Siegen. Karstadt Siegen wurde aufwendig umgebaut zur Kombination aus Kaufhaus und Hörsaalzentrum der Universität. Der Mietvertrag gilt noch eine Weile.
Mit dem bitteren und unerwartet schnellen Aus für das letzte Warenhaus in Siegen stellt sich die Frage, was ab Juli mit dem Karstadt-Gebäude passiert. Denn auf einen Schlag wird in zentralster Lage in der Oberstadt eine sehr große Fläche frei. Dass hier durchaus auch Perspektiven liegen, so bedauerlich die Schließung durch Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) auch ist, war bereits angedeutet worden (wir berichteten).
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Zunächst aber werde man mit dem Essener Konzern über die Mietzahlungen verhandeln, sagt Reinhard Quast für die Projektgesellschaft Siegberg Immobilien als Eigentümer. Das Gebäude wurde seinerzeit umfangreich umgebaut: Das Kaufhaus räumte die oberste Etage und verkleinerte sich von vier auf drei Ebenen. Für die Universität Siegen, die für ihren Campus Unteres Schloss dringend Hörsäle benötigte, wurde das bisherige Dachgeschoss aufgebrochen und entsprechend ausgebaut; außerdem wurde vor die ehemalige Fassade ein Anbau gesetzt, in dem sich heute unter anderem das Foyer des Hörsaalzentrums befindet. In diesem Zuge waren langfristige Mietvereinbarungen getroffen worden: Die deutschlandweit einzigartige Kombination von Hochschule und Kaufhaus unter einem Dach, so die breit geteilte Überzeugung, würde dem Standort neue Impulse geben und sein Überleben dauerhaft sichern.
Die Uni Siegen braucht Platz im Zentrum – bei Karstadt wird viel Platz frei
Ursprünglich, so Reinhard Quast, lief der Mietvertrag mit Galeria Karstadt Kaufhof bis 2027, wurde dann bis 2030 verlängert. Das müsse nun geklärt werden. Für weitere Aussagen sei es noch zu früh – er bestätigt aber, dass der Eigentümergesellschaft, an der neben den Bauunternehmungen Quast, Runkel und Hundhausen auch der Siegerlandfonds der Sparkasse beteiligt ist, sehr daran gelegen sei, schnell eine Nachnutzung zu finden. „Alle Beteiligten wollen hier etwas machen, das der Stadt nützt!“ Langer Leerstand werde an dieser Stelle nicht passieren.
Sicherlich könnte auch künftig im Gebäude Handel verortet sein, vermutlich in kleinerer Form als heute – ebenso sei aber denkbar, dass die Universität Siegen auch den Rest des Gebäudes anmietet. Die drei Geschosse haben eine Fläche von insgesamt mehr als 10.000 Quadratmetern, erläutert Reinhard Quast, sie sind aufgrund der statischen Konstruktion als Kaufhaus schwerlastfähig und kämen etwa auch für eine Bibliothek in Frage. Fluchtwege und Lüftungsanlagen sind ebenfalls so ausgelegt, dass das Gebäude viele Menschen aufnehmen kann, ohne dass allzu große Umbauten nötig wären. Aus seiner Sicht biete sich auch für die Hochschule hier eine große Chance – die Immobilie zu nutzen ginge nicht nur schneller, sondern wäre auch erheblich günstiger, als anderorts im Zentrum neu zu bauen.
Politik fordert Perspektiven für Karstadt-Beschäftigte und Siegener Innenstadt
Reinhard Quast betont aber, dass die Initiative dazu von der Uni ausgehen müsse – und dass es vergleichsweise schnell gehen müsse. Die Hochschule ist bei ihren Plänen für den weiteren Umzug in die Innenstadt davon abhängig, dass diese in Düsseldorf bewilligt werden und das entsprechende Geld fließt – erst vergangenes Jahr hatte das Land die ursprünglichen Verlagerungs-Pläne geändert. Kanzler Ulf Richter hatte nach Bekanntwerden der Karstadt-Schließung betont, sich nicht an Spekulationen beteiligen zu wollen.
Perspektiven für Beschäftigte und Innenstädte stehen auch im Fokus der Politik. Für die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) Siegen-Wittgenstein ist die Karstadt-Schließung „ein Schlag ins Gesicht“, so Vorsitzender Julian Siebel, gerade weil der Standort im Verhältnis zu vielen anderen stabil schien. Die Beschäftigten hätten die „uneingeschränkte Solidarität der CDA“, der Verband werde für einen möglichst sozialverträglichen Abschluss kämpfen, gemeinsam mit anderen Parteien. „Die Mitarbeiter haben in der Vergangenheit auf Geld verzichtet, um Ihre Arbeitsplätze zu erhalten. Ich erwarte, dass eine Regelung gefunden wird, damit dieser Verzicht nachträglich kompensiert wird!“ Die CDA hofft auf Aufschub der Schließung bis Januar 2024.
SPD-Bundestagsabgeordnete kritisiert „Fehlentscheidungen der Konzernführung“
Auch die Auswirkungen für die Siegener Oberstadt könnten jetzt noch nicht genau erfasst werden. „Das Einkaufsverhalten mag sich geändert haben, aber dennoch. Der Standort war nach wie vor mit seinem umfassenden Angebot von Mode bis Hausrat oft ein Grund, um in die Oberstadt zu fahren, so Siebel: „Das ist schon insgesamt ein schwerer Schlag“. Besonders verärgert zeigt sich Siebel über den frühen Zeitpunkt – auch wenn es nur ein kleiner Trost wäre, hofft die CDA auf Aufschub bis Januar 2024. „Dann hätten die Betroffenen noch etwas Zeit gewonnen. Das muss das Mindeste sein.“ Die CDA wolle sich mit Abgeordneten und anderen Parteien abstimmen, um einen möglichst sozial verträglichen Abschluss zu finden.
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Die SPD-Bundestagsabgeordnete Luiza Licina-Bode kritisiert „Fehlentscheidungen der Konzernführung“ – oberste Priorität habe, gute Anschlussperspektiven für alle Beschäftigten zu finden – immerhin habe der Bund dem Unternehmen Millionenhilfen gewährt. Eigentümer René Benko sei in der Verantwortung.