Auch in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und GAL geht es heute wieder um das umstrittene Kohle-Kraftwerk.
Die Zeit des Verhandelns zwischen Stadt und Vattenfall ist offensichtlich vorbei. Wie angekündigt, hat der schwedische Energiekonzern im Streit um das geplante Steinkohlekraftwerk in Moorburg gestern eine "Untätigkeitsklage" gegen die Stadt beim Verwaltungsgericht eingereicht. Der Vorwurf von Vattenfall: Die für die Genehmigung zuständige Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) zögere die immissionsschutzrechtliche Genehmigung unnötig hinaus. Diese sei aber für die "planmäßige" Fortsetzung der Bauarbeiten "dringend erforderlich" und seit dem 10. März überfällig, heißt es zur Klagebegründung.
Die BSU hatte Vattenfall in der vergangenen Woche darüber informiert, dass die Frist für einen Bescheid bis zum 10. Juni verlängert worden sei. Behörden-Sprecherin Kerstin Feddersen hatte außerdem auf die "Koordinierungspflicht" der Behörde hingewiesen. Demnach könnten die immissionsschutzrechtliche und wasserrechtliche Genehmigung nicht voneinander getrennt werden. Diese Tatsache sei auch Vattenfall bekannt. Bisher sei keine der beiden Prüfungen abgeschlossen, so Feddersen.
Die gestern eingereichte Klage sei in einem solchen Genehmigungsverfahren "durchaus üblich", sagte der Hamburger Verwaltungsrechtsexperte, Rechtsanwalt Holger Schwemer, dem Abendblatt. Direkte Auswirkungen auf das Genehmigungsverfahren werde sie aber nicht haben. "Frühestens in einem Jahr" werde sich das Verwaltungsgericht mit der Zulässigkeit der Klage befassen, so Schwemer.
Der jetzt anhängige Rechtsstreit dürfte die juristischen Bemühungen von CDU und GAL noch beflügeln. Die zentrale Frage für die Koalitionäre in spe lautet, ob Vattenfall einen Genehmigungsanspruch auf den Bau des Kraftwerks hat. Denn nur in diesem Fall, so die Überzeugung der schwarz-grünen Moorburg-Experten, hätte der Energiekonzern Anspruch auf Schadenersatz, wenn der Bau gestoppt würde. Insidern ist dabei klar, dass die immissionsrechtliche Genehmigung letztlich erteilt werden muss, weil das Kraftwerk die Grenzwerte zur Verschmutzung der Luft einhält.
Anders ist die Lage bei der wasserrechtlichen Genehmigung. Hier räumen Rechtsexperten der Stadt durchaus einen Ermessensspielraum ein. Ein entscheidender Punkt sind dabei die möglichen Folgen der umfangreichen Entnahme von Wasser aus der Elbe zur Kühlung des Kraftwerks. Vattenfall will pro Sekunde 64 Kubikmeter Elbwasser in die Kühlungsanlage pumpen und bis zu drei Grad wärmer wieder in den Fluss abgeben. Der neue Senat kann seine Wasserpolitik im Rahmen eines ihm zustehenden "Bewirtschaftungsermessens" nach Auffassung von Rechtsexperten ändern, etwa wenn er zu der Auffassung gelangt, die Einleitungen würden das Wasser zu stark erwärmen und möglicherweise zu "Sauerstofflöchern" und in der Folge zu einem Fischsterben führen. Neue Grenzwerte würden dann für alle neuen Bauvorhaben entlang der Elbe gelten. Ein Schadenersatzanspruch würde Vattenfall in so einem Fall vermutlich nur zustehen, wenn nachgewiesen würde, dass der Senat sein Ermessen fahrlässig oder vorsätzlich falsch ausgeübt hat. Der Nachweis gilt unter Juristen jedoch als ausgesprochen schwierig.
Das Kraftwerk ist auch heute wieder Thema bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und GAL. Moorburg und die Elbvertiefung sind die beiden letzten Knackpunkte in den Bündnisgesprächen. Die Hamburger Grünen lehnen das Kraftwerk strikt ab. Die CDU will ihrerseits die Elbvertiefung unbedingt durchbringen. Wie aus Verhandlungskreisen zu hören war, macht die GAL ihre Zustimmung zur Elbvertiefung unter anderem vom vollständigen "Nein" der CDU zu Moorburg abhängig.