Gladbeck. Martin Volmer versammelt in seinem Geschäft „Entdeckerweine“ erlesene, edle Tropfen. Über Umwege kam der Gladbecker zu seinem Traumberuf.
Der Satz geht einem bisweilen allzu flüssig über die Lippen: Der Job ist Leidenschaft! Bedeutet mehr als Brötchenverdienen! Auf Martin Volmer trifft das so passend zu wie der Korken in die Sektflasche. Der 57-Jährige ist solch ein beneidenswerter Mensch. Er betreibt in Gladbeck das Geschäft „Entdeckerweine“. Dabei kam er erst über Umwege – und dank seines Vaters und eines schicksalhaften Zufalls – zur Verwirklichung seiner Passion.
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Edle Tropfen und Spezialitäten, die Gourmets das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen – das ist das Erfolgsrezept für den Gladbecker Geschäftsmann. Wer sich mit Martin Volmer unterhält, merkt ruckzuck: Hier spricht jemand, der mit Leib und Seele seinen Beruf ausübt. In den Regalen in seinem Geschäft an der Marktstraße liegen und stehen nebst Weinen Liköre, Whiskys, Brände – um nur einige der Spirituosen zu nennen, die es aus Ländern rund um den Globus in das Gladbecker Geschäft geschafft haben. Erlesene Produkte, vom Chef höchstpersönlich ausgesucht. Eine exquisite Auswahl, bei der selbst ausgemachte Bier-Fans auf einen anderen Geschmack kommen können.
Entdeckerweine: Paradies für Gourmets
Zu einem Gläschen dieser Tropfbarkeiten, wie Thomas Mann einst sagte, gesellen sich Gaumenkitzler. Die kleine Bistro-Küche serviert Käse, Oliven, Mandelgebäck.
Und damit nicht genug der Genüsse. Martin Volmer verschafft nicht nur der Zunge Vergnügen, sondern auch Ohren- und Augenschmaus. Denn regelmäßig bietet das Geschäft „Entdeckerweine“ eine Bühne für Lesungen und andere kunstvolle Darbietungen.
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Ein ganz anderes Umfeld als das zum Start seiner beruflichen Laufbahn. Geboren in Essen als Kind zweier Zahlen-Menschen, die für die Sparkasse tätig waren. „Nach der zehnten Klasse bin ich abgegangen“, sagt der 57-Jährige. Vor seinem geistigen Auge sah sich der Literatur-Begeisterte am Theater als Dramaturg. Doch der Sohnemann sollte etwas Solides lernen, meinten die Eltern. Wie Bankkaufmann..., was sonst!?
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Nun ja, Martin Volmer folgte diesem Rat. Aber: „Noch 45 Jahre bis zur Rente“ diese Arbeit? Der Sohn probierte einiges. Da setzte er sich auch schon mal nachts ans Steuer eines Taxis, um Geld zu verdienen.
Am Ruhrkolleg holte Volmer das Abitur nach, studierte Wirtschaftswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Er schrieb und fotografierte für ein Anzeigenblatt. „Da hab‘ ich die Journaille kennen und lieben gelernt“, sagt der 57-Jährige rückblickend.
Auf diesem Weg blieb er – erst einmal. Als freier Schreiber war er für die WAZ Gladbeck im Einsatz, absolvierte ein Volontariat, wurde Wirtschaftsredakteur. Da war ihm der gekonnte Umgang mit Zahlen eine fundierte Grundlage. Volmer: „Anfang der 2000er Jahre brachte die Wirtschaftskrise ihre Auswirkungen mit sich. So gingen die Anzeigen deutlich zurück.“
Doch der Zufall wollte es, dass er ab 2002 schon mit Wein handelte. Den Anstoß dazu gab unbeabsichtigt Volmers Schwägerin. Monique Berger (53), eine Südafrikanerin, kredenzte zu Weihnachten 2000 einen Shiraz, einen Rotwein aus ihrer Heimat. „In Sachen Genuss liegen wir auf einer Wellenlänge“, stellt der Gladbecker fest. Der Beginn einer neuen Karriere für Volmer. Er importierte zuerst einmal 180 Flaschen aus Südafrika: „Damals ein ganz junges Weinland. Nach dem Ende der Apartheid öffneten sich die Märkte.“
„Ich trinke nicht wegen des Alkohols, sondern wegen des Geschmacks“
Anfangs vertrieb er über Freunde und Familie kleine Mengen Wein: „Da habe ich nicht über einen Laden nachgedacht.“ Die ersten drei Jahre nach der Shiraz-Entdeckung „habe ich aus dem Keller verkauft“. Er gab VHS-Kurse, bildete sich weiter zum anerkannten Berater für deutschen Wein. Der Gladbecker absolvierte auch den Zertifikatslehrgang „Wine Expert Gold“. Der 57-Jährige betont: „Es war mir immer wichtig, zu wissen, was ich tue.“ Ihn interessierten insbesondere Kriterien für die Auswahl.
