Letzte Verhandlungsrunde zwischen CDU und GAL. Im Hotel Grand Elysee war deutlich zu spüren, dass der Durchbruch unmittelbar bevor stand. Mit ernsten Mienen eilten die Teilnehmer ab zehn Uhr zum Konferenzraum "Speicherstadt". Trotzdem verschob sich der Sitzungsbeginn immer weiter nach hinten. Der GAL-Wirtschaftspolitiker Jens Kerstan wirkte bedrückt, als er die Punkte aufzählte, bei denen noch keine Einigung in Sicht war: Kraftwerk Moorburg, Elbvertiefung, der Haushalt. "Wäre ich nicht zuversichtlich, wäre ich nicht hier", sinnierte Staatsrat Volkmar Schön (CDU). Andere versuchten die Anspannung durch Witzchen zu mildern. Auf die Frage, ob die Kuh vom Eis sei, sagte Willfried Maier (GAL): "Eis gibt's nicht mehr, es ist doch Frühling." Es stellte sich heraus: Ole von Beust, Anja Hajduk, Michael Freytag und Christa Goetsch hatten sich in einen separaten Raum zurückgezogen. Die restliche Delegation musste im Konferenzraum die Zeit totschlagen. Allen war klar: Im vertraulichen Gespräch ging es ums Ganze.
Erst um viertel nach zwölf fanden sich die potenziellen Koalitionäre zum täglichen Gruppenfoto zusammen. Kommentare gab es keine. Nur knapp zwei Stunden später löste sich die Runde schon wieder auf. Schließlich mussten die Abgeordneten um 15 Uhr zur Bürgerschaft. Zu einem kurzen Statement war einzig GAL-Innenexpertin Antje Möller bereit: "Wir haben alles besprochen, was wir wollten."
Dazu gehörte vor allem auch das Thema Kohlekraftwerk Moorburg. Anders als es sich die GAL gewünscht hat, wird nach Abendblatt-Informationen im Koalitionsvertrag wohl nicht die vollständige Ablehnung des Kraftwerkes stehen. Lediglich die politische Willensbekundung eines Gaskraftwerks soll im Vertrag formuliert werden. Insider gehen indes nicht davon aus, dass das Kohlekraftwerk gegen den Willen Vattenfalls noch verhindert werden kann. Dies sei keine politische, sondern eine rechtliche Frage. Sollte der Energiekonzern alle Auflagen der Fachbehörde erfüllen, gebe es einen Rechtsanspruch auf Genehmigung, hieß es.
Wie aus der Antwort des Senats auf Anfragen der SPD-Abgeordneten Thomas Böwer und Monika Schaal hervorgeht, hat der Senat zwischen September 2006 und März 2008 insgesamt 22 Anträge Vattenfalls positiv beschieden, die mit dem Bau des Kraftwerks zusammenhängen. Darin geht es um wasserrechtliche Fragen ebenso wie um Belange des Immissions- und Naturschutzes. Zuletzt wurde im März der "Einbau von fünf Schluckbrunnen im Bereich der privaten Hochwasserschutzanlage des Polders Nr. 5 in Moorburg" genehmigt.
Aus der Senatsantwort geht zudem hervor, dass bisher nicht ein einziger von Vattenfall gestellter Genehmigungsantrag abgelehnt wurde. Sechs Anträge wurden noch nicht beschieden - sie betreffen mehrheitlich wasserrechtliche Fragen. Auch in der 35-seitigen Klageschrift von Vattenfall gegen die Stadt, die dem Abendblatt vorliegt, wird ein Schreiben der Behörde vom 14. November zitiert, wonach nach damaligem Erkenntnisstand nichts der Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis für die Entnahme und Einleitung des Kühlwassers Hindernisse entgegenstünden, die nicht bis zur Betriebsaufnahme überwunden werden könnten. Im Klartext heißt das, sollte Vattenfall allen Auflagen zustimmen, z. B. einem eingeschränkten Betrieb in den Sommermonaten, hat die Behörde keine rechtlichen Möglichkeiten, eine Genehmigung zu verweigern. Unabhängig davon, ob sich ein Energieversorger findet, der in Hamburg ein politisch gewünschtes Gaskraftwerk bauen und betreiben würde, könnte Vattenfall das Kohlekraftwerk betreiben.