Der Bau in Moorburg ist nur ein Knackpunkt zwischen CDU und GAL. Auch beim Thema Schule gibt es im Detail noch viele Unklarheiten.
Die CDU hat in den Sondierungsgesprächen mit der GAL nichts dem Zufall überlassen. Bürgermeister Ole von Beust hat für seine Idee von der schwarz-grünen Koalition vorab viele Zugeständnisse gemacht. Mehr, als die Grünen wohl je für möglich gehalten hätten. Und doch gehen diese Zugeständnisse erst einmal nicht über Absichtserklärungen hinaus. In vielen Bereichen kommt es aber gerade auf die Details an.
Beispiel 1: Der Bau des in die Verhandlungsmasse geratenen Kohlekraftwerks in Moorburg ist nicht so einfach zu stoppen, wie es sich die Verhandlungspartner jetzt vielleicht wünschen. Zurzeit befindet sich das geplante Kraftwerk des Energieversorgers Vattenfall im Genehmigungsverfahren. "Wir prüfen, ob die Umwelt durch das Kraftwerk erheblich belastet wird und ob diese Auswirkungen durch entsprechende Auflagen ausgleichbar sind", sagte Behördensprecher Volker Dumann dem Abendblatt. Wenn die Auswirkungen nicht ausgleichbar wären, könne es "keinen ordnungsgemäßen Betrieb geben", so Dumann. In diesem Fall würde die BSU "keine Genehmigung" erteilen.
Erfüllt Vattenfall aber sämtliche Auflagen, wird es schwer für die Behörde, die Genehmigung zu verweigern. Der Energiekonzern ist auch trotz der aktuellen politischen Diskussion davon überzeugt, dass "das Kraftwerk genehmigungsfähig" ist. Nicht ohne Grund, denn Bürgermeister Ole von Beust selbst hatte im November die vorläufige Baugenehmigung für das Kraftwerk erteilt. Dem waren zahlreiche Verhandlungen mit Vattenfall und deren Konzernchef Lars Göran Josefsson vorausgegangen. Schließlich verpflichtete sich Vattenfall unter anderem, für mehr Umwelt- und Klimaschutz 120 Millionen Euro zusätzlich zu investieren. Im Gegenzug erteilte die Stadt eine sofortige vorläufige Baugenehmigung. "Wir werten das als starkes Zeichen, dass das Kraftwerk genehmigungsfähig ist", so Vattenfall-Sprecherin Sabine Neumann.
Ein weiteres Problem ist die Norddeutsche Affinerie. Diese hatte auf den Bau eines eigenen Kraftwerkes verzichtet und wollte sich stattdessen an dem Vattenfall-Kraftwerk beteiligen. Dafür garantierte der Energiekonzern konstante Preise für die Energielieferungen an die Affi. Auch hierüber liegt ein Vertrag zwischen den beiden Unternehmen vor. All das müssen CDU und GAL in den Koalitionsverhandlungen beachten. Es bleibt den Parteien nichts anderes übrig, als gemeinsam mit allen Betroffenen nach einer für alle Seiten akzeptablen Lösung zu suchen.
Beispiel 2: Die Bereitschaft der CDU, der GAL sieben Jahre gemeinsamen Unterricht für alle Schüler anzubieten, wirkt auf den ersten Blick wie die Preisgabe eines Kernbereichs der CDU-Schulpolitik. Es war die Union, die stets darauf bestanden hatte, dass die Trennung nach Klasse vier erhalten bleibt. Jetzt sollen die Kinder erst nach der sechsten Klasse auf die künftige Stadtteilschule und das Gymnasium verteilt werden. Rechnet man das Vorschuljahr hinzu, das nach dem Willen von CDU und GAL künftig kostenfrei sein soll, dann ergeben sich sogar sieben Jahre gemeinsames Lernen. GAL-Spitzenfrau Christa Goetsch hat schon als neues Schlagwort "Sieben macht klug" geliefert, statt des bisherigen GAL-Konzepts "Neun macht klug".
Doch so einfach ist es nicht. Derzeit ist völlig offen, wo die Kinder in den Klassen fünf und sechs unterrichtet werden sollen. Die meisten Grundschulen dürften hierfür nicht genug Raum bieten, einmal abgesehen davon, dass die meisten Grundschulpädagogen keine Erfahrung mit elf und zwölf Jahre alten Schülern haben. Sollen die Kinder nach Klasse vier erst einmal auf die neuen Stadtteilschulen geschickt werden? Soll etlichen von ihnen dann nach zwei Jahren erneut ein Wechsel zugemutet werden, nämlich aufs Gymnasium? Sollen die Gymnasien wie bisher besonders schwache Schüler abschulen können? Nichts davon ist bislang geklärt.
Am Ende der Koalitionsverhandlungen werden die Personalfragen stehen. Bei fast allen Bündnisgesprächen zählt dieses Thema zu den schwierigsten. Generell gilt als wahrscheinlich, dass die GAL Anspruch auf zwei, maximal drei Senatoren erheben kann. Bürgermeister von Beust hat durch die freiwilligen Abgänge von Wirtschaftssenator Gunnar Uldall und Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) Spielraum gewonnen. Sicher ist, dass die GAL das Bildungsressort beansprucht und mit Christa Goetsch besetzen möchte. Das gilt in der Union als akzeptiert, weil Amtsinhaberin Alexandra Dinges-Dierig ihren Posten räumen muss. Die GAL fordert die Wiedereinrichtung der eigenständigen Umweltbehörde, die Fraktionsvize Christian Maaß leiten könnte. Bliebe noch ein Ressort für die GAL. Innensenator Udo Nagel und Kultursenatorin Karin von Welck (beide parteilos) gelten als gesetzt. Diese Behörden werden die GAL auch nicht interessieren. Auch gesetzt dürfte Finanzsenator und CDU-Chef Michael Freytag sein. Das verwaiste Wirtschaftsressort wird die CDU nicht aus der Hand geben und die GAL nicht haben wollen. So bliebe der GAL die Wahl zwischen den Ressorts Justiz, Soziales und Gesundheit, Wissenschaft und Stadtentwicklung.