Gladbeck. „Nazi“ durfte Roger Kreft einen AfD-Mann nennen, so das Gericht. Dennoch ist der Courage-Sprecher verurteilt worden.

Wegen Beleidigung musste sich Roger Kreft, Sprecher des Gladbecker Bündnisses für Courage, vor dem Amtsgericht verantworten. Das verurteilte den Angeklagten am zweiten Verhandlungstag zu einer Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro.

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Amtsrichter Torsten Dostal sah es als erwiesen an, dass Kreft den AfD-Ratsherrn Norbert W. im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit als Hausmeister im Problem-Hochhaus Steinstraße 72 als „Betrüger“ bezeichnet hat. Nach einer Anzeige aus den Reihen der AfD hatte die Staatsanwaltschaft Kreft zudem Körperverletzung und eine weitere Beleidigung zur Last gelegt. Er habe eine Frau aus der rechtsgerichteten Partei mit seinem Ellenbogen gegen die Rippen gestoßen und den damaligen Stadtverbandssprecher und jetzigen Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Rat der Stadt Gladbeck, Markus Sch., als „Nazi“ tituliert (WAZ berichtete). In diesen Punkten wurde Kreft freigesprochen.

AfD in Gladbeck will zukünftig jede Beleidigung anzeigen

Der Vorfall ereignete sich im April 2023 an einem Informationsstand der AfD auf dem Europaplatz. Roger Kreft und eine Mitstreiterin aus dem Bündnis für Courage hatten in der Nähe mit Plakaten gegen die AfD protestiert und das Gespräch mit Passanten gesucht. Die AfD-Leute fühlten sich provoziert.

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„Er turnte die ganze Zeit direkt vor unserer Nase herum“, sagte Marcus Sch. am zweiten Verhandlungstag als Zeuge. Er habe Kreft aufgefordert, den gebotenen Abstand einzuhalten. Der Courage-Sprecher habe ihn nicht nur „Nazi“ genannt, sondern ihm auch mit dem Ellenbogen an den Bauch geschlagen. „Letzteres habe ich aber als Lappalie angesehen und hätte deswegen auch keine Anzeige erstattet.“ In Zukunft aber werde jede Beleidigung angezeigt, kündigte er an, „egal, ob sich die Aktenberge bei der Staatsanwaltschaft noch höher stapeln“.

Den Ellenbogenhieb gegen die AfD-Frau habe er gesehen und auch gehört, dass Kreft Norbert W. „Betrüger“ genannt habe. Krefts Schilderung, AfD-Leute hätten ihn umringt und wegschieben wollen, wies der Zeuge zurück. „Einige Parteifreunde haben sich einen Spaß daraus gemacht, sich mit unseren Plakaten neben ihn zu stellen. Aber sie haben ihn nicht umringt oder bedrängt.“

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Wie schon am ersten Verhandlungstag lehnte Roger Kreft den Vorschlag des Gerichts, das Verfahren gegen Zahlung von 300 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung wegen geringer Schuld einzustellen, ab. Die Staatsanwältin kam in ihrem Plädoyer zu dem Schluss, dass die Körperverletzung nicht nachzuweisen sei. Für die Beleidigungen beantragte sie eine Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro.

Krefts Verteidiger Gerhard Dorka, im „Nebenberuf“ DKP-Ratsherr, bezeichnete die Gerichtsverhandlung als von der AfD verursachte hochpolitische Auseinandersetzung. Die von Kreft abgestrittene Körperverletzung sei ohnehin nicht nachzuweisen. Wenn Ministerpräsident Wüst die AfD als „Nazis“ bezeichne, könne das auch jeder Bürger sagen. W. als „Betrüger“ tituliert zu haben, bestreite sein Mandant. Dorka: „Und selbst wenn diese Äußerung gefallen sein sollte, war das, mit Blick auf die AfD, politisch gemeint und nicht persönlich.“

Ich habe nichts Unrechtes getan. Ich will freigesprochen werden
Roger Kreft - Sprecher des Bündnisses für Courage Gladbeck

In den beiden ersten Punkten folgte Amtsrichter Dostal Dorkas Argumentation. Bei der Bezeichnung „Betrüger“ kam er zu einem anderen Schluss: Kreft habe dieses Wort direkt an W. gerichtet. „Das ist kein politischer Diskurs mehr.“

Courage-Aktivist Kreft will in Revision gehen

Roger Kreft hatte vor der Urteilsverkündung noch einmal betont, dass er sich seit Jahrzehnten gegen Rechtsextremismus engagiere und darin auch nicht nachlassen werde. Die Anzeige gegen ihn sei ein abgekartetes Spiel. „Die wollen mit solchen Aktionen Ängste schüren in der Hoffnung, dass sich, sollte ich verurteilt werden, weniger Menschen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus einsetzen.“

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Nach dem Urteil kündigte Kreft an, Revision einzulegen. „Ich habe nichts Unrechtes getan. Ich will freigesprochen werden.“