BUND-Kritik: “Behörde verschleppt Regelwerk.“ Wirtschaft fürchtet Kosten. Gefährdet der Plan das Kohlekraftwerk?

Mit einem neuen "Wärmelastplan für die Tideelbe" wollen Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Temperatureinleitungen in die Elbe regeln und den Fluss so vor Überhitzung schützen. Ist davon das Genehmigungsverfahren für das geplante Vattenfall-Kohlekraftwerk in Moorburg betroffen? "Nein", sagt Volker Dumann, Sprecher der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU). "Die Grenzwerte, die im neuen Wärmelastplan festgeschrieben sind, gelten schon jetzt für das Kraftwerk und sind längst Bestandteil des Genehmigungsverfahrens", so Dumann. Auch Vattenfall-Sprecherin Sabine Neumann geht "nicht davon aus, dass wir unsere Planungen nach Vorlage des neuen Wärmelastplanes verändern müssen". Die mit dem Senat vereinbarten Grenzwerte seien bereits "sehr gewässerfreundlich" und würden auch strengeren Auflagen standhalten.

Hinter vorgehaltener Hand wird aber sowohl in Behörden- als auch in Industriekreisen darüber spekuliert, ob der neue Wärmelastplan ein Hebel sein könnte, um das Kohlekraftwerk Moorburg zu verhindern. Denn auch wenn Vattenfall selbst alle Grenzwerte einhält, können die Summe der Einleiter (an der Tideelbe sind - wie berichtet - alleine acht Kraftwerke geplant) und die daraus resultierenden Auswirkungen am Ende doch zu einer Ablehnung des Kohlekraftwerks Moorburg führen.

Auffällig ist zumindest, dass der neue Wärmelastplan seit Monaten überfällig ist. Eigentlich sollte der Plan Ende 2007, spätestens aber Anfang 2008 fertig sein. Das hatte die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) selbst im September 2007 in einer Pressemitteilung angekündigt. Bis heute wurde der Plan nicht vorgelegt. Der zurzeit gültige Wärmelastplan stammt noch aus dem Jahr 1973 und ist - so sieht es auch die BSU - "längst überholt". Der neue Wärmelastplan sorgt für klare Vorgaben bei der Einleitung von erwärmtem Kühlwasser aus Kraftwerken und anderen Industrieanlagen und hat das Ziel, die Belastung des Flusses in Grenzen zu halten. Ein solcher Wärmelastplan muss auch aufgrund der Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie aufgestellt werden, damit es nicht durch Großkraftwerke zu einer zu hohen Wärmeeinleitungen kommt, die den Fluss nachhaltig schädigen würden. Für alle neuen Projekte gelten die im Plan festgelegten Richtwerte sofort. Bereits bestehende Firmen, wie zum Beispiel die Norddeutsche Affinerie, müssen bis 2012 nachrüsten. Insgesamt wären in Hamburg rund 15 Industriebetriebe betroffen. Handelskammerpräses Frank Horch fordert, neben den Umweltfaktoren auch die Seite der Wirtschaft zu beachten. "Wir sind auf einem politisch-ideologischen Pfad, der sehr gefährlich werden könnte für Hamburg", so Horch.

Der Hamburger Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wirft den zuständigen Fachministerien vor, dieses "wichtige Regelwerk zu verschleppen". Zur Verzögerung des Wärmelastplanes hat auch die SPD-Bürgerschaftsfraktion eine Kleine Anfrage an den Hamburger Senat gestellt.

"Der Wärmelastplan ist in Arbeit", sagte Behördensprecher Volker Dumann. Für die genaue Berechnung sei eigens ein dreidimensionales Tideelbesystem entwickelt worden, das die Belastungen des Flusses genau berechnen könne. "Das ist einmalig in Deutschland", betont Dumann. Diese Entwicklung habe mehr Zeit in Anspruch genommen als zunächst angenommen. Mittlerweile seien die Daten berechnet, die Fachebene habe den Plan bereits abgesegnet.

Derzeit liegt der Plan zur Abstimmung in den Ministerien. Schleswig-Holstein wird nach eigenen Angaben "nur noch wenige Tage für die Abstimmung brauchen". Niedersachsen rechnet mit einer Absegnung "noch vor der Sommerpause".

Hamburg werde "in Kürze" über den Wärmelastplan entscheiden.