Siegen. Die Weiß in der Siegener Innenstadt wird renaturiert. Eigentlich war das Teil des Uni-Campus Häutebachweg/Löhrtor. Aber der verzögert sich.
Nachdem die Landesregierung beim Uni-Umzug auf die Bremse getreten hatte (wir berichteten), wirbelt auch das bevorstehende Karstadt-Aus die Pläne für das Großprojekt (Siegen – Wissen verbindet) durcheinander. Das betrifft im besonderen den geplanten Campus-Bau an Häutebachweg und Löhrtor („Teilcampus Süd“) – und bedeutet nicht, dass der nicht kommt. Aber weil derzeit eben einige Fragen offen sind, müssen vor Ort auch Fakten geschaffen werden – in Sachen Hochwasserschutz zum Beispiel. Da müsse man jetzt ran, sagt Stadtbaurat Henrik Schumann im Umweltausschuss: Ein erster Innenstadt-Abschnitt der Weiß wird auch im Innenstadtbereich renaturiert.
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Schon bevor im Zuge des Campus-Baus am Häutebachweg die Weiß renaturiert werden sollte – nach wie vor geplant ist eine Art Auenlandschaft, mit Fußwegen und Aufenthaltsflächen, die im Hochwasserfall überflutet werden – hatte die Stadt ähnliche Pläne. Der Fluss ist zwischen Löhrtor-Bereich und Koblenzer Straße in einer gepflasterten Rinne zwischen Mauern und Gebäuden „eingeklemmt“. Die soll entfernt, das Gewässer aufgeweitet werden: Auf einer Länge von 90 Metern zwischen dem Haus der Musik und dem Verlagsgebäude am Häutebachweg.
Siegen muss für „hundertjähriges Hochwasser“ in der Innenstadt gerüstet sein
Das geht auf die Verzögerung des Uni-Umzugs durch das Land NRW zurück, als Geldgeber des Millionenprojekts hatte Düsseldorf verfügt, dass nicht gleichzeitig an den künftigen Campus-Standorten Nord (Friedrichstraße) und Süd (Häutebachweg) gebaut wird – sondern nacheinander, in kleineren Schritten. Der Geldfluss sei wohl auch gedrosselt worden, heißt es aus der Siegener Verwaltung, der südliche Teilcampus kam jedenfalls erstmal auf die Warteliste. Also wird die Stadt selber tätig: Die Pläne liegen seit 2020 fertig in der Schublade, der Förderantrag (80 Prozent) sei abrufbereit, die Ausführungsplanung wird derzeit erstellt, sagt Stephan Roth, Betriebsleiter der Entsorgungsbetriebe der Stadt Siegen (ESi), im Umweltausschuss: „Ende 2023 können wir anfangen und im Frühjahr fertig sein.“
Der Fluss sei in diesem Bereich „alles andere als naturnah“, mit gepflasterter Sohle, eingepfercht zwischen zwei Mauern, von denen die höhere, auf Privatgelände, auch noch marode sei. Insgesamt „städtebaulich problematisch“. Das Gewässer wird aufgeweitet, bekommt einen besseren Abflussquerschnitt. Die Pflastersteine werden aus dem Wasser geholt, die Mauer zum Haus der Musik hin wird entfernt, ein nicht genehmigter Erdwall ist bereits abgetragen, um einen Versorgungsweg anzulegen.
Als die Pläne für das Haus der Musik konkreter wurden, „war uns das ganz recht“, sagt Stephan Roth – denn die Stadt verpflichtete die Bauherren dazu, mit Blick auf den Hochwasserschutz zu planen und zu bauen. Sollte die Weiß stark über die Ufer treten („hundertjähriges Hochwasser“), wird die Tiefgarage des Gebäudes gezielt geflutet: „Das ist so vorgesehen und genehmigt“. Um maximal 40 Zentimeter könne der Wasserspiegel im Ernstfall durch diese Maßnahmen gesenkt werden. Und wenn der Campus in welcher Form auch immer kommt, steht diese Maßnahme den weitergehenden Uni-Plänen auch nicht entgegen. Selbst mit weniger Uni, betont Stadtbaurat Henrik Schumann, würde man alles daransetzen, das gesamte Gewässer freizulegen, als Aufenthaltsfläche zu gestalten, Fußwege einzurichten, auf Höhe des Gymnasiums eine Brücke über die Weiß zu bauen. „Wenn Klarheit mit der Uni und auch Karstadt besteht, wollen wir auch den Rest machen.“
Uni Siegen im Karstadt-Gebäude könnte einige Neubauten sparen
Wenn das frei werdende Karstadt-Gebäude ist der nächste Faktor, der die Uni-Umzugs-Pläne kräftig beeinflussen könnte: Wenn die Universität das ganze Karstadt-Gebäude nutzen würde, „sparen wir viele Neubauten von Gebäuden und damit viel Graue Energie“, sagt Umweltausschuss-Vorsitzender Joachim Boller (Grüne). Wobei Lorenz van Overloop, Fridays For Future, anregte, die Kaufhausimmobilie auch für Projekte und Initiativen wie die Fahrradwerkstatt von AlterAktiv oder den Umsonstladen zu nutzen.
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Die Gespräche zur Weiternutzung des Karstadt-Gebäudes zwischen Stadt, Eigentümern und auch Hochschule laufen nach wie vor, berichtet Stadtbaurat Schumann, ein Ergebnis gebe es nach wie vor nicht. Er gehe aber davon aus, dass die riesige Kaufhaus-Immobilie in zentraler Innenstadt-Lage Auswirkungen auf Pläne sowohl der Uni als auch der Stadt Siegen haben werde. Die hat andockend an das Hochschulkonzept ihre eigenen Pläne zur Stadtentwicklung (Integriertes Handlungskonzept, „IHaKo“) erstellt. „Die Uni ist ein Faktor“, stellte Schumann fest – und das IHaKo ermögliche es der Stadt, schneller und flexibler auf aktuelle Entwicklungen wie den Rückzug des Warenhauskonzerns aus Siegen zu reagieren.