Vorstoß in Koalitionsverhandlungen. Jetzt Gespräche außer mit Vattenfall auch mit anderen Energiekonzernen.
Hamburg. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat sich persönlich in die Suche nach einer umweltfreundlichen Alternative zum umstrittenen Kohlekraftwerk Moorburg eingeschaltet. Nach Abendblatt-Informationen hat er Gespräche mit einem Vorstandsmitglied des rheinischen Energieriesen RWE geführt, um die Möglichkeit eines Gaskraftwerkes für Hamburg auszuloten. Gespräche sind auch mit den Konzernen E.on und EnBW geführt worden, meldet der "Focus". Bereits am Donnerstag hatte die von CDU und GAL eingerichtete Arbeitsgruppe Kohlekraftwerk Moorburg auf Wunsch der Grünen mit dem Energieanbieter Lichtblick über ein Gaskraftwerk gesprochen (wir berichteten). Nach den Planungen soll das Kraftwerk über eine Leistung von 600 bis 700 Megawatt verfügen.
Mit den Verhandlungen setzen die möglichen Koalitionäre von Schwarz-Grün auch den schwedischen Stromkonzern Vattenfall unter Druck, Alternativen für die umstrittene Kohlekraft anzubieten. Bislang hatte Vattenfall stets auf bereits geschlossene Verträge für einen 1600-Megawatt-Meiler gepocht. Angeblich haben die Stockholmer sogar Pläne, Hamburg im Fall einer Ablehnung des Genehmigungsantrags auf Schadenersatz zu verklagen. Dieser könnte sich nach Insider-Informationen auf deutlich mehr als 100 Millionen Euro belaufen.
Der Industrieverband Hamburg (IVH) erneuerte im Gespräch mit dem Abendblatt seine harte Kritik an den schwarz-grünen Absichten. IVH-Sprecher Marc März nannte den Verzicht auf Kohle "ein schlechtes Signal" für den Standort Hamburg. "Gas ist für eine sichere dauerhafte Grundlastversorgung ökonomisch und politisch ungeeignet", so März.
Der ehemalige Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) - heute Manager für erneuerbare Energien bei RWE - wirft der GAL im "Spiegel" vor, durch ihre Ablehnung des Kohlekraftwerks die Kernkraft zu fördern. Die Stadt würde gezwungen, den dringend benötigten Strom aus alten Kernkraftwerken zu beziehen. Der umweltpolitische Sprecher der GAL, Christian Maaß, nannte dies gegenüber dem Abendblatt ein "vorgeschobenes Argument". Die GAL sei nicht grundsätzlich gegen neue Kraftwerkskapazitäten. "Wir setzen aber auf dezentrale und effiziente Anlagen, die möglichst mit Gas betrieben werden sollen." Auch in Bielefeld, Berlin oder im Saarland seien Kohlekraftwerke gestoppt worden.