Gladbeck. Nur zehn Prozent der Straßen sind in Gladbeck einwandfrei. Bis zu 12.000 Schlaglöcher müssen pro Jahr gestopft werden – im Jahr.

Eine Rumpelstrecke, dass Menschen am Lenkrad bei halbwegs normalem Tempo Hören und Sehen vergeht; auf der Lochpiste ächzen die Achsen; Gehwege sind zum Hindernisparcours mutiert. Schäden auf Straßen und Bürgersteigen bringen die Bevölkerung in Gladbeck mächtig auf Touren. So sieht derzeit die Situation auf Asphalt und Pflaster aus.

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Die Stadtverwaltung Gladbeck streitet die Problematik gar nicht ab. „Generell haben wir derzeitig witterungsbedingt viele Schlaglöcher – vergleichbar mit den Vorjahren“, berichtet Stadtsprecher David Hennig.

Stadtverwaltung Gladbeck: „Generell haben wir derzeitig witterungsbedingt viele Schlaglöcher“

So habe die Stadtverwaltung im vergangenen Jahr rund 1,2 Millionen Euro für die Straßenunterhaltung ausgegeben. In diesem Jahr, so Hennig, sei mit vergleichbaren Kosten zu rechnen. „Dies sind ausschließlich die Unterhaltungskosten, die für ,Flicken‘, ,Reparieren‘ und ,Instandhalten‘ anfallen.“ Per annum werden nach Aussage des Verwaltungssprechers ungefähr 9500 Straßenlöcher gestopft. „Wenn wir einen harten Winter hatten, mit vielen Temperaturwechseln, dann kann die Zahl auch auf 12.000 Reparaturen steigen“, ergänzt Hennig.

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Insgesamt sei der Zustand der Gladbecker Straßen „in einem durchschnittlichen Zustand“. 183 Straßenkilometer befinden sich in der Unterhaltungspflicht der Stadt Gladbeck. Die Kreis- und Landesstraßen, beispielsweise die Konrad-Adenauer-Allee, „müssen von dem jeweiligen Straßenbaulastträger unterhalten werden“.

In der städtischen Zuständigkeit weisen nach Rathaus-Angaben nur etwa zehn Prozent der Straßen keine Mängel auf. Bei 30 Prozent liegen geringe bzw. kleine Schäden vor. 33 Prozent fallen in die Kategorie „leichte Flächenschäden“. „Das bedeutet, dass eine Teilfläche Schäden hat, aber der restliche Teil der Straße in Ordnung ist“, erläutert Hennig. Bei 25 Prozent liegen mittlere Flächendefekte vor, bei zwei Prozent starke Beschädigungen. Hennigs Resümee: „Zusammengefasst bedeutet das, dass 73 Prozent der Straßen in einem akzeptablen Zustand sind.“

Gladbecks Stadtsprecher David Hennig schildert den aktuellen Straßenzustand vor Ort. Foto: Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services
Gladbecks Stadtsprecher David Hennig schildert den aktuellen Straßenzustand vor Ort. Foto: Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Das sieht Süleyman Kosar – und nach seinen Worten auch ein beachtlicher Anteil der Bevölkerung – anders. Ob Wielandstraße oder Brahmsfeld, Im Linnerott, Landstraße oder Heringstraße – einerlei, wie groß oder klein Fahrbahnen und Wege sind: Der schlechte Zustand errege immer wieder Anstoß in der Öffentlichkeit. Der Ratsherr für die Gladbecker Wählergemeinschaft Alternative Bürger Initiative (ABI), berichtet, dass ihn zunehmend Beschwerden erreichen. Neben den oben genannten Stellen kämen auch die „seit Wochen gesperrte Ringeldorfer Straße“, Roßheide- und Europastraße sowie Gecksheide zur Sprache, negativ versteht sich.

Süleyman Kosar (ABI): „Gladbecks Straßen sind übersät mit Schlaglöchern und Rissen!“

„Das Thema beschäftigt die Menschen, die den höchsten Hebesatz bundesweit für die Grundsteuer entrichten und trotzdem alltäglich einen desolaten Zustand der Straßen vorfinden“, stellt Kosar fest. Er hat Verständnis für den weit verbreiteten Unmut: „Zu Recht beklagen viele Menschen den Zustand der Straßen. Sie sind übersät mit Schlaglöchern und Rissen. Beim Befahren spürt man die Holperstrecken, und stellenweise wird man ordentlich durchgerüttelt.“ Mit Blick auf die maroden Straßen machten sich viele Sorgen um ihre Fahrzeuge und die Verkehrssicherheit.

