Langenberg. Schon als Kind wollte die Langenbergerin Nina Reddig Geige spielen lernen. In Essen entdeckte sie ihre Liebe zu einer besonderen Musik-Spielart.

„Mama, ich will das auch.“ Drei Jahre alt war Nina Reddig, als sie diesen Satz sagte. Da hatte sie gerade ihre Cousine Geige spielen gehört. „Das ist total eingeschlagen“, erzählt sie zurückblickend. Bis sie endlich loslegen durfte, dauerte es allerdings noch drei Jahre. Und heute organisiert die gebürtige Sauerländerin ihr eigenes Festival. Aber der Reihe nach.

„In meiner Familie wurde immer schon sehr viel Musik gemacht“, erzählt die Musikerin, die Langenberg zur Wahl-Heimat erkoren hat. Ein Klavier gab es, „und wir haben viel gesungen: Volkslieder, Kirchenlieder und natürlich an Weihnachten“.

Mit sechs Jahren beginnt der Unterricht

Ihr Wissen gibt die gebürtige Sauerländerin Nina Reddig (ganz rechts) gerne an junge Musikerinnen und Musiker weiter. Dazu hat sie gemeinsam mit Johannes Gehring (hinten rechts) die Festival-Akademie gegründet. Das Foto zeigt die Teilnehmer aus dem Sommer 2020 zusammen mit Gastmusiker Robert Weinsheimer (links, Klavierbegleitung).
Ihr Wissen gibt die gebürtige Sauerländerin Nina Reddig (ganz rechts) gerne an junge Musikerinnen und Musiker weiter. Dazu hat sie gemeinsam mit Johannes Gehring (hinten rechts) die Festival-Akademie gegründet. Das Foto zeigt die Teilnehmer aus dem Sommer 2020 zusammen mit Gastmusiker Robert Weinsheimer (links, Klavierbegleitung). © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Doch die kleine Nina brauchte Geduld. Erst mit sechs Jahren durfte sie an der musikalischen Früherziehung teilnehmen. „Ich erinnere mich noch genau an die Euphorie, die ich verspürt habe, als ich zum ersten Mal eine Geige mit nach Hause nehmen durfte.“ Nina Reddigs Augen strahlen, als sie das erzählt.

„Ich habe dann ständig da gesessen und geübt. Die Geige war sozusagen mein Lieblingsspielzeug.“ Ganz schnell habe das Instrument für sie eine große Wichtigkeit gehabt: „Vielleicht habe ich eine Stimme gesucht, mit der ich mich ausdrücken kann“, überlegt sie. „Tasteninstrumente liefern Harmonien, während Melodieinstrumente wie eine eigene Stimme wirken.“

Buden bauen und „Banden“ gründen

Die Musik wird ihr in den Kinderjahren so wichtig, dass sie mehr wird, als ein Hobby. „Nein“, sagt sie heute, „der Begriff passt vom Gefühl her gar nicht bei mir.“ Die Musik, die Geige, das beides sei ihr „ganz existenziell wichtig gewesen.“ „Meine Hobbys waren Buden bauen im Wald und ,Banden’ gründen“, sagt sie lachend und fährt fort: „In dem Sinne ist mein Trio ja auch so etwas wie eine Bande.“

Zurück zum Werdegang. Schon in der Grundschule, so erinnert sich Nina Reddig, will sie Musik studieren. „Wenn ich das von heute betrachte, denke ich: ,Wow’. Aber dieser Gedanke war für mich zu der Zeit völlig normal.“

Mit neun Jahren ins Jugendorchester

Parallel zur Grundschule besucht sie die Musikschule in Altena, mit neun Jahren spielt sie schon im gerade gegründeten Jugendorchester. „Das war eine unfassbare Erfahrung“, erzählt Nina Reddig. „Wenn man plötzlich die großen Werke der Musikgeschichte spielen darf, das haut einen um.“

Diese Erfahrung motiviert sie, zusätzlichen Druck durch die Eltern braucht sie nicht. Und den gibt es auch nicht. „Ich bin nicht so ehrgeizig aufgewachsen. Mein innerer Drang war groß genug. Wenn dann noch Druck von außen gekommen wäre, hätte ich vielleicht aufgehört“, sagt die Musikerin heute.

Das Studium beginnt

Mit 15 geht sie als Jungstudentin an die Folkwang-Hochschule nach Essen, macht dort die „klassische Jugendorchester-Karriere“, sagt Nina Reddig. Sie spielt erst im Landes- später im Bundesjugendorchester. „Das war für mich Erleuchtung und Erlösung gleichzeitig“, ist sie sich sicher.

Mit dem Langenberg Festival hat Nina Reddig eine Veranstaltung ins Leben gerufen, die inzwischen weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Auch in diesem Jahr wird das Festival wieder stattfinden.
Mit dem Langenberg Festival hat Nina Reddig eine Veranstaltung ins Leben gerufen, die inzwischen weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Auch in diesem Jahr wird das Festival wieder stattfinden. © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert

„In der Schule war ich als Geigerin immer die Exotin, hatte keine Freunde und habe darunter wirklich gelitten“, erzählt sie. „Aber die Orchesterfahrten waren für mich Inseln des Lichts. Da hatte ich meine Freunde und das hat mich über meine Teenie-Zeit gerettet.“ Diese Freundschaften pflegte sie per Brief – WhatsApp und Facebook gab es in den 1990ern ja noch nicht. „Deswegen bin ich jeden Mittag erst einmal zum Briefkasten gegangen.“ Tonnenweise Brieffreunde habe sie damals gehabt.

„Eine wunderbare Hochschule“

Das Studium in Essen genießt Nina Reddig, hat schon vor den Abiprüfungen eine Wohnung in der Ruhrmetropole gefunden. Parallel zu den Abiturprüfungen legt sie die Aufnahmeprüfung ab, wird genommen. „Das ist einfach eine wunderbare Hochschule“, schwärmt sie noch heute. „Ich hatte eine tolle Clique, dazu dieses wunderbare Gebäude. Das war einfach inspirierend.“

Im Studium entdeckt Nina Reddig auch ihre Liebe zur Kammermusik, gründet ihr eigenes Trio. Was sie an dieser Art der Musik so begeistert? „Es gibt keinen Dirigenten, es ist sehr geheimnisvoll, wie das Zusammenspiel funktioniert.“

Lieber Kammermusik als Orchester

Nina Reddig (l) liebt Kammermusik, da hier die Musikerinnen und Musiker Spielraum haben, um sich zu entfalten. Auch ist die Harmonie untereinander unglaublich wichtig.
Nina Reddig (l) liebt Kammermusik, da hier die Musikerinnen und Musiker Spielraum haben, um sich zu entfalten. Auch ist die Harmonie untereinander unglaublich wichtig. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Die Musikerinnen und Musiker müssten sehr genau aufeinander hören, auf einer Welle schwimmen, aufeinander reagieren. „Man muss in der Lage sein, zu führen, aber auch, sich führen zu lassen, sich zurückzunehmen“, erläutert die Geigerin. Spiele ein Partner ein Thema, „dann fühle ich das so, als ob ich das selbst spiele“, versucht sie die Faszination in Worte zu fassen. „Diese gemeinsame Schwingung, diese gemeinsame Identität, das ist faszinierend.“

In ein Orchester habe sie sich seitdem nicht wieder zurückgesehnt. „Ich habe mir meinen Traum erfüllt“, sagt sie bestimmt. „Mein Leben ist super selbstbestimmt.“ So sehr sie auch die Jugendzeit geliebt habe, „irgendwann möchte man selbst gestalten. Und dafür bietet ein Orchester nur einen recht kleinen Spielraum.“

„Winter Session“ im Februar

Das nächste Mal zu hören ist Nina Reddig in Langenberg am 26. Februar: Dann steht in der Eventkirche die „Winter Session“ an. Schauspieler Michael Mendl liest aus „Krabat“, außerdem treten Teilnehmer der Festival Akademie gemeinsam mit Nina Reddig und Johannes Gehring auf.

Langenberg Festival 2022

Auch im dritten Corona-Herbst wird es das Langenberg Festival geben, diesmal am ersten November-Wochenende.

Mit Maximilan Hornung ist einer der besten Cellisten Deutschlands zu Gast, dazu kommt Gareth Lubbe. Er ist Professor an der Folkwang-Uni und wird – wie schon beim allerersten Festival – Oberton-Gesang darbieten.

Mit dem Festival möchte Nina Reddig „vor der Haustür etwas machen“, den Leuten etwas bieten und sich vernetzen.

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