Lager, Verkauf, Veranstaltungen wie kleine Weinproben: Das alles geschah dann an der Marktstraße, nur einen Katzensprung von seiner heutigen Adresse mit der Hausnummer 6 entfernt. Grund für den Umzug: Es sei einfach zu eng geworden.
Längst ist Volmers Sortiment über Südafrikas Weine hinausgewachsen. „Frankreich kam hinzu, ich liebe Frankreich“, sagt Volmer und lobt die „Wertschätzung der Produkte“ bei den Nachbarn. Deutschland sei in seinem Angebot ganz wichtig geworden, berichtet der bekennende Riesling-Fan: Pfalz und Baden, Mosel, Rheingau, Rheinhessen, Nahe, Ahr, um nur einige Anbaugebiete zu nennen. Die Entdeckerweine „versuchen, eine möglichst große Vielfalt an Regionen“ abzubilden.
Klar, dass der Weinhändler seinen Geschmacksknospen auch einige ausländische Produkte gönnt, beispielsweise Italien und Spanien. Und wer seinen Blick von den Weinregalen löst und durch den stilvoll mit Holz ausgestatteten Laden schweifen lässt, entdeckt Spirituosen, die aus dem Sauerland und Münsterland sowie von der Schwäbischen Alb stammen. Einen noch weiteren Weg haben andere Flaschen zurückgelegt. Dauerbrenner ist Whisky. Und zwar Sorten, „die nicht so gängig sind“. Die teuerste Flasche in der Sammlung: ein 26 Jahre alter Talia Bladnoch für 350 Euro pro Flasche. Ein Calvados geht für 235 Euro über den Ladentisch, ein Champagner für 185 Euro.
Aber denjenigen, denen bei solchen Preisen schwindlig wird, sei gesagt: So tief muss die Kundschaft bei Volmer nicht ins Portemonnaie greifen, um sich etwas Besonderes leisten zu können. Denn darum dreht sich Volmers Geschäftsphilosophie: Er will nicht das verkaufen, was überall in den Regalen steht. Zu allen Produkten kann der 57-Jährige eine Geschichte erzählen, seine Kundschaft so auf Entdeckungsreise schicken. Siehe: „Entdeckerweine“!
Für den Profi glasklar: „Ich trinke nicht wegen des Alkohols, sondern wegen des Geschmacks.“ Daran will er seine Mitmenschen teilhaben lassen. Wein, das ist für Volmer ein faszinierendes Produkt: „Es macht Spaß, das zu erleben: Säure, Süße, Frucht, Noten von kaltem Tee, buttrige Aromen...“ Was ihn im Moment zunehmend beschäftigt, sind Feinkost, Schaumwein und alkoholfreie Tropfen, nach denen die Kundschaft immer häufiger frage.
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Die Idee, sich intensiv mit feinen Gütern für die Kehle zu beschäftigen, war für Volmer überhaupt nicht so abwegig. „Ich habe immer ein Faible für Wein und gutes Essen gehabt“, sagt der frankophile Gladbecker. Ein Erbe seines Vaters Heinrich. „Er hatte im Bergbau wenig bis kein Essen. Durch die Kriegsgefangenschaft kam er nach Lothringen, hat im Casino gekellnert und französische Offziere bedient“, erzählt Volmer. Dort war der Vater an der Quelle, fand an gallischen Spezialitäten Gefallen. Dass Lebensmittel mehr können, als Hunger zu stillen, scheint dem Sohn in Fleisch und Blut übergegangen zu sein: „Für meinen Vater waren Essen und Trinken wichtige Dinge, wie für viele Menschen nach dem Krieg.“
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Die „Entdeckerweine“ dürften also ganz nach Vater Heinrichs Gusto sein. Ob sich der Sohn vorstellen kann, bis zur Rente Weinhändler zu bleiben? Leidenschaftlich antwortet Martin Volmer: „Ja! Ich bereue diese Entscheidung keine Minute!“ Schließlich gibt‘s ja auch noch viel zu entdecken.