Angesichts großer Schlaglöcher, beispielsweise  im Bereich von Fahrbahn und Schutzstreifen für Radfahrer auf der Gildenstraße in Gladbeck, machen sich Autofahrer Sorgen um ihre Wagen.
Angesichts großer Schlaglöcher, beispielsweise im Bereich von Fahrbahn und Schutzstreifen für Radfahrer auf der Gildenstraße in Gladbeck, machen sich Autofahrer Sorgen um ihre Wagen. © Matthias Düngelhoff | Matthias Düngelhoff

Kosar: „Ich bin der Sache nachgegangen und durch die Straßen von Gladbeck gefahren, um mir selbst ein Bild zu machen. Ergebnis: Viele Straßen sind dringend sanierungsbedürftig. Es muss sofort gehandelt werden, denn gerade in der dunklen Jahreszeit ist die Gefahr besonders groß.“ Hinzu komme die extreme Nässe, die den Straßenverkehr zusätzlich belaste.

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„Aufgrund des anhaltenden Regens gestaltet sich die Reparatur schwierig“, räumt David Hennig ein, „das Flickmaterial bindet nicht ordentlich ab und haftet nicht am Untergrund.“ Die Verwaltung geht davon aus, dass sich mit Änderung des Wetters auch die Situation verbessere.

Reparaturen sind bei Nässe problematisch, aber ab und an sieht man in Gladbeck auch frisch ausgebesserte Schlaglöcher wie auf der Gildenstraße.
Reparaturen sind bei Nässe problematisch, aber ab und an sieht man in Gladbeck auch frisch ausgebesserte Schlaglöcher wie auf der Gildenstraße. © Matthias Düngelhoff | Matthias Düngelhoff

Der Verwaltungssprecher berichtet: „Aktuell setzen wir im Ingenieuramt bis zu vier Personen für die Ad-hoc-Maßnahmen ein. Teilweise vergeben wir sie an Dritte, dann sind das aber nicht mehr ,nur‘ Löcher, die verfüllt werden, sondern größere ,Flickarbeiten‘.“

Das Straßen- und Wegekonzept der Stadtverwaltung führt anstehende Maßnahmen der kommenden Jahre auf. Nicht berücksichtigt sind unter anderem kleinere Straßenerhaltungsmaßnahmen, eng begrenzte Baumaßarbeiten wie die Herstellung barrierefreier Haltestellen, Gehwegabsenkungen und reine Markierungen wie für die Herstellung von Fahrradstraßen.

Ganz oben auf der Liste stehen als „fertiggestellt“ unter anderem die Gehwegsanierung an der Zweckeler Beethovenstraße zwischen Haydn- und Händelstraße sowie die Deckensanierung auf einem Teilstück der Scholver Straße. Offen sind hingegen Deckensanierungen auf der Arenberg-, Behmer- und Beisenstraße, um nur einige Projekte zu nennen.

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„Das Straßen- und Wegekonzept gibt den Kenntnisstand von Februar 2023 wieder. Es ist dabei nicht als starrer Rahmen anzusehen. Änderungen sind stets denkbar“, unterstreicht Hennig. Diese könnten sich aufgrund neuer Erkenntnisse ergeben. „Ein verschlechterter Straßen- oder Kanalzustand kann das Vorziehen von Maßnahmen erfordern.“ Baustellenkoordination, Straßenbaulastträger, Fördermittelzusagen, „begrenzte finanzielle und/oder personelle Kapazitäten“ spielen ebenfalls eine Rolle.

Kosar weist auf die Verpflichtung von Städten und Gemeinden hin, „dass die Straßen und Verkehrswege in einem ordentlichen Zustand sind. Grundlage dafür ist die sogenannte Verkehrssicherungspflicht, die der Stadt obliegt.“ Bei Missachtung „können Schadensersatzansprüche (...) geltend gemacht werden“.

Im Rathaus liegen fünf Schadensmeldungen vor – jeder Einzelfall wird auf Schadensersatz geprüft

Grundsätzlich sei die Stadt als Straßenbaulastträger verkehrssicherungspflichtig, bestätigt Hennig, „dieser Pflicht kommen wir durch regelmäßige Kontrollen, Hinweise, Ausbesserungen etc. nach.“ Allerdings: Einen „völlig gefahrlosen Zustand“ müsse die Stadtverwaltung nicht sicherstellen. „Zusätzlich hat der Fahrer bzw. die Fahrerin dafür Sorge zu tragen, vorsichtig und aufmerksam zu fahren. Die Fahrweise ist den jeweiligen Straßen- und Sichtverhältnissen anzupassen. Gerade in der kälteren Jahreszeit muss vermehrt mit Schlaglöchern gerechnet werden.“

Der Stadt muss deren Verschulden nachgewiesen werden

Die Frage nach der Haftung bei Schlaglochschäden sei daher im Einzelfall zu prüfen. Diesbezüglich liegen, berichtet Hennig, im Rathaus aktuell fünf Schadensmeldungen aus der Bürgerschaft vor. „Diese Meldungen leiten wir zur Prüfung an unsere Versicherung weiter. In der Regel ist die Aussicht auf Erfolg in diesen Fällen aber eher gering.“ Um Ansprüche geltend zu machen, müssten Geschädigte der Stadt ein Verschulden nachweisen.

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