Brilon. In Brilon hat der Chemieriese Lanxess einen innovativen, biologisch abbaubaren Kunststoff entwickelt. Die Nachfrage der Industrie ist gewaltig.

Die Weltneuheit kommt aus Brilon und hat bereits für Aufsehen auf dem Werkstoffmarkt weltweit gesorgt. Egal ob Sohlen von Fußballschuhen, Bauteile für Autos oder Smartphone-Gehäuse - diese könnten bald mit einer neuen Version des Tepex-Werkstoffs aus Flachs biologisch abbaubar sein. Soll heißen, dass es bald möglich sein könnte, beispielsweise ein komplett recycelbares Handy auf dem Markt zu bringen. Dabei scheint der Anwendung des Materials keine Grenzen gesetzt zu sein.

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Made in Brilon: Das ist mit dem nachhaltigen Kunststoff alles möglich

Tepex ist der Markenname für spezielle Faserverbundkunststoffe, die eine deutlich höhere Festigkeit als Stahl oder Aluminium besitzen, aber weit weniger wiegen. Das Briloner Unternehmen Bond Laminates stellt es in seinem Werk am Patbergschen Dorn her.

Den Stolz merkt man den Leiter der Forschung und Entwicklung bei Lanxess, Stefan Seidel, an. Der 34-jährige Paderborner hält ein braunes, quadratisches Kunststoffteil in der Hand und wiegt es auf und ab. Mit diesem sogenannten Demonstrator-Bauteil erklärt er, was mit diesem unscheinbaren Bio-Kunststoff alles möglich ist.

Stefan Seidel ist Leiter von Forschung und Entwicklung bei Lanxess in Brilon
Stefan Seidel ist Leiter von Forschung und Entwicklung bei Lanxess in Brilon © Benedikt Schülter

Made in Brilon: Vorstellung auf internationaler Pressekonferenz

Gemeinsam mit seinem Team hat er innerhalb von drei Jahren eine neue Variante des Verbundwerkstoffs Tepex entwickelt, dass zu 100 Prozent auf den biologischen Rohstoffen Flachs und Polymilchsäure basiert. „Wir haben Gewebe aus der Naturfaser Flachs mit biobasierter Polymilchsäure als Matrixkunststoff kombiniert und auf diese Weise einen Verbundwerkstoff entwickelt, der komplett aus natürlichen Ressourcen hergestellt wird. Wir können ihn inzwischen in großserientauglicher Qualität produzieren“, erklärt er.

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Flachs sei die beste Option, da er den Ansprüchen für die Festigkeit des Tepex-Materials genüge und auch in großen Mengen zu bekommen sei, sagt Seidel. Andere Naturfasern würde man aber für die Zukunft nicht ausschließen. Das Interesse der Industrie nach dem neuen Werkstoff ist auf jeden Fall sehr groß. Das habe man besonders bei der Fachmesse für Kunststoffverarbeitung Fakuma spüren können, sagt Seidel. Auf einer internationalen Pressekonferenz wurde das Produkt vorgestellt - die Nachfrage danach sei enorm.

Im Lanxess Werk in Brilon wird ein nachhaltiger Kunststoff aus Polymilchsäure und Flachs hergestellt. Links eine Platte aus dem herkömmlichen Tepex-Material, rechts die neue biologische Version. Beide Materialien können beispielsweise als Smartphone-Gehäuse eingesetzt werden.
Im Lanxess Werk in Brilon wird ein nachhaltiger Kunststoff aus Polymilchsäure und Flachs hergestellt. Links eine Platte aus dem herkömmlichen Tepex-Material, rechts die neue biologische Version. Beide Materialien können beispielsweise als Smartphone-Gehäuse eingesetzt werden. © WP | Benedikt Schülter

Made in Brilon: Deshalb will die Industrie diesen Stoff

„Wir haben mit Industriezweigen Gespräche geführt, mit denen wir vorher wenig bis gar nichts zu tun hatten“, sagt Seidel. Darunter sei beispielsweise eine Firma gewesen, die Besteckkästen herstellt und ein Unternehmen, dass erwägt, aus dem Material Teile für einen Satelliten herzustellen. „Denkbar ist eigentlich fast alles“, sagt Seidel.

Das Interesse der Wirtschaft an biologischen, recycelbaren Rohstoffen ist verständlich. Immer mehr Länder wollen ihre Ökobilanz verbessern. Unternehmen geraten zunehmend unter Druck, möglichst klimaneutral zu produzieren. Auch die Ansprüche der Verbraucher und Geschäftskunden steigen. Das macht die Erfindung aus Brilon so attraktiv. Lanxess selbst will bis 2040 klimaneutral sein.