Langenberg. Elke Brandes-Peter aus Langenberg entwirft Kleidungsstücke, macht aus alten Stoffen neue Mode. Den Anstoß dazu gab die Zeit bei ihrer Großmutter.

Jeden Morgen geht der Blick von Elke Brandes-Peter erst einmal online: Über eine App, in der Nutzerinnen und Nutzer Fotos von allerlei Kreativem hochladen, findet die Langenbergerin ihre Inspiration. Gefällt ihr eine Idee, schmeißt sie den Drucker an.

Und so sind die Schränke in ihrem Arbeitszimmer gepflastert mit Ausgedrucktem: Schnittmuster, Farbkombinationen, Design-Details. Denn Elke Brandes-Peter ist Mode-Designerin – nach wie vor, trotz Ruhestand. Nur dass sie nun nicht mehr für eine große Mode-Kette entwirft, sondern für sich.

Modezeichnerin Elke Brandes-Peter in ihrem Werkraum: Schon als Kind bekam sie den Grundstein für ihre Karriere gelegt.
Modezeichnerin Elke Brandes-Peter in ihrem Werkraum: Schon als Kind bekam sie den Grundstein für ihre Karriere gelegt. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Der Oma über die Schulter geschaut

„Infiziert worden bin ich schon von meiner Oma“, blickt die Langenbergerin zurück. Drei Jahre alt sei sie gewesen, als sie der Großmutter zuschaute, wie die Kleider genäht hat. „Und mit 12 wusste ich, dass ich Modezeichnerin werden wollte.“ Sie lacht. „Damals ein Hirngespinst, was man als Mädchen so hat.“

Sie habe damals Kleider für ihre Puppen entworfen, „ein bisschen rumgeschnibbelt und genäht“, damit die Puppen „etwas Nettes zum Anziehen hatten“. Doch die Idee lässt sie nicht los: In der Schule – sie besucht unter anderem zwei Jahre eine Hauswirtschaftsschule – hat sie sogar eine Modenschau.

Ausbildung zur Schneiderin

Es folgt „eine richtige Handwerkslehre“, erzählt sie weiter. Als Schneiderin. Danach wird sie Musternäherin bei der Damenoberbekleidungsfirma Hubert Kogge (HUKO) in Gelsenkirchen. „Meine Mutter hat mich dann irgendwann dazu gebracht, mich in Düsseldorf an der Modeschule zu bewerben.“

Sie habe zwar keine Mappe gehabt, „die haben mich aber trotzdem mit Handkuss genommen“, erinnert sich die Designerin. „Ich hatte schließlich eine fundierte Ausbildung.“ Drei Jahre bleibt sie, „eine tolle Zeit!“, und hat im Anschluss „Riesenglück“.

Schnittmuster hängen im Atelier von Elke Brandes-Peter. Seit ihrem Ruhestand schafft sie eigene, kleine Kollektionen.
Schnittmuster hängen im Atelier von Elke Brandes-Peter. Seit ihrem Ruhestand schafft sie eigene, kleine Kollektionen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

„Beste Entscheidung getroffen“

Denn die Kette C&A sucht eine Modezeichnerin. „Ich hatte zwar drei weitere Angebote, aber die Entscheidung für C&A war die beste, die ich treffen konnte“, sagt Elke Brandes-Peter. „Ich hatte tolle Chefs und war viel auf Reisen.“

Bis nach Indien geht es auf der Suche nach Mustern und Schnitten. „Wir sind auch viel in Italien gewesen, zum Beispiel auf exklusiven Stoff-Messen am Comer See.“ Einiges habe sie dort erlebt, besonders in Erinnerung geblieben ist ihr eine kleine Insel mit einem Restaurant, „das seit 50 Jahren das gleiche Menü anbietet.“

Chefs lassen sich gerne einkleiden

Sie ist für Damen- und Umstandsmode zuständig, „hochwertige Mode“, sagt die Langenbergerin. Und sie überzeugt: „Ich habe sogar die Chefs privat eingekleidet.“ Der Job sei „wirklich eine Berufung“ für sie gewesen. „Und deswegen mache ich das heute auch noch weiter.“

Die bisherigen Folgen

Die Serie „Kulturszene LA“ stellt Kulturschaffende aller Genres aus Langenberg vor. Hier finden Sie, liebe Leserinnen und Leser, die bereits veröffentlichten Folgen:

Folge 1: Nina Reddig (Geige)

Folge 2: Rüdiger Scheipner (Saxophon)

Folge 3: Birgitt Haak (Künstlerin)

Folge 4: Peter Dreist (Künstler/Kunstlehrer)

Folge 5: Annette Haupt (Autorin)

Folge 6: DJ Ralle

Folge 7: Petra Halfmann (Singer/Songwriter)

Folge 8: Günter Seekatz (Maler)

Folge 9: Birgit Angern-Dorgarten (Malerin)

Folge 10: Martina & Thomas Hoeveler (Theater/Musik)

Folge 11: Martin Tchiba (Pianist/Komponist/Multimedia-Künstler)

Folge 12: Bürgerhausorchester Collegium Musicum

Folge 13: „Atelier 12“ (vier Malerinnen)

Folge 14: Elke Brandes-Peter (Mode-Designerin)

Folge 15: Ruben Schwarz (Autor)

Folge 16: Das Rockgerät (Band)

Folge 17: IHLA-Combo (Musik)

Folge 18: Simona Menzner (Malerin)

Seit sie in Rente gegangen ist, hat sie kleinere Kollektionen entworfen. Eine Ausstellung an der Niebuhrg in Oberhausen lief so gut, dass ihr Vorhaben richtig Fahrt aufnahm.

„Vintage und Nachhaltigkeit“

Auch bei Alldie engagiert sie sich, „dann kam Corona.“ Der Kunst- und Handwerkermarkt fand erst in diesem Jahr wieder statt. „Die Sachen, die ich dann nicht loswerde, gehen nach Hattingen zu Ela Mikfeld.“ Die verkaufe die Mode dann in Kommission.

Elke Brandes-Peters Spezialität ist es, alte und gebrauchte Sachen wiederzuverwenden. „Vintage und Nachhaltigkeit sind ja in, ich liege sozusagen voll im Trend.“ So werden etwa aus alten Tischdecken neue Sommerblusen, aus Jeans werden Taschen, außergewöhnliche Blazer entstehen.

Arbeiten per Hand

Als Modell diene sie selbst, „die Sachen haben also meine Größe“, sagt die Designerin lachend. Scheint aber zu passen, denn „die verkaufen sich ganz gut.“ Für einen Blazer benötige sie in der Regel einen Tag, also sechs Stunden Arbeit: „Zuschnitt, nähen, Aussuchen der Zutaten.“

Gearbeitet wird per Hand und mit der Nähmaschine. Und hinten im Arbeitszimmer steht noch eine Besonderheit, fast schon ein museales Artefakt: eine Kettelmaschine, per Pedal betrieben. „Die dient zum Versäubern der Nähte“, erläutert die Langenbergerin. Und stammt noch aus ihrer Zeit bei C&A.

Modestadt Gelsenkirchen

Das Ruhrgebiet entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem regionalen Standort der Bekleidungsindustrie in Westdeutschland – insbesondere in Gelsenkirchen. Die Stadt förderte etwa gezielt die Ansiedlung ehemaliger ostdeutscher Bekleidungsbetriebe.

Der Großteil spezialisierte sich auf Oberbekleidung – praktische und preiswerte Gebrauchskleidung, die in Fachkreisen als „Gelsenkirchener Genre“ bezeichnet wurde.

Weniger Nachfrage leitete bereits Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre die Textilkrise ein. Die zunehmende Verlagerung der Produktion ins Ausland führte schließlich dazu, dass nur noch wenige Unternehmen vor Ort produzierten.