Bottrop. Gerade bringt die A42 viele Verkehrsteilnehmer um die Nerven. Ein Blick zurück: So sind die A42 und die A2 in Bottrop entstanden.

Für eine kleine Großstadt ist Bottrop verkehrstechnisch schon lange und ziemlich gut vernetzt. Zwar ist die A42, von Anfang an besser bekannt als Emscherschnellweg, im Volksmund auch Emscherschleichweg genannt, aus gegebenem Anlass zurzeit in aller Munde. Aber die eigentliche historische Strecke, die Bottrop mit Berlin verbindet (A2), entsteht bereits vor dem Zweiten Weltkrieg. 1937 wird der Abschnitt der alten Reichsautobahn zwischen Düsseldorf und Recklinghausen eröffnet: Bottrop ist Autobahnstadt.

Die Idee, das wichtigste Industriegebiet mit der Hauptstadt Berlin zu verbinden, kommt bereits in den 1920er Jahren auf. Umgesetzt wird sie allerdings erst ab 1934 unter nationalsozialistischer Herrschaft, dann bereits mit dem Hintergedanken späterer Kriegsführung. Nach 1945 bleibt die A2 wichtigste Transitstrecke durch die „DDR“ nach Berlin und ist bis heute als Verlängerung der A3 die wohl meistbefahrene Ost-West-Verkehrsader der Republik.

Wurzeln der Städtepartnerschaft Bottrop – Tourcoing liegen auch an der A2

Für Bottrop hat die legendäre Raststätte in Höhe der früheren Zeche Franz-Haniel und des Fuhlenbrocks eine fast schon emotionale Bedeutung. Sie gilt als eine der Keimzellen deutsch-französischer Freundschaft mit der Partnerstadt Tourcoing und damit auch der Deutsch-Französischen Gesellschaft (DFG).

Die legendäre Rast- und Tankstelle Bottrop an der A2 um 1960 mit dem Fördergerüst des Bergwerks Prosper Haniel im Hintergrund.
Die legendäre Rast- und Tankstelle Bottrop an der A2 um 1960 mit dem Fördergerüst des Bergwerks Prosper Haniel im Hintergrund. © Stadtarchiv | Heinz Müller

Die offizielle Städtepartnerschaft, aber auch die Gründung der DFG, geht im Grunde auf private „Autobahn-Kontakte“ der Bottroper Familien Borgmann und Rehse zur Familie von George Nyssen aus Tourcoing zurück. Der „strandet“ mit seiner Frau an der Raststätte Bottrop und braucht dringend Milch für die kleinen Kinder. An einem Sonntag in den 50er Jahren durchaus ein Problem. An ein Vollsortiment im Tankstellen-Shop ist da nicht zu denken. Raststätten-Pächter Theo Rehse und dessen Freund Alfred Borgmann setzen Himmel und Hölle in Bewegung und treiben aus privaten Quellen in der Stadt Milch für die Nyssen-Kinder auf. So beginnt eine Freundschaft zwischen Familien, die bis heute spürbare Kreise zieht.

Seit den 80er Jahren hat die A2 für die Stadt noch eine weitere Bedeutung: Mit der Fertigstellung des Teilabschnitts der A31 zwischen der Ausfahrt Kirchellen und dem Autobahnkreuz Bottrop hat man sozusagen Nordsee-Anschluss. 1984 ist die Strecke bis Kirchhellen bereits gediehen. Die Lücke nach Bottrop wird 1987 geschlossen. Zwar entsteht so eine unschöne Schneise durch Bottrops grünen Norden sowie das Münster- und Emsland. Aber die neue Strecke hat nicht nur als „Ostfriesenspieß“ touristische Bedeutung, sondern ist ganz klar auch eine infrastrukturelle Maßnahme mit Blick auf die dichte Wirtschaftsregion und