie die Bilder, deren Überarbeitung bislang immerhin schon eine fünfstellige Sponsorensumme gekostet hat, einzuordnen sind.
Dass sie für die vorindustrielle Bottroper Geschichte bedeutsam sind, stand außer Frage. Jetzt soll sich der Kunsthistoriker aber auch mit Fragen der Authentizität, der Künstler, der Lokalisierung und des sozialen Kontextes beschäftigen, in dem diese Arbeiten entstanden.
Bereits beim Vergleich der beiden restaurierten Gemälde erkennt er, dass es sich um verschiedene Künstler gehandelt haben muss. „Die Darstellung der Verkündigung ist weniger emotional als die Geburt Christi auf dem Hauptbild und ist wohl früher anzusiedeln“, so Fusenig. Auch die Farbgebung sei unterschiedlich, ebenso die Darstellung der Figuren. Die Engelgesichter und die Komposition der Figuren auf dem Weihnachtsbild zeige auf jeden Fall, dass der Maler unter Rubens geschult wurde. Die Art der Platzierung des weißen Tuches unter dem Arm Christ bei der „Beweinung“ weise dagegen eher auf einen Künstler mit van Dyck-Einfluss hin.
Signaturvergleiche schaffen Klarheit
Durch Signaturvergleiche und anhand einer Datenbank niederländischer Künstler des 16. bis 18. Jahrhunderts konnte Fusenig fast sicher feststellen, dass es sich bei dem Maler des Weihnachtsbildes wohl um Johann Toussijn (Toussyn) handelt (geboren 1608, Meister 1631, nachweisbar bis etwa 1660). Seine früheste bekannte Arbeit soll eine Landschaftszeichnung von 1632 sein. Er habe aber wohl auch, so Fusenig, für die Kölner Franziskanerkirche gemalt. Zeitgenössische Quellen beschreiben den Charakter der heute wohl verlorenen Arbeiten.
Außerdem existiert von Toussijn ein Panorama der Stadt Köln auf dem erhaltenen Sebastianusaltar in der Basilika St. Gereon.
Historisch spannend sind die Bilder, so Fusenig, weil sie für einen jahrhundertlangen Wirtschafts- und Kulturaustausch zwischen Flandern und Westfalen stehen, der von der Küste über das Vest bis nach Paderborn reichte. Die künstlerischen Ideen kamen aus den Niederlanden, inspirierten das religiöse Empfinden auch hier vor Ort und sind eigentlich schon aus dieser Sicht unbezahlbare Zeugnisse.