Hagen. Eigentümer von unbebauten Flächen in Hagen kann die Reform der Grundsteuer hart treffen. Eine Frau soll statt 49,82 nun 1682,64 Euro zahlen.

Nachdem sie im fernen England die Post der Stadt Hagen geöffnet hatte, fiel Barbara Kötz fast der Löffel aus der Teetasse. In den Händen hielt sie einen Grundsteuerbescheid für eine Wiese an der beschaulichen Straße Lichtenböcken in Berchum. 1500 Quadratmeter misst das unbebaute Grundstück, das zwischen der Straße und der einstigen Bildungsstätte liegt. Und statt wie bisher 49,57 Euro soll Barbara Klötz dafür nun 1682,64 Euro pro Jahr zahlen.

Grundsteuer für Wiese in Berchum massiv erhöht
Für diese rund 1500 Quadratmeter große Wiese an der Straße Lichtenböcken in Hagen-Berchum soll die Eigentümerin künftig rund 1682,64 Euro Grundsteuer zahlen. Bisher wurden 49,82 fällig. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Dabei handelt es sich um eine Fläche, die die Stadt nach eigenen Angaben nicht einmal als Baugrundstück klassifiziert. „Es gab mal sehr konkrete Pläne“, sagt Barbara Kötz, die als junge Ärztin Anfang der 90er-Jahre Hagen verlassen hatte und heute zwischen London und Oxford lebt und arbeitet. „Mein Vater hatte einen Bungalow entworfen, den meine Eltern dort realisieren wollten.“ Zwei Bauvoranfragen habe es gegeben: 1994 und 2008. Beide allerdings seien nicht erfolgreich gewesen.

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Steuer immer brav bezahlt

2018 hat Bärbel Kötz dann die Wiese in ihrem Heimatort geerbt. „Ich habe jedes Jahr brav die Grundsteuer bezahlt und mir zunächst auch weiter keine Gedanken gemacht, was mit dem Areal passieren kann“, sagt sie. „Und jetzt kriege ich plötzlich diesen Bescheid...“

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Die Diskussion um die Grundsteuerreform in Deutschland hat sie in England nur am Rand erreicht. „Meine Schwägerin hat mir davon berichtet, dass sie fürchtete, dass sich die Steuer erhöhen könnten“, sagt Barbara Kötz. Die Wiese in Berchum sei vor einigen Jahren mal auf einen Wert geschätzt worden, der zwischen 7000 und 8000 Euro liege. „Post aus Deutschland, mit der ich aufgefordert wurde, Angaben zur Ermittlung des Grundstückwerts zu machen, hat mich nie erreicht. Auch einen Grundsteuerwertbescheid habe ich folglich nicht bekommen.“

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Gerechtigkeitsempfinden gestört

Für die Ärztin steht fest, dass sie jetzt anwaltlichen Rat braucht. „Selbst wenn ich das Grundstück verkaufen wollte - wer würde es denn angesichts der nun fälligen Steuern nehmen?“, fragt sie.

Schon mehr als 185 000 Einsprüche gegen Grundsteuerbescheide
Viele Hagener sind beim Blick auf ihren Grundsteuerbescheid vom Glauben abgefallen. © DPA Images | Jens Büttner

Ganz ähnlich ergeht es Manfred Bardischewski. Für eine als Garten genutzte Fläche im Bereich Linscheid auf den Höhen im Süden von Hagen hat er über Jahre hinweg 25 Euro Grundsteuer pro Jahr bezahlt. Jetzt sind plötzlich 350 Euro fällig. „Das entspricht einer Steigerung in Höhe von 1300 Prozent“, sagt er, „mein Gerechtigkeitsempfinden lässt mir keine Ruhe mehr. Es steht zu befürchten, dass diese Grundsteuerreform bei den nächsten Wahlen Wasser auf die Mühlen der antidemokratischen Parteien ist.“

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Steigerung bei unbebauten Grundstücken

Für den Bund der Steuerzahler NRW sind diese beiden Hagener Beispiele keine Einzelfälle. „Diese extremen Steigerungen beobachten wir vor allem bei unbebauten Grundstücken“, sagt Joscha Slowik. „Die Betroffenen hätten schon gegen den Grundsteuerwertbescheid Einspruch einlegen müssen.“ Das sei nun formal nicht mehr möglich.

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Allerdings könne man Korrekturen vornehmen lassen. Nach Paragraf 222 des Bewertungsgesetzes muss dafür eine sogenannte Fortschreibung beantragt werden. Dann, so der Bund der Steuerzahler auf seiner Homepage, werde über die „Art oder Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit“ eine neue Feststellung getroffen. Falsche Angaben könnten so korrigiert werden.

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Die Stadt Hagen selbst kann sich ad hoc Steigerungen in diesem Ausmaß nicht erklären. „Wir gehen davon aus, dass das mit dem ermittelten Messbetrag zu tun hat“, sagt Sprecherin Franziska Michels. In diesem Fall könne es sein, dass bei der Bewertung des Grundstücks etwas schief gelaufen sei. Zuständig sei dann wiederum das Finanzamt.