Hagen. Der Rettungsdienst in Hagen wird weiter ausgebaut. Künftig sind zwei Rettungswagen mehr im Einsatz. Das ist die Idee hinter dem neuen Konzept.
Über allem, was nun folgt, schwebt dieses Ziel. Ein Ziel - und das soll nicht übertrieben dramatisch klingen -, welches im Zweifel über Leben und Tod entscheiden kann. Und dieses Ziel lautet: 90 Prozent des Stadtgebietes von Hagen sollen bei zeitkritischen Einsätzen innerhalb von acht Minuten erreicht werden, die ländlichen Bereiche innerhalb von zwölf Minuten.
„Das ist unser Ziel. Das müssen wir einfach hinkriegen. Das ist realistische machbar“, sagt Markus Haardt, Sachgruppenleiter Rettungsdienst bei der Feuerwehr Hagen, die gemeinsam mit den Hilfsorganisation Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter Unfallhilfe und Arbeitersamariterbund den Rettungsdienst (Träger ist die Stadt) stemmt. Derzeit erreiche man die vorgegebene Zeit in rund 70 Prozent der Fälle. Das sei im Vergleich zu anderen Kommunen bereits ein guter Wert, solle aber - siehe oben - noch besser werden.
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Zwei neue Standorte für Rettungswagen
Dieses neue Ziel ist einer der Gründe dafür, dass zwei weitere Standorte für Rettungswagen in Hagen zu den bisherigen hinzu kommen sollen: einer in Boele, im Hagener Norden, wo es ja einst das Johannes-Hospital gab. Und einer in Hohenlimburg, im eher abgelegeneren Nahmertal, aus dem heraus man wiederum auch die ländlichen Höhen im Hagener Süden schnell erreichen könnte.

„Wir sind derzeit bei neun Rettungswagen in der Stadt und gehen hoch auf elf“, erklärt Markus Haardt das Konzept, hinter dem ein Rettungsdienstbedarfsplan und zwischen 35.000 und 40.000 RTW-Fahrten pro Jahr stehen. Der Plan wurde lange Zeit nur alle fünf Jahre fortgeschrieben wurde, soll aber jetzt im Jahres-Rhythmus hinterfragt und angepasst werden soll. „Damit starten wir mit der Implementierung des Plans für 2024. Wir wollen künftig vor die Lage kommen.“
Standorte an Wachen und Kliniken
Standorte für Rettungswagen (hinzu kommen noch fünf Krankenwagen, die ebenfalls im Verbund mit den Hilfsdiensten gefahren werden) sind demnach die beiden Feuerwachen Mitte am Bergischen Ring und Ost an der Florianstraße in Hohenlimburg, das Evangelische Krankenhaus in Haspe, das Gerätehaus Haspe/Tücking/Wehringhausen, das Gerätehaus in Dahl sowie das Gerätehaus in Vorhalle - plus die beiden neuen Standorte, die noch nicht genau festgelegt sind. Hinzu kommen Einsatzfahrzeuge für Notärzte, die in an der Wache Ost, am Agaplesion Klinikum Hagen sowie am Evangelischen Krankenhaus Haspe stationiert sind.

Zur weiteren Verbesserung soll künftig auch eine einheitliche, eine strukturierte Notrufabfrage gehören, die wiederum eine im Rettungsdienstgesetz festgeschriebenen Qualitätssicherung ab dem Jahr 2025 vorsehe. „Das System ist computergestützt, und wir gehen davon aus, dass es dazu führen wird, dass wir häufiger ausrücken“, sagt Markus Haardt.
Arzt kann künftig zugeschaltet werden
Dazu kommt der Bereich der Telemedizin, der gemeinsam mit der Stadt Dortmund und dem Kreis Unna getestet werden soll. „Auf diese Art kann ein Arzt künftig in den Rettungswagen zugeschaltet werden“, sagt Peter Thiele, Sprecher der Feuerwehr Hagen, „der wiederum hätte dann Zugriff auf alle Patientendaten und könnte so die Rettungssanitäter schon auf der Anfahrt zur Notaufnahme unterstützen.“ Bisher habe man maximal drei Notärzte parallel im Einsatz, per Telemedizin wiederum sei bald zu jeder Zeit für jedes Fahrzeug ein Arzt verfügbar.

Darüber hinaus sollen Datensätze künftig aus dem RTW schon während der Anfahrt direkt an die Notaufnahme übertragen werden. Die Übergabe der Patienten könne man so erheblich verkürzen. „Das ist noch einmal ein riesiger Schritt nach vorn“, sagt Markus Haardt, „man kann auf diesem Wege auch Bilder übertragen, die beispielsweise Verletzungen oder auch die Unfallsituation zeigen, um den Kollegen die schnelle Versorgung zu vereinfachen.“
App für Ersthelfer in der Planung
Ein weiteres Tool, das zu einer Verbesserung der Erstversorgung beitragen könnte: eine sogenannte Ersthelfer-App. Über die könnten Menschen, die über eine fachliche Qualifikation verfügen, relativ schnell zu einem Unfall oder medizinischen Notfall in der Nähe ihres Aufenthaltsorts gerufen werden. „Dieses System wird für Hagen eingeführt“, sagt Haardt und verweist auf die Telefon-Reanimation, die schon erfolgreich angewandt worden sei. „Durch die App kann es gelingen, noch schneller professionelle Hilfe vor Ort zu haben.“

Zweischneidig bleibt bei all dem: „Die Hemmschwelle, den Rettungsdienst zu alarmieren, nimmt ab, die eingehenden Notrufe entsprechend zu“, sagt Peter Thiele, der von zuletzt 120.000 Anrufen pro Jahr berichtet, „den Kollegen in der Leitstelle bleiben am Telefon ca. 60 Sekunden Zeit, um herauszufinden, ob ein Rettungswagen tatsächlich erforderlich ist.“

Immer häufiger stelle sich vor Ort heraus, dass Verletzungen nicht so gravierend sind, wie sie beschrieben wurden. „Das ist ein Zwiespalt“, sagt auch Markus Haardt, „wir leisten gerne Hilfe. Aber wenn am Ende wegen eines verstauchten Fingers ein RTW eine Stunde unterwegs ist und an anderer Stelle viel dringender gebraucht würde - das zermürbt.“ Immer wieder müsse man auch erleben, wie Patienten mit gepackten Koffern am Straßenrand stünden und den Rettungsdienst als eine Art Bringdienst zum Krankenhaus missbrauchen wollten.