Siegen. Die Uni zieht nicht in einem Rutsch in die Siegener Innenstadt, das Land NRW möchte kleinere Schritte. Das sind die Gründe und die Konsequenzen.

Den einen großen Wurf für die Errichtung der beiden neuen Uni-Standorte in der Innenstadt wird es nicht geben, das „Gesamtpaket“ wird aufgeteilt. Ein Abstimmungstermin habe ihn zunächst etwas „irritiert zurückgelassen“, berichtete Stadtbaurat Henrik Schumann am Mittwoch im Haupt- und Finanzausschuss (HFA). Die Landesregierung wünsche kleinere Schritte bei der Umsetzung von „Siegen – Wissen verbindet“. Das hat Auswirkungen auf die städtische Planung, die mit ihrem Konzept „Siegen verbindet“ an das Hochschulprojekt angedockt hatte.

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Im Vorfeld der Sitzung am Mittwoch, 31. August, habe es ein Gespräch mit Vertretern des zuständigen NRW-Bauministeriums und der Bezirksregierung Arnsberg gegeben, bei dem die zeitliche Abfolge konkretisiert wurde. Ministerium und Bezirksregierung sind zuständig für die Rahmenanträge, auf Grundlage derer die Stadt Fördermittel für ihre städtebauliche Entwicklung beantragt. Stichtag für diesen Rahmen ist jeweils der 30. September, die Stadt hatte kürzlich ihr „Integriertes Handlungskonzept“ vorgelegt (wir berichteten) – „mit heißer Nadel gestrickt“, betonte Schumann. Man habe richtig Gas gegeben, wegen des Zeitdrucks sei es auch zu redaktionellen Schwächen gekommen, die auch aufgearbeitet werden sollen. Aber es sollte eben schnell gehen, um im Zweifel im Gleichschritt mit der Uni Projekte im öffentlichen Raum umsetzen zu können, wenn die Hochschule ihre Gebäude errichtet.

Land will Umzug der Universität Siegen in Innenstadt in kleineren Schritten

Nach den Gesprächen, teilen Uni und Stadt im Nachgang der Sitzung mit, plane man in enger Abstimmung, in Stufen vorzugehen: Zunächst auf dem Teilcampus Nord (Friedrichstraße/Sandstraße), wo bereits der Umbau des ehemaligen Möbelhauses Wonnemann zum künftigen Studierenden-Service-Center (SSC) läuft. Ein Wettbewerb für die Realisierung der Bibliothek im „Hettlage“-Gebäude als Scharnier zwischen dem Teilcampus und der Oberstadt befinde sich in Vorbereitung. Dann folge das südliche Areal (Häutebachweg/Löhrtor). Durch die stufenweise Umsetzung sei garantiert, dass nicht die gesamte Innenstadt durch Baustellen lahmgelegt werde. Bislang war vorgesehen, dass der Umzug – mehr oder weniger – in einem Rutsch stattfinden würde. Konkrete Angaben zu Zeitplänen gibt es bislang nicht.

Größter Baustein von „Siegen verbindet“ ist der Uni-Umzug vom Haardter Berg in die Innenstadt. Daran angedockt: „Stadtraum verbindet“, „Grün verbindet“, „Gemeinschaft verbindet“.
Größter Baustein von „Siegen verbindet“ ist der Uni-Umzug vom Haardter Berg in die Innenstadt. Daran angedockt: „Stadtraum verbindet“, „Grün verbindet“, „Gemeinschaft verbindet“. © Stadt Siegen

Mit der Kursänderung des Landes beim Uni-Umzug – vom Kraftakt hin zu „Zug um Zug“ – muss auch die Stadt Siegen ihr Konzept anpassen; sie sei aufgefordert worden, ihre Förderstrategie hinsichtlich der Stufen-Planung noch einmal zu überarbeiten, heißt es weiter. Der Rahmenantrag könne dann womöglich erst nächstes Jahr gestellt werden. Offensichtlich habe sich innerhalb der neuen schwarz-grünen Landesregierung das Bauministerium mit dem für die Uni zuständigen Wissenschaftsressort zum Thema abgestimmt (Schumann im HFA: „Da warten wir schon lange drauf“). Im Koalitionsvertrag bekennen sich CDU und Grüne in NRW klar dazu, Hochschulen und Stadtentwicklung zusammen zu denken: „Die Integration einer Hochschule in ein urbanes Umfeld bietet die Chance, sie in der Stadt präsenter zu machen und Innenstädte zu beleben“, heißt es dort. Dieses Ziel wollen Universität und Stadt Siegen mit „Siegen – Wissen verbindet“ verfolgen.

Uni-Umzug in Siegen nicht in Frage gestellt – „Zielrichtung positiv bewertet“

Das Konzept sei als solches keineswegs in Frage gestellt, betonte Thomas Daschke, Arbeitsgruppenleiter Stadtentwicklung: „Wir haben Hinweise zur Umsetzung erhalten.“ Stadt und Hochschule stellen klar: „Das Gesamtkonzept wurde seitens Ministerium und Bezirksregierung nicht in Frage gestellt, sondern in seiner Zielrichtung positiv bewertet.“

Auswirkungen hat die Konzeptänderung auch für das Studierendenwerk, das seine Pläne für die Gastronomie auf einen Gesamt-Umzug hin ausgerichtet hatte. Geschäftsführer Detlef Rujanski war bislang davon ausgegangen, dass 10.000 Studierende in die Innenstadt umziehen und 5000 auf dem Haardter Berg bleiben. Wenn sich das nun aber entzerrt und erst die Fakultät I am Teilcampus Nord angesiedelt wird, die Fakultät II später am Teilcampus Süd ankommt, das Gesamtziel also erst später erreicht wird, müsse er seine Ressourcen bis dahin umschichten, so Rujanski.

Stadtentwicklung: Siegen will sich möglichst breit aufstellen, um nichts zu verpassen

Daschke konterte auch die erneute Kritik der Grünen, deren Fraktionschef Michael Groß „strukturelle Defizite“ im Konzept der Stadtverwaltung beklagte. Darin seien Ideen enthalten, „über die noch nie einer in der Stadt diskutiert“ habe, so Groß, während andere, bereits gefasste Beschlüsse nicht eingearbeitet seien. Das Konzept sei dem zuständigen Arbeitskreis mit Vertretern der politischen Parteien Anfang Juli vorgestellt und danach schriftlich zur Verfügung gestellt worden, erwiderte Daschke: „Von wegen nie gehört.“

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Stadtbaurat Schumann bemühte sich erneut um Erklärung des Vorgehens der Verwaltung: Schon bei den Vorgänger-Konzepten (Siegen zu neuen Ufern, Rund um den Siegberg) habe im Rahmenantrag erheblich mehr gestanden, als letztlich umgesetzt wurde. Denn jede einzelne konkrete Maßnahme werde zur Diskussion gestellt und müsse beschlossen werden. Ein weit ausgelegtes Konzept zu beschließen sei nicht, anders als von den Grünen wiederholt unterstellt, kein „Freifahrtschein“.