Palma de Mallorca/Hagen. Jetzt gibt es auch die offizielle Bestätigung: Die vier Männer, die ein Jahr in Untersuchungshaft saßen, sind auf Kaution wieder frei.

Sauerländer auf Mallorca offenbar nicht mehr in Haft

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    Überraschende Entwicklung im Fall der vier jungen Männer aus Lüdenscheid, die mehr als ein Jahr wegen des Vorwurfs der Gruppenvergewaltigung einer deutschen Urlauberin (19) in Palma de Mallorca in Untersuchungshaft saßen: Die Beschuldigten im Alter von 22 bis 24 Jahren sind allesamt zurückgekehrt nach Lüdenscheid im Märkischen Kreis. Diese Informationen, über die die Bild zuerst berichtet hatte, hat die Staatsanwaltschaft Hagen nun bestätigt. Am 8. August sei vier von ihnen auf Mallorca eine Haftverschonung gegen Kaution erteilt worden, schilderte Oberstaatsanwalt Michael Burggräf gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Die fünfte Person war schon vor über einem Jahr frei gekommen. 

    Nach Bekanntwerden der Freilassung hatte der Hagener Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli die Freilassung der vier Lüdenscheider, welche die Vergewaltigungs-Vorwürfe bestreiten, zunächst nicht gegenüber der Westfalenpost bestätigen können. „Wir wissen von nichts, haben aber heute bei den Kollegen auf Mallorca offiziell nachgefragt. Eine Antwort steht noch aus.“ Inzwischen gibt es diese Bestätigung.

    Die Staatsanwaltschaft Hagen hatte seinerzeit ebenfalls Ermittlungen aufgenommen, weil die Beschuldigten und das mutmaßliche Opfer aus Deutschland kommen und die im Raum stehende Straftat auch nach deutschem Recht strafbar wäre. „Durch die Ermittlungen der Behörden auf Mallorca sind uns bislang die Hände gebunden“, so Pauli weiter. In Hagen wird nur ein so genannte „Spiegel-Verfahren“ geführt - also ohne aktive Ermittlungsarbeit. Das Vorgehen soll aber sicherstellen, dass man in Hagen die Arbeit sofort aufnehmen und den Fall übernehmen könnte, wenn die spanische Justiz das Verfahren abgibt.

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    Anwalt des mutmaßlichen Opfers kritisiert Justiz

    Die mallorquinische Justiz reagierte auf eine Anfrage der Westfalenpost nicht. Steffen Hörning, Anwalt des mutmaßlichen Vergewaltigungs-Opfers, lagen am Mittwochnachmittag noch keine Informationen zu der Neuentwicklung in dem Justizfall vor. Bei einer Anfrage der Westfalenpost wiederholte er die Kritik an der Entscheidung des Amtsgerichts Hagen, seinen Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt zu haben. Es sei ein „unsäglicher Zustand“, dass damit seiner Mandantin jegliche Information zum Verfahrensstand fehle, so Hörning.

    Der Göttinger Jurist hatte in seiner Funktion als Vertreter der Nebenklägerin bei den deutschen Behörden einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Dieser wurde von der Staatsanwaltschaft Hagen, welche die Unterlagen aus Spanien erhalten hatte, unterstützt. Auf Antrag der deutschen Verteidiger der Beschuldigten war Hörnings Antrag jedoch vom zuständigen Amtsgericht Hagen abgelehnt worden. „Meine Mandantin hängt völlig in der Luft, und derjenige, der ihr die Infos beschaffen könnte, der ist in Deutschland auf Eis gelegt. Ich weiß zu diesem Verfahren nichts, außer den Dingen, die ich wie jeder andere den Medien entnehmen kann. Was das mit Opferschutz zu tun hat, das muss mir mal jemand erklären“, kritisierte Hörning bereits im Juli.

    15 Jahre Haft drohen

    Seine Mandantin soll in der Nacht zum 13. Juli 2023 in einem Hotelzimmer Opfer der Gruppenvergewaltigung geworden sein. Nach den bisher veröffentlichten Erkenntnissen der spanischen Ermittler soll einer der anfangs sechs Beschuldigten die damals 18 Jahre alte Deutsche beim Feiern am Ballermann kennengelernt haben. Die beiden sollen zunächst einvernehmlichen Geschlechtsverkehr außerhalb des Hotels, in dem die Lüdenscheider untergebracht waren, gehabt haben. Später soll das mutmaßliche Opfer aber mit dorthin gekommen sein. Im Hotelzimmer soll es dann zu sexuellen Übergriffen durch mehrere der Männer gekommen sein. Nach Angaben der Polizei hat einer der Verdächtigen die Tat im Juli 2023 sogar mit seinem Handy gefilmt.

    Zunächst waren sechs Männer auf Mallorca verhaftet worden. Einer wurde nach zwei Tagen entlassen, ein weiterer kam im September wohl gegen Kaution und unter Meldeauflagen auf freien Fuß. Nun folgte offensichtlich die Freilassung der übrigen Vier – nach 13 Monaten in Untersuchungshaft auf der Baleareninsel.

    Das Quartett hatte nach Informationen der Mallorca Zeitung im Juli einen Wechsel im spanischen Anwaltsteam vorgenommen – es soll nicht der erste gewesen sein, wie in den vergangenen Monaten mehrere mit dem Verfahren vertraute Personen bestätigten. Vor dem „Jahrestag“ der Inhaftierung Mitte Juli soll das zuständige Gericht in Palma, das bisher nicht auf Anfragen reagierte, eine Entscheidung über eine Anklageerhebung und damit einen Prozessbeginn vertagt haben. Um bis zu sechs Monate. Nun nahm der Fall offensichtlich eine Wendung.

    Nach 13 Monaten sind die Beschuldigten wohl wieder auf freiem Fuß. Das Verfahren gegen sie soll jedoch weiter auf Mallorca laufen. Bei einer Verurteilung drohen den Männern, die Anfang 20 sind, Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren.

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