Oberhausen. Die Kosten für eine Photovoltaik-Anlage gehen schnell in die Zehntausende. Doch Hausbesitzer können erläutern, warum sich die Anschaffung lohnt.
- Nach dem Wirrwarr um das Gebäudeenergiegesetz, auch Heizungsgesetz genannt, hat sich das Interesse der Hauseigentümer an Wärmedämmung, Heizungstausch und Solartechnik erst einmal gelegt.
- Schließlich sind die Baupreise so sehr in die Höhe geschossen und die künftige Förderung ist immer noch unklar, dass viele Hausbesitzer mit ihren Investitionen warten oder lieber gar nicht mehr handeln.
- Doch bei einem Ortsbesuch mit Fachleuten zeigt der Eigentümer eines ganz normalen Einfamilienhauses, dass sich Solartechnik auszahlt – selbst bei einer Investition von satten 20.000 Euro.
„Lohnt sich das für mich?“, das ist die eine große Frage, für die sich knapp 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Bewegung setzen. Sie nehmen an einem Spaziergang teil, auf dem Mitarbeitende von „Innovation City“ und Verbraucherzentrale Oberhausen in Osterfeld-Mitte über die Möglichkeiten und Grenzen einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach aufklären. Um die Sache greifbarer zu machen, haben sich die Veranstalter einen Coup einfallen lassen.
Serie: Hilfe und Tipps zu Photovoltaik-Anlagen
Sie interessieren sich für eine Solaranlage? Unsere Photovoltaik-Serie klärt über alle wichtigen Fragen auf. Lesen Sie hier alle Folgen:
- Teil 1: Photovoltaik auf dem Dach: Was Einsteiger wissen müssen
- Teil 2: Die ersten Schritte zur eigenen Solaranlage
- Teil 3: So finden Sie den richtigen Handwerksbetrieb
- Teil 4: Das Wichtigste über Solarmodule und Technik
- Teil 5: Kosten, Erträge, Renditen: Wann Solaranlagen Geld verdienen
- Teil 6: Photovoltaik-Anlagen: Wo es in NRW noch Fördergelder gibt
- Teil 7: Neue Regeln für 2023: Die wichtigsten Steuertipps
- Teil 8: Mieten statt kaufen – lohnt sich das?
- Teil 9: Wartung, Pflege, Pflichten: So laufen PV-Anlagen 20 Jahre
- Teil 10: Solarboom in NRW: Alles über Balkonkraftwerke
Die Serie ist auch als digitales Themenheft erschienen, das Sie online kostenlos herunterladen können. Bestellung unter waz.de/photovoltaik.
Mehr Texte rund um Nachhaltigkeit lesen Sie auf unserer Themenseite „Fair Ändern - so geht Nachhaltigkeit im Alltag“
Los geht’s im Quartiersbüro Osterfeld an der Gildenstraße 20. Sanierungsmanager Florian Krause punktet mit diesen Fakten: Das Projekt „Innovation City“ geht ins vierte Jahr. Was das ist? Kurz zusammengefasst: Klimaschutz von unten. Eigenheim- und Mehrfamilienhaus-Besitzer werden aktuell in den Stadtteilen Osterfeld-Mitte/Vondern und Alstaden-West (bald auch in Schmachtendorf) kostenlos so ausführlich beraten, dass sie die wirtschaftlich und ökologisch sinnvollste Lösung für ihr Eigentum finden können. Wärmedämmung, Heizungstausch, neue Fenster und Türen, eine Photovoltaik-Anlage – gesucht wird, was passen könnte. Dabei durchforsten die Berater auch den Dschungel der Fördertöpfe der Europäischen Union, des Bundes, Landes und der Stadt Oberhausen.
140 Förderanträge landeten allein im Briefkasten des Osterfelder Büros. Die Kommune bewilligte dafür rund 330.000 Euro. Zwischenergebnis: „Durch Sanierungen sparen wir bereits 340 Tonnen Kohlendioxid (CO2) pro Jahr ein.“ Nicht viel? Nun, die Pilotkommune Bottrop konnte ihre Emissionen von 2010 bis 2020 so um die Hälfte reduzieren. Denn dort zeigte sich erstmals, womit auch Oberhausen nun trumpft: Einmal überzeugt, lassen sich die Eigentümer nicht lumpen. Insgesamt flossen bereits 2,2 Millionen Euro ins Oberhausener Quartier. Fakt ist: „Die Eigentümer in Osterfeld investierten zusätzlich zu jedem Euro, den sie als Fördermittel erhielten, aus eigener Tasche weitere 6,83 Euro“, sagt Krause und lässt dabei seinen Blick voller Zuversicht über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der aktuellen Veranstaltung schweifen.
