Siegen. Der Fahrrad-Repair-Treff kann an der Sandstraße bleiben – vorerst. Die Ehrenamtlichen suchen dringend ein dauerhaftes Zuhause, der Bedarf steigt.
Klaus Reifenrath ist sehr erleichtert: Er hat Verlängerung bekommen, der Fahrrad-Repair-Treff des Vereins AlterAktiv im Hintergebäude des früheren Möbelhauses Wonnemann an der Sandstraße kann bleiben. Zumindest noch ein Jahr. Die „Campus Unteres Schloss Verwaltungs GmbH“ (CUS) hat Reifenrath die frohe Botschaft am 6. Dezember überbracht, „ein tolles Nikolausgeschenk“, sagt er. Denn die Nachfrage nach Fahrrädern, die Reifenrath und sein Team nach wie vor unentgeltlich aufbereiten und verschenken, ist ungebrochen hoch.
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Um die 750 Fahrräder hat Reifenrath an Bedürftige verschenkt, seit er 2017 den Fahrrad-Repair-Treff gründete, damals noch in einem kleinen Raum in der ehemaligen Hammerhütter Grundschule, dem heutigen KIQ (KulturIntegrationQuartier). Die Uni – oder genauer CUS, die sich um das Projekt „Siegen Wissen verbindet“ kümmert, den Umzug zweier weiterer Fakultäten in die Innenstadt – bot Reifenrath dann die Immobilie in zentraler Lage an. Zumindest so lange, bis die Hochschule den Raum für die Bauarbeiten nicht mehr zur Verfügung stellen kann, hier entsteht das künftige „Student Service Center“ (SSC).
Statt Schrott: Stadt Netphen spendet Fund-Fahrräder an Siegener Werkstatt
Ein Glücksgriff für die Ehrenamtlichen und ihre Abnehmer, sagt Klaus Reifenrath dankbar, der seither auf der Suche nach einer dauerhaften, kostenlosen Bleibe für die Fahrradwerkstatt ist. „Wir brauchen kein Geld“, betont er, von Spenden kaufen sie Ersatzteile und Werkzeug, um die ebenfalls gespendeten Fahrräder wieder auf Vordermann zu bringen. Gerade erst hat die Stadt Netphen 51 Fundräder vorbeigebracht, die sonst auf dem Schrott gelandet oder versteigert worden wären, mit Bürgermeister Paul Wagener hatte Klaus Reifenrath eine entsprechende Absprache getroffen.
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Aber sie haben eben auch kein Geld, um Miete zu zahlen, erst Recht nicht in den begehrten Tallagen zwischen Geisweid und Eiserfeld. Weil die Fahrräder in erster Linie an bedürftige Menschen verschenkt werden, darunter viele Geflüchtete, müsse die Werkstatt gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein. Und auf einem Berg könne sie nicht liegen, weil gerade ältere Menschen mit dem Fahrrad dort nicht hinaufkommen, etwa wenn eine Reparatur ansteht.
Klaus Reifenrath ist dankbar: „Uni Siegen hat uns eine Riesenchance gegeben“
Die CUS und Kanzler Ulf Richter hätten das Engagement immer sehr unterstützt, sagt Klaus Reifenrath, kein Geld verlangt, weder für Miete, noch für Strom oder Wasser, „sie haben uns eine Riesenchance gegeben“. Genauso wie übrigens die Sparkasse Siegen, die der Initiative ein kleines Ladenlokal an der Berliner Straße angeboten hatte. Da dort, an einer der meistbefahrenen Straßen der Siegener Innenstadt, aber auch noch die Bushaltestelle direkt vor der Tür ist, hätte das für seine Kundschaft ein Sicherheitsrisiko bedeutet: Viele, die ein kostenloses Fahrrad bekommen – darunter viele Kinder –, seien anfangs noch sehr unerfahren. Ein schmaler Bürgersteig vor einer mehrspurigen Straße sei da eine große Gefahr.
Nun können Reifenrath und seine Leute, die damit gerechnet hatten, zum Jahresende an der Sandstraße ausziehen zu müssen – der Fahrrad-Repair-Treff stand kurz vor dem Aus – eine Gnadenfrist. Die Suche geht mit Hochdruck weiter, der Gründer der Initiative erneuert seinen Appell nach Unterstützung Richtung Stadt und Kreis und alle Immobilienbesitzer, die das Angebot unterstützen möchten. „Unser Einzugsgebiet wird immer größer“, sagt Reifenrath, die Leute kämen aus Burbach, Bad Berleburg, Lennestadt. Immer mehr vergleichbare Angebote hätten aufgeben müssen, „wir sind die letzten, die noch übrig sind“, sagt er.
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Gleichzeitig steige die Nachfrage: Immer mehr Studierende kämen in letzter Zeit, sagt Reifenrath – zum Helfen, und weil sie Fahrräder bräuchten oder Hilfe bei einer Reparatur, weil sie sich die regulären Werkstätten nicht leisten könnten. Das gelte natürlich weiter für Geflüchtete – und immer mehr Menschen, die in versteckter Armut leben. „Als Ehrenamtliche können wir da eine riesige Lücke schließen“, sagt Klaus Reifenrath. Sie bräuchten halt nur eine Heimat, die von Dauer ist.