Brilon/Winterberg. Kneipen waren in der Pandemie lange geschlossen. Inhaber aus Brilon und Winterberg berichten von der neuen Realität im Ort der Begegnung.

Jeder Platz ist belegt in der Ratsschänke in Brilon. Große Tische mit vielen Stühlen und auch die kleineren Tische. Angeregte Gespräche werden geführt, der Lautstärkepegel ist entsprechend hoch. Ein guter Abend in der Kneipe von Jan Mittmann, der aber nicht den Alltag widerspiegelt. Ein Schützenverein nutzt die Gelegenheit für eine Sitzung. Sind Kneipen und Bars noch Orte der Begegnung wie vor der Pandemie? Oder haben die Kunden im Lockdown gemerkt, dass auch private Treffen ein guter Ersatz sein können? In Gesprächen mit Inhabern wird schnell klar: Es ist nicht wie es vorher war. Auch wenn die Gäste einen anderen Eindruck vermitteln.

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Jan Mittmann konnte in der Ratsschänke den Lockerungen sei Dank bereits mehrere Partys feiern. Ein starker Kontrast zu den vergangenen Monaten, die vor allem von Abstand geprägt waren. „Es ist fast wie vor der Pandemie“, sagt er, „Die Leute sind locker, die Maskenpflicht gilt an den Tagen nicht mehr, weil die Ratsschänke dann als Club gilt. Und an den anderen Tagen trinken die Gäste gemütlich.“ Sie wollen seiner Erfahrung nach raus, sind hungrig auf das Feiern. Das merkte er schnell, denn bei jedem Mal waren die Räume seiner Auskunft nach rappelvoll. im Rausch wurden die Regeln an den anderen Tagen stellenweise auch mal vergessen und der junge Unternehmer musste seine Kunden an sie erinnern, wenn zwischen den Tischen plötzlich getanzt wurde.

Jan Mittmann begrüßt nach dem Corona-Lockdown wieder Gäste in der Ratsschänke in der Innenstadt von Brilon.
Jan Mittmann begrüßt nach dem Corona-Lockdown wieder Gäste in der Ratsschänke in der Innenstadt von Brilon. © Unbekannt | Fabian Vogel

Das Publikum mischt sich bunt bei ihm. Stammtische schauen wie vor der Pandemie vorbei und jüngere Gäste schlagen am späteren Abend auf, um sich eine nette Zeit zu machen. „Die kommen dann in großen Trupps. Aber ich merke auch die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden. Wenn die Stammtische hier sind, gibt es leise im Hintergrund Radio und später dann die laute Musik, wenn die jüngeren Gäste ankommen“, erklärt Mittmann, „Das Feedback ist bisher sehr positiv. Alle freuen sich, dass sie wieder willkommen sind.“

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Doch von alleine würden die Gäste deswegen seiner Einschätzung nach nicht kommen. Gute Ideen sind nötig, um das junge Publikum zu erreichen, weil sie sich sonst daheim treffen. Denn das ist auch günstiger. Mittmanns Partys werden aber gut angenommen. Über 350 Anmeldungen in der Luca App verzeichnete er alleine bei einer seiner vergangenen Veranstaltungen.

Gäste freuen sich über Treffen in der Kneipe

Die Gäste sind auch erfreut. Maximilian Münstermann ist mit seinen Kumpels zu Gast. „Wir treffen uns jedes Wochenende in der Kneipe. Vor dem Ende des Lockdowns waren wir dann bei Freunden daheim.“ Aber der Flair in den eigenen vier Wänden ist nicht der gleiche und sie wollen lieber draußen Zeit miteinander verbringen. „Als der Bexkeller wieder geöffnet hatte, waren wir sofort da. Wir haben auf die Öffnung der Kneipen gewartet“, sagt Robin Haubold. Für sie ist die Kneipe auch in der Pandemie noch ein wichtiger Ort, um sich zu begegnen. „Das Zusammenkommen ist wichtig. Es wird getrunken, gesungen. Diese Möglichkeit sich treffen zu können ist zentral. Das lässt sich auch unter der Woche machen“, ergänzt David Iwinski.

Keine Party im Blackwater Irish Pub in Winterberg

Dan Corcoran erinnert sich noch an die Zeit vor der Pandemie. In seinem Blackwater Irish Pub in Winterberg „gab es Party, Livemusik, Stimmung. Es war die Hölle los. Viele Stammgäste waren da, Touristen, Einheimische und Gruppen.“ Dann kam Corona. Er wollte nicht schließen, versuchte auf dem Parkplatz mit viel Abstand ein Angebot zu schaffen. Der Plan ging auf bis der Lockdown kam. Im Anschluss änderte sich die Klientel plötzlich. „Die Urlaube fanden im Inland statt und viele Besucher dachten, hier wäre jetzt Mallorca. Ich musste dann Security besorgen.“ Die Gäste benahmen sich stellenweise nicht.

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Nach dem zweiten Lockdown wurde es aber wieder entspannter. Die Besucher hatten sich beruhigt und kamen zahlreich. Besonders die Fußballeuropameisterschaft brachte viel Kundschaft. Auf mehreren Fernsehern lassen sich auch heute die unterschiedlichsten Spiele verfolgen. „Wenn Deutschland gespielt hat, hatten wir Leinwände aufgebaut und zwischen 300 und 400 Leute waren hier. Das war cool und die Leute hielten sich an die Regeln bis auf ein paar wenige Experten“, sagt der gebürtige Ire, der das Pub seit 15 Jahren betreibt.

Dan Corcoran leitet das Blackwater Irish Pub in Winterberg.
Dan Corcoran leitet das Blackwater Irish Pub in Winterberg. © Unbekannt | Kevin Kretzler

Er würde sich über eine 2G-Regelung in Winterberg freuen, aber ist schon glücklich, dass wieder Bands auftreten können. Auch von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen.

Nur wenige Kunden hätten einen Coronatest. Die meisten sind geimpft. Zur Einordnung: An einem besucherstarken Wochenende kamen rund 1300 Gäste, nur 35 hatten ein negatives Testergebnis mitgebracht. Eine Party veranstalten traut er sich aber noch nicht. Trotzdem bemerkt er an der Kundschaft, dass die Kneipe nach wie vor eine große Rolle in der Freizeit spielt. „Auf der ganzen Welt gibt es Pubs. Dort triffst du Leute. Dazu gehört auch dieser gewisse Flair. Es ist wie ein zweites Zuhause.“