Coup des Oberhausener Photovoltaik-Spaziergangs: Eigenheimbesitzer erklärt Anlage
Die ziehen jetzt gemeinsam los zu Eberhard Burger. Der 77-Jährige wohnt in der Nähe und hat sich zu einer Führung durch sein Eigenheim bereiterklärt. Vor knapp drei Jahren hatte sich Burger für den Einbau einer Photovoltaik-Anlage entschieden. „Weil ich etwas für die Umwelt tun wollte, aber auch, weil die Strompreise schon damals immer teurer wurden.“ Bereut habe er das bis heute nicht. 18 PV-Panels hat er auf dem Dach, die benötigte zusätzliche Stromleitung musste von außen längs des Regenablaufrohres in den Keller geführt werden. „Das war aber kein Problem“, meint Burger rückblickend.
„Wie lange hat es von der Entscheidung bis zum Einbau gedauert?“, will ein Teilnehmer wissen. „Drei Monate“, sagt Burger und erntet damit Erstaunen. Martina Zbick von der Verbraucherberatungsstelle Oberhausen, die die Veranstaltung begleitet, räumt ein: „Heute sind die Wartezeiten länger.“ Nur knappe zwei Tage habe dann der reine Einbau gedauert, erzählt Burger munter weiter. Der Oberhausener hatte sich für einen Batterie-Speicher als Ergänzung entschieden, damit er den Strom auch abends nutzen kann. „Für die Anlage musste ich einen neuen Stromzähler einbauen lassen.“ Kostenfaktor: „Rund 200 Euro – damals jedenfalls.“
Eine Wallbox zum Laden des Elektroautos von der EVO bestellte Burger gleich mit. „Wir waren schon lange nicht mehr an einer Tankstelle.“ Rund 5000 Kilowattstunden erzeugt seine PV-Anlage im Jahr, 2000 Kilowattstunden davon verbraucht der Zwei-Personen-Haushalt. Den Überschuss speist die Anlage ins öffentliche Stromnetz. „Dafür erhalten wir jährlich eine Vergütung von rund 300 Euro.“
Oberhausener erhielt fast 5000 Euro an Fördermitteln
Was er für die komplette Anlage bezahlt hat? „Insgesamt 20.000 Euro.“ Durch Fördermittel der Kommune und der Bezirksregierung sei der Preis aber auf 15.000 Euro gesunken. „Die Fördermittel von der Bezirksregierung gibt es heute aber nicht mehr!“, betont Martina Zbick. Dennoch: „2020 rechnete ich mir aus, dass sich die Anlage nach 14 Jahren bezahlt gemacht hat“, erzählt Burger. Doch diese Rechnung sei hinfällig. „Denn die Strompreise sind so stark gestiegen, dass ich Jahre früher durch sein dürfte.“
Jennifer und Lars Tepel sind beeindruckt. Das junge Paar ist vor drei Jahren ins Eigenheim gezogen. Beheizt wird das Haus über eine Wärmepumpe. „Das funktioniert wirklich gut“, schwärmen die Oberhausener. Aber ansonsten laufe eben alles über Strom. Ihre Entscheidung für eine Photovoltaik-Anlage ist gefallen.
Heizung und Strom: Wichtige Artikel zu vielen Energiefragen
In diesen Zeiten zunehmender Klimakrise, hoher Energiepreise und rätselhafter Gesetzesreformen haben wir für Oberhausener Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Artikel zum Energie-Thema recherchiert und geschrieben, die Hintergründe, Analysen und orientierende Basis-Informationen bieten. Hier ein Überblick:
Berichte zu Heizungen, Warmwasser und privater Stromerzeugung:
Heizungsgesetz: Die zehn wertvollsten Energieberater-Tipps
Energieversorger: Zu wenig Zeit für Ausbau der Fernwärme
Experten: So teuer sind Wärmepumpen für Zweifamilienhäuser
Oberhausen: Das sagen Schornsteinfeger zum Heizungsgesetz
.
Für welches Haus sich eine Photovoltaik-Anlage lohnt
Heizung: Warum Oberhausener Eigentümer noch Zeit haben
Fernwärme statt Wärmepumpe? Viel teurer als viele denken
Torschlusspanik in Oberhausen: Ansturm auf Gasheizungen
Stadt Oberhausen will auf alle Gebäude Solaranlagen packen
Heizungsverbot: Installateure stehen mächtig unter Druck
Heizungsbauer: Wärmepumpen eignen sich auch in Altbauten
Oberhausener Energie-Vision: Wärme aus der Tiefe der Erde
So funktioniert das: Erdwärme aus 90 Metern Tiefe heizt Haus
Aus für Öl- und Gasheizung: 200.000 Euro Sanierungskosten
Energiesparen: Solaranlagen sind 2023 günstiger geworden
Strompreise steigen für Nachtspeicher-Heizung überaus stark
Energie sparen – Verbraucherzentrale Oberhausen gibt Tipps
.
