Langenberg. Die Integrationshilfe Langenberg (IHLA) unterstützt seit 2015 Geflüchtete beim Ankommen. Ein fester Bestandteil der Arbeit ist die IHLA-Combo.

Besondere Zeiten erfordern besondere Anstrengungen: Es war im Spätsommer 2015, als Gero Sinha und andere Eltern Langenberger Gymnasiasten hilflos zusehen mussten, wie die Stadt Velbert 150 Geflüchtete aus 15 Ländern in der Schul-Turnhalle einquartierte.

Hilflos waren sie, weil sie gern helfen wollten, aber keinen Schimmer hatten, wer da überhaupt kam; was die Menschen benötigten; wie ihnen geholfen werden könnte. Um nicht tatenlos zuzuschauen, begann Sinha, kleinere Arbeiten zu koordinieren: Er schrieb Kontaktlisten und notierte, was von wem wo gebraucht wurde.

IHLA in 2015 gegründet

„Die Stadt Velbert war überfordert, es gab ja gar keine Strukturen, das baute sich dann erst langsam auf“, hatte Sinha vor einigen Jahren im Gespräch mit dieser Zeitung gesagt. Die Eltern der Gymnasiasten jedenfalls waren von Anfang an zur Stelle, halfen, wo sie konnten – und gründeten Ende 2015 die IHLA, die Integrationshilfe Langenberg, deren Vorsitzender Sinha noch heute ist.

Mit den Jahren hat der Verein ein großes Netzwerk aufgebaut: Mittlerweile ist die Zusammenarbeit mit der Stadt Velbert eng, zusätzlich gibt es auch Kooperationen mit dem Begegnungszentrum Klippe 2 oder der Windrather Talschule. Der Verein hat 120 Mitglieder, viele von ihnen sind selbst Geflüchtete.

Musik ist fester Bestandteil der Arbeit

Die IHLA-Combo ist ein integratives Musikprojekt und besteht zum Teil aus Geflüchteten und zum Teil aus Deutschen.
Die IHLA-Combo ist ein integratives Musikprojekt und besteht zum Teil aus Geflüchteten und zum Teil aus Deutschen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Ein fester Bestandteil des Vereins ist die Musik: „Mit unserer IHLA-Combo warten wir ein bisschen auf bessere Zeiten“, sagt Gero Sinha zur aktuellen Situation. „Im Moment bereiten wir uns zwar auf das Europafest vor, aber wie genau unser Auftritt da aussehen wird, weiß natürlich noch keiner.“

Und sowieso: Die Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine überschatten momentan alles. Sinha arbeitet jeden Tag von morgens bis abends im Begegnungszentrum „Info Point Ukraine“.

Trotzdem soll das integrative Musikprojekt „IHLA-Combo“, das es seit mehr als fünf Jahren gibt, nicht zu kurz kommen. Es besteht aus Geflüchteten und Deutschen gleichermaßen und kooperiert mit der städtischen Musik- und Kunstschule. Für die IHLA ist die Musikgruppe ein wichtiger Teil ihrer Integrationsarbeit, weshalb Sinha selbst, sein Sohn Roy und seine Frau Christine ebenfalls Teil der Gruppe sind.

Die bisherigen Folgen

Die Serie „Kulturszene LA“ stellt Kulturschaffende aller Genres aus Langenberg vor. Hier finden Sie, liebe Leserinnen und Leser, die bereits veröffentlichten Folgen:

Folge 1: Nina Reddig (Geige)

Folge 2: Rüdiger Scheipner (Saxophon)

Folge 3: Birgitt Haak (Künstlerin)

Folge 4: Peter Dreist (Künstler/Kunstlehrer)

Folge 5: Annette Haupt (Autorin)

Folge 6: DJ Ralle

Folge 7: Petra Halfmann (Singer/Songwriter)

Folge 8: Günter Seekatz (Maler)

Folge 9: Birgit Angern-Dorgarten (Malerin)

Folge 10: Martina & Thomas Hoeveler (Theater/Musik)

Folge 11: Martin Tchiba (Pianist/Komponist/Multimedia-Künstler)

Folge 12: Bürgerhausorchester Collegium Musicum

Folge 13: „Atelier 12“ (vier Malerinnen)

Folge 14: Elke Brandes-Peter (Mode-Designerin)

Folge 15: Ruben Schwarz (Autor)

Folge 16: Das Rockgerät (Band)

Folge 17: IHLA-Combo (Musik)

Folge 18: Simona Menzner (Malerin)

