Neubauten von Vattenfall und Norddeutsche Affinerie bescheren der Hansestadt rund acht Millionen Tonnen zusätzlichen Kohlendioxid-Ausstoß.
Hamburg sitzt in der Klimafalle: Auf der einen Seite will Bürgermeister Ole von Beust (CDU) die Elbmetropole zur deutschen Klimaschutz-Hauptstadt machen, auf der anderen Seite haben der Stromkonzern Vattenfall und die Kupferhütte Norddeutsche Affinerie (Affi) in Hamburg zwei große Kraftwerke geplant, die der Stadt pro Jahr rund acht Millionen Tonnen CO2 zusätzlich bescheren werden. Ein Problem, gegen das Hamburg nichts tun kann, wenn die Betreiber die gesetzlichen Auflagen erfüllen. Als einziges Mittel bleibt, politisch zu intervenieren und auf eine einvernehmliche Lösung zu hoffen. "Ich will belastbare Fakten, dass Vattenfall alles für den Klimaschutz tut, was möglich ist. Auch über die rechtlichen Anforderungen hinaus", sagt Umweltsenator und Verhandlungsführer Axel Gedaschko (CDU) dem Abendblatt. Davon hänge der Start des Genehmigungsverfahrens für den schwedischen Konzern ab. Bürgermeister Ole von Beust will sich nicht äußern, solange die Verhandlungen andauern.
Der Stromgigant Vattenfall plant in Moorburg ein Steinkohlekraftwerk, das ab 2012 jährlich 3,6 Millionen Haushalte mit Strom versorgen soll. Bei 750 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilowattstunde ergibt das im Jahr sieben Millionen Tonnen zusätzlich für die Hansestadt. Das ist zwar deutlich weniger als bei den alten Anlagen, aber immer noch zu viel, so der BUND Hamburg. "Moorburg ist im Vergleich noch immer doppelt so dreckig wie ein modernes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk (GuD)." Die Stadt hole sich damit "auf Jahre einen Schmutzfinken" ins Nest. Schon heute bringt es Hamburg auf 19 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß.
Das zweite Projekt: Mit dem gemeinsamen "Kraftwerk Peute" von Affi und der Hamburger Stadtreinigung auf der Veddel will sich Affi-Chef Werner Marnette ab 2009 unabhängig von den Stromkonzernen machen. Die steigenden Strompreise haben sich in der Vergangenheit als ernstes Problem des Kupferproduzenten erwiesen. Die Affi beschäftigt in Hamburg rund 2000 Mitarbeiter und ist der größte Stromkunde in der Stadt. Pro Jahr benötigt die Kupferhütte rund 650 Millionen Kilowattstunden Strom. Das ist in etwa die Menge, die 200 000 Haushalte verbrauchen.
Zahlreiche Kritiker warnen vor der neuen Anlage. "Der neue Müllofen" werde mehr Schadstoffte ausstoßen als alle bisherigen Müllverbrennungsanlagen in Hamburg zusammen, kritisierte der BUND. Nach Angaben der Affi wird das Kraftwerk jährlich etwa 600 000 Tonnen Kohlendioxid ausstoßen. Die 1,2 Millionen Tonnen Müll, die Marnette als Brennstoff braucht, um die Anlage wirtschaftlich betreiben zu können, müssten jedes Jahr aus einem Umkreis von etwa 200 Kilometern angeliefert werden. Denn die 800 000 Tonnen Müll, die in Hamburg selbst anfallen, sind schon bis ins Jahr 2019 fest auf die vier anderen Verbrennungsanlagen der Stadt verteilt. Da der Müll aus dem Umland mit Lastwagen transportiert wird, kommt es auch hier zu einem erhöhten CO2-Ausstoß. Kritiker sprechen von "Mülltourismus", nennen das Kraftwerk "völlig überdimensioniert". Marnette bezeichnet sein Kraftwerk als "eine der modernsten Anlagen", die "sämtliche Grenzwerte bei Weitem unterschreitet".
Der Förderkreis "Rettet die Elbe" warnt außerdem vor negativen Auswirkungen auf die Wasserqualität der Elbe, wenn warmes Abwasser in die Norderelbe geleitet wird. Klaus Baumgardt vom Förderkreis rechnet durch die Kühlwasserentnahme "trotz der geplanten Schutzeinrichtungen" mit großen Verlusten beim Fischbestand. Besonders Jungfische, auf dem Weg in die Nordsee, würden die Entnahmestelle nicht umgehen können.
Das Kraftwerk Peute ist bereits im Genehmigungsverfahren. Am 7. Mai ist der Erörterungstermin zwischen Betreibern, Umweltbehörde und Kritikern, die vor Ort ihre Bedenken erläutern. Danach könne es Auflagen für die Affi geben, so Helma Krstanowski, Sprecherin der Behörde. Sie rechnet mit einer Genehmigung bis zum Herbst. "Nach derzeitigem Stand geht das Kraftwerk im zweiten Halbjahr 2009 in Betrieb."