Gladbeck. Das Juweliergeschäft Sowa war über Jahrzehnte bekannt in der Stadt. Nun ist der Laden eine Goldschmiede – und ein neuer Name steht über der Tür.

Der kleine Laden im Schatten der St. Lamberti-Kirche ist gerade mal 30 Quadratmeter groß. Das reicht knapp für Werkstatt und Verkaufsraum. Beides geht nahtlose ineinander über. Wer die Tür zum Geschäft auf der Horster Straße in Gladbecks Fußgängerzone öffnet, der sieht sofort: Hier wird handwerklich gearbeitet. Das kleine Ladenlokal ist aus der Gladbecker Einzelhandelsszene nicht wegzudenken. Über Jahrzehnte war hier das Juweliergeschäft Sowa eine bekannte Adresse. Seit einem Jahr aber steht ein neuer Name außen an der Markise: Goldschmiede Yasin Tümkaya.

Die Goldschmiede in Gladbeck ist ein erster Schritt in die Selbstständigkeit

24 Jahre jung ist Yasin Tümkaya, geboren in Köln, Sohn einer Juweliersfamilie – und gelernter Goldschmied. Der Laden in Gladbeck ist sein erster Schritt in die Selbstständigkeit. Das „kleine Gladbeck“, sagt der 24-Jährige, habe er ganz bewusst dafür ausgesucht. Dass der Sowa-Laden genau zu dem Zeitpunkt zur Vermietung stand – ein perfektes Zusammenspiel.

Goldschmied Yasin Tümkaya bei der Arbeit an einem Ring.
Goldschmied Yasin Tümkaya bei der Arbeit an einem Ring. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Umbauarbeiten an seinem ersten eigenen Geschäft hat der junge Goldschmied selbst vorgenommen, dabei aber viele Erinnerungen an das Traditionsjuweliergeschäft aufgegriffen. Die Verkaufsvitrinen mit den leicht verkratzten Glasoberflächen strahlen dezent den Charme der frühen 70er aus. Sie verbreiten so genau den Retro-Touch, den Yasin Tümkaya seiner kleinen Goldschmiede verpassen wollte. Im Duett mit den alten Glasschaukästen in der einen Wand, den beiden Holzschnitten von Alt-Gladbeck und der fast schon antiken Eingangstür des Ladens verströmt das Geschäft einen ganz eigenen Charme. Einen bewussten Kontrapunkt dazu bildet der große Arbeitstisch aus unbehandeltem Holz im Hintergrund und die schwere Walzmaschine, die Tümkaya mitten in den Raum gestellt hat.

In Köln hat die Familie von Yasin Tümkaya ein Juweliergeschäft

An diesem aufwändig gestalteten goldenen Kreuz hat Yasin Tümkaya lange gearbeitet, viel Zeit in die Fertigung investiert.
An diesem aufwändig gestalteten goldenen Kreuz hat Yasin Tümkaya lange gearbeitet, viel Zeit in die Fertigung investiert. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Ein anderer Beruf als der des Goldschmieds, er stand für den 24-jährigen Jungunternehmer nie zur Debatte. Groß geworden, sagt er, ist er im Juweliergeschäft seiner Familie. Das allein hat ihn geprägt. Und schon als Neunjähriger hat er seinen Vater begleitet, wenn der Schmuck aus seinem Geschäft zur Reparatur oder zum Umarbeiten zu einem Goldschmied gebracht hat. „Da hab ich dann Stunden zugebracht und bei der Arbeit zugeschaut“, erinnert sich Yasin Tümkaya. Und nur ein Jahr später stand dann ein Tischchen neben dem Arbeitsplatz des Goldschmieds, an dem der junge Yasin seine handwerklichen Fähigkeiten ausprobieren konnte.

Die Ausbildung absolvierte der 24-Jährige an der Berufsfachschule für Goldschmiede in Pforzheim

Von da an ließ sich der heute 24-Jährige von seinem Berufswunsch nicht mehr abbringen. Ihm war klar geworden: Nicht Juwelier, also Schmuckverkäufer, wollte er werden, sondern vielmehr selber Geschmeide aus Silber, Gold oder auch Platin kreieren. Und so folgte einige Jahre später die Ausbildung an der Berufsfachschule für Goldschmiede in Pforzheim. Hier lernte Tümkaya sein Handwerk von der Pike auf. Traditionelle Techniken standen ebenso auf dem Lehrplan wie die Kunde der Edelmetalle, technische Übungen nach Zeichnungen sowie der Entwurf und das Anfertigen von Schmuckstücken.

„Das Zeichnen war anfangs so gar nicht nein Ding. Da habe ich mich echt hinein knieen müssen, um gut zu werden“, sagt Yasin Tümkaya und lacht. Das Blatt mit filigranen Zeichnungen von feinen Schmuckstücken, das er in einem der Schaukästen in seiner Goldschmiede ausstellt, zeigt eindeutig: das Üben hat sich gelohnt.

Der Silberring mit seinem Logo ist das Gesellenstück von Yasin Tümkaya.
Der Silberring mit seinem Logo ist das Gesellenstück von Yasin Tümkaya. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Für Tümkaya ist die Zeichentechnik wichtiger Bestandteil seiner Arbeit. Kunden, die mit einer genauen Vorstellung ihres neuen Schmuckstücks zu ihm in den Laden kommen, die erhalten nämlich in einem ersten Schritt eine Zeichnung von Ring, Kette, Armband oder Ohrring. Ist der Schmuck dann angefertigt, gibt es noch ein Zertifikat mit Zeichnung dazu. Einfach ein Schmuckstück kopieren – das gibt es bei Yasin Tümkaya nicht. „Jedem Stück, das ich fertige, gebe ich ein bisschen meinen eigenen Touch. Einfach nur eins zu eins etwas abkupfern, das ist nicht meins.“

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Das Handwerkliche in Verbindung mit Kreativität und Qualität, das sind die Dinge, die für den 24-Jährigen einen guten Goldschmied ausmachen, und auf die er deshalb auch großen Wert legt. „Den Schmuckstücken, die ich mache, soll man das Handwerk, das Individuelle ansehen“, betont Tümkaya.

Und so sieht das Gesellenstück des Goldschmieds aus, wenn er die Ringplatte des Wechselrings gegen den mächtigen, silbernen Totenkopf austauscht.
Und so sieht das Gesellenstück des Goldschmieds aus, wenn er die Ringplatte des Wechselrings gegen den mächtigen, silbernen Totenkopf austauscht. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Sein Gesellenstück ist ein mächtiger Silberring. Ein Wechselring, der das Logo zeigt, das Tümkaya jetzt auch für seine Goldschmiede verwendet. Die Platte ist abnehmbar, und stattdessen kann man auch einen imposanten Totenkopf aus Silber auf die Ringschiene stecken. Der ist natürlich auch selbst gefertigt. Im Alltag trägt Tümkaya den Ring mit dem Logo. „Aber wenn ich irgendwann mal eine Harley habe, dann steck ich den Totenkopf auf!“

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Dass er Gladbeck als Start in die Selbstständigkeit gewählt hat, hat Yasin Tümkaya bislang nicht bereut. Ganz im Gegenteil. Ein Jahr gibt es seine Goldschmiede an der Horster Straße nun schon. Der 24-Jährige hat sich einen Kundenstamm aufgebaut, ist Mitglied der Werbegemeinschaft.

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Für die Osterrallye in der Innenstadt hat er einen Silberring gefertigt. Das Schmuckstück gehört zu den Preisen, die man gewinnen kann, wenn man in der Woche vom 23. bis zum 30. März die Holz-Ostereier in den Geschäften in der Fußgängerzone richtig zählt. Und Yasin Tümkaya denkt auch bereits an eine Erweiterung seines Geschäfts, ist deshalb auf der Suche nach einem zweiten Ladenlokal, möglichst auf der Hochstraße. Ein Kölner, der angekommen ist in Gladbeck.

Blick in die Innenstadt

Die Gladbecker Innenstadt hat ihre Probleme, das ist bekannt. Gleichzeitig gibt es aber auch viele Geschäfte, die hier die Fahne hochhalten und ihren Teil dazu beitragen, dass die City trotz allem nicht tot ist – wie manchmal pauschal behauptet wird.

In loser Folge will die Lokalredaktion deshalb Fachgeschäfte und inhabergeführte Läden aus der Gladbecker Innenstadt vorstellen und die Geschäftsleute zu Wort kommen lassen.