Neues Konzept

„Wir haben im letzten Jahr ein neues Konzept entwickelt“, erläutert der Vorsitzende. „Wir haben die Gruppe in drei Blöcke geteilt: Die Hauptband (die Menschen, die alle Lieder auf verschiedenen Instrumenten beherrschen), den Percussion-Block sowie den Teil der Gruppe, in dem sich die neuen Mitglieder finden sowie diejenigen, die aus beruflichen, schulischen oder anderen Gründen wenig Zeit haben und deshalb nicht immer mit uns proben können.“

Gero Sinha ist Vorsitzender der IHLA und genauso wie Sohn Roy und Frau Christine in der Combo aktiv.
Gero Sinha ist Vorsitzender der IHLA und genauso wie Sohn Roy und Frau Christine in der Combo aktiv. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Dieser letzte Block soll die Percussion-Gruppe unterstützen. Man wolle so die Gruppe weiter voranbringen, ohne dass sich die Neuen – zu denen mittlerweile auch einige ukrainische Geflüchtete zählen – gestresst fühlten. „So können wir sie direkt mitnehmen“, sagt Sinha.

Song einstudiert und aufgenommen

Trotz Corona hat die Gruppe im Jahr 2021 übrigens ihre Version des Toten-Hosen-Klassikers „An Tagen wie diesen“ produziert. „Wir haben zwar online ein wenig geübt – aber aufnehmen geht so nicht, sei es wegen der Tonqualität oder der Zeitverzögerung. Das muss man live machen.“

Gesagt, getan. Nach negativem Corona-Test fanden sich die einzelnen Mitglieder im Aufnahmestudio ein, um ihren Teil des Liedes einzuspielen oder -singen. Ein Musiklehrer ist 2021 ebenfalls dazugestoßen – „mit ihm wollen wir unsere Lieder künftig auch mit Noten aufschreiben“, sagt Gero Sinha.

Ukraine-Krieg sorgt für neue Aufgaben

Während der Pandemie ist die IHLA nicht geschrumpft, sondern sogar gewachsen. Und die russische Invasion der Ukraine hat – leider – dafür gesorgt, dass es wieder eine Menge neuer Aufgaben gibt.

Die zumeist jungen ukrainischen Geflüchteten wurden von Helferinnen und Helfern der IHLA registriert, untergebracht – und einige der Kinder gehen bereits zur Schule.

Praktikum und Studienplatz

Geholfen etwa hat die IHLA Samer Mouhammad. Er ist 2015 nach Velbert gekommen, nachdem er in Syrien IT-Technik studiert hatte. Wegen der Sprachbarriere – und jüngst auch wegen der Coronapandemie – ist es für ihn schwierig gewesen, in diesem Bereich Arbeit zu finden, weshalb er aktuell eine Weiterbildung zum Service-Fahrer absolviert.

Die Flüchtlinge Sina Khudida und Samer Mouhammad sind von der IHLA betreut worden und in Deutschland angekommen.
Die Flüchtlinge Sina Khudida und Samer Mouhammad sind von der IHLA betreut worden und in Deutschland angekommen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Den Traum von der Arbeit in der IT-Branche aber hat er längst nicht abgeschrieben: „Ich fange jetzt ein Praktikum als Web-Entwickler an. Ich hatte viele Vorstellungsgespräche, aber erst jetzt hat es funktioniert. Alle Firmen wollen jemanden mit Erfahrung, aber wenn mir keiner die Möglichkeit gibt, diese Erfahrung zu sammeln, ist es schwierig. Jetzt aber hat es geklappt – das ist gut!“

Studium in Darmstadt begonnen

Ebenfalls unter den Fittichen der IHLA stand Sina Khudida. Die junge Irakerin hat gerade ein Studium der Kognitionswissenschaft in Darmstadt begonnen, lebt aber noch in Essen – aktuell sind alle Vorlesungen online. „Das Studium macht mir Spaß, ist aber natürlich auch ein bisschen stressig.“ Was Khudida irgendwann einmal machen möchte, weiß sie noch nicht genau. „Aber wahrscheinlich etwas mit Künstlicher Intelligenz oder Neurowissenschaften.“

Doch selbst in einer dunklen Zeit gibt es noch schöne Geschichten: Der frisch gewählte Schriftführer der IHLA ist mit Ammar Alabdurahim jemand, der selbst als Flüchtling nach Deutschland gekommen war. „Er wohnt in Langenberg und erwartet jetzt mit seiner Frau das erste Kind – er ist richtig angekommen.“

Erreichbar ist die IHLA unter 0176 64377078 oder info@ihla-verein.de. Weitere Info: ihla-verein.de.