Gladbeck. Dirk Lager ist ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Dem Sozialwissenschaftler liegt die Bildung und Qualifikation an der VHS besonders am Herzen.
Hand aufs Herz: Wer käme zu Schulzeiten auf die Idee, mal an der Spitze einer Volkshochschule seine Brötchen zu verdienen? Diesen Plan hatte auch Dirk Langer als Jugendlicher nicht. Und doch ist der 55-Jährige seit August der neue Leiter des Hauses. Mit der WAZ spricht er über seine Wurzeln, seinen beruflichen Werdegang und seine ersten Eindrücke in Gladbeck.
Gladbecks neuer VHS-Chef Dirk Langer ist in Herten aufgewachsen
„Ich hatte nicht vor, einmal Chef einer VHS zu werden“, sagt Langer, „ich wollte Psychologie studieren.“ Aber seinerzeit habe ihn der numerus clausus gebremst. Also „dachte ich: Ich studiere Sozialwissenschaften“. Da habe er ja auch mit Menschen zu tun, das habe ihm am Herzen gelegen. Noch heute sei er froh, dass er an der Ruhr-Universität in Bochum studiert habe – wegen des starken Praxisbezugs.
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Er ist nun mal ein Praktiker, ein handfestes Kind des Reviers, mit einer Biografie, in der auch das „schwarze Gold“ einen Platz hat. Aufgewachsen in Herten, die Mutter Verkäuferin, der Vater Schweißer. „Mein Opa war im Bergbau. Meine Großeltern hatten eine Kneipe, direkt gegenüber der Zeche Schlägel und Eisen“, erzählt Langer. Damals habe es für die Kumpel noch Lohntüten gegeben, und die Männer gaben das Geld gerne am Tresen in der Wirtschaft aus.
Dirk Langer: „Ich bin ein Bildungsaufsteiger. Ein Kind der Bildungsreform!“
Der kleine Dirk, ein Einzelkind, wurde Klassen- und Schulsprecher. Er war der erste in der Familie, der studierte. „Ich bin ein Bildungsaufsteiger. Ein Kind der Bildungsreform“, sagt der Erwachsene. An seinen ersten Kontakt mit einer Volkshochschule kann er sich noch erinnern: „Es war ein Schreibmaschinenkurs.“ Langer berichtet: „Herten war früher eine große Bergbaustadt. Und ich hatte schon zu Beginn der 1980er Jahre den Eindruck, dass sich die Branche in einer Krise befindet.“ Tatsächlich war nach und nach auf den Zechenanlagen im „Pott“ Schicht im Schacht: „Es stellte sich die Frage, wie die Zukunft hier aussehen soll.“
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Bereits als studentische Hilfskraft hatte der VfL-Bochum-Fan Gelegenheit, sich mit den Themen Arbeitsmarkt und Bildungsforschung in seiner Heimatregion zu befassen. Beispielsweise am Niederrhein, wo er Jahre später Fachbereichsleiter – unter anderem für berufliche Bildung – beim VHS-Zweckverband Wesel-Hamminkeln-Schermbeck werden sollte, bevor er jetzt nach Gladbeck wechselte.
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Oder beim Institut für Arbeit und Technik in Gelsenkirchen. Eine Projektarbeit beleuchtete das „Regionale Weiterbildungsnetzwerk im Ost-Vest“. Als er sich auf „Gut Glück“ in Wesel bewarb und die Stelle bekam, wollte er Menschen, „die nicht den geraden Weg gefunden haben, eine Brücke bauen, um im Erwerbsleben Fuß zu fassen“ – beispielsweise durch die Chance, Schulabschlüsse nachzuholen.
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Das bleibt ihm auch auf seinem neuen Posten eine Herzensangelegenheit. Der zweifache Vater, der auch schon mal als Lehrer aushalf, sagt: „Wir gehen hierzulande alle gemeinsam zur Grundschule, dann werden wir getrennt. In der VHS bringen wir alle Menschen zusammen: Akademiker, Arbeiter, Rentner und und und.“ Dabei stellt Langer fest: „Man unterrichtet nicht nur, sondern lernt auch was von einander.“ Genau das empfindet er als Stärke: „Trotz Digitalisierung stehen wir uns face to face gegenüber. Das ist ein Stückweit unser Markenkern.“
Noch mache Schreibtischarbeit einen Hauptteil seines Alltags als VHS-Leiter aus – „Organisation, Programmplanung und Netzwerken mit Freundeskreisen, Vereinen und anderen“. Letzteres hält Langer für enorm wichtig, denn die VHS sei in Gladbeck stark in die Stadtgesellschaft eingebunden. Sein Vorgänger Dietrich Pollmann habe ihm ein gut aufgestelltes, großes Feld überlassen.
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Trotzdem sieht Langer noch Potential. Er fasst beispielsweise den Bildungsscheck ins Auge: „Da ist Gladbeck noch ein weißer Fleck in der Landschaft.“ Bedarf für dieses Instrument zur Förderung von Weiterbildung sieht Langer durchaus. Er findet: „Wir haben hier das Glück, dass die Rhein-Ruhr-Schiene besonders interessant ist: Digitalisierung, Weiterbildung, Umwelt.“