Berichte zur Energieversorgung Oberhausen (EVO):
Börsenpreise sinken: Doch EVO verbilligt Gas und Strom nicht
Energiemanager: Gas und Strom kosten auch künftig viel Geld
Energieversorger Oberhausen: Gewinn bricht massiv ein
Neuer Energie-Manager löst EVO-Urgestein Hartmut Gieske ab
Gabi Dorweiler dagegen zögert. „Ich habe ein Mehrfamilienhaus, zwei Wohnungen sind vermietet.“ Martina Zbick rät ihr, noch ein wenig mit dem Einbau zu warten. „Es gibt bei Mehrfamilienhäusern noch Ungereimtheiten.“ Denn eine PV-Anlage laufe nur über einen Zähler. Da könne es schnell zu Unstimmigkeiten kommen. Dazu kommt: „Noch ist die Rechtslage so, dass der Besitzer der Anlage als Energieversorger gilt und genau die gleichen Pflichten hat, wie ein großes Unternehmen.“ Doch das könnte sich bald ändern. Die neue Landesbauordnung, die ab 2024 in NRW gilt, soll den Photovoltaik-Ausbau beschleunigen und auch dieses Problem lösen.
Über die Gelegenheit, mit einem Anlagenbesitzer über seine Erfahrungen sprechen zu können, waren alle Teilnehmenden froh: „Das war ein echter Coup.“ Ein Lob, das auch Eberhard Burger sichtlich freute.
Wer auf Photovoltaik setzt, sollte diese Voraussetzungen kennen
Martina Zbick von der Verbraucherberatungsstelle Oberhausen ist gut im Thema. Für die Spaziergänger fasste sie kurz vor dem Rundgang das Wichtigste zusammen.
- Hier nun die Tipps von Energieberaterin Martina Zbick:
- Solarrechner im Internet geben einen ersten Überblick darüber, ob sich eine Dachfläche für eine Photovoltaik-Anlage eignet.
- Wer sich für eine Photovoltaik-Anlage zur Stromgewinnung interessiert, sollte über mindestens 20 Quadratmeter geeigneter Fläche verfügen. Denn je kleiner die Fläche für eine Solarstromanlage ist, umso schwieriger wird es, sie wirtschaftlich zu betreiben. Die Kosten für kleinere Anlagen sind wesentlich höher. Zudem ist es zur Zeit schwierig, Handwerker zu finden, die kleine Anlagen installieren. Lösung für alle, die wenig Platz haben und/oder in einer Wohnung wohnen: Steckersolargeräte. Diese lassen sich meist ohne großen Aufwand installieren. Für die Installation der Geräte ist allerdings die Zustimmung der Vermieter oder der Eigentümergemeinschaft notwendig.
- Die Dachfläche jedenfalls sollte für die nächsten 20 Jahre nicht sanierungsbedürftig sein. Flach- und Steildächer von einem Dachdecker prüfen lassen. Als optimal für eine PV-Anlage gilt eine Südausrichtung des Daches bei einer Neigung von 30 Grad. Ost- und Westausrichtungen sind aber ebenfalls möglich.
- Die Landesbauordnung schreibt einen Abstand von PV-Anlagen zu Brandwänden und Wänden zwischen Gebäuden (Reihenhäuser) von 1,25 m vor. Eine Ausnahme gibt es für nicht brennbare Glas-Glas-Module, hier ist ein Abstand von 0,5 m ausreichend. 2024 wird es eine neue Landesbauordnung geben mit verringerten Abständen. Schon jetzt gilt seit Anfang 2023 ein Runderlass der Landesregierung: Mit dem Erlass können Solaranlagen bei Ein- und Zweifamilienhäusern (genauer: Gebäudeklassen 1 und 2) ohne Abstand zur Grenzwand auf Dächern installiert werden. Die Ausnahme von der Einhaltung des Mindestabstandes ist schriftlich bei der Bauaufsichtsbehörde zu beantragen.
- PV auf Mehrfamilienhäusern: Mit dem Solarpaket 1 zur Umsetzung der Solar-Strategie der Bundesregierung sind Erleichterung für die gemeinschaftliche Nutzung von PV-Strom in einem Haus geplant. Das Parlament wird sich nach der Sommerpause mit dem Entwurf beschäftigen.
- So ist die aktuelle Lage im Handwerk: Eigenheimbesitzer müssen bis zu acht Monate warten, ehe der Strom vom Dach fließt.
- Für Strom, der ins öffentliche Netz eingespeist wird, gibt es eine Vergütung, die 20 Jahre lang gleich bleibt: Für Anlagen bis zehn Kilowattpeak sind das 8,2 Cent pro Kilowattstunde; für Anlagen von zehn bis 40 Kilowattpeak 7,1 Cent pro Kilowattstunde.
- Über „Innovation City“ erhalten Oberhausener in den Projektgebieten von der Stadt einen Zuschuss zur Photovoltaik-Anlage in Höhe von 2000 Euro sowie für einen Speicher noch einmal von 800 Euro.
- Eine offene, kostenlose Sprechstunde zum Thema findet mittwochs von 10 bis 13 Uhr im Technischen Rathaus Sterkrade (Bahnhofstraße 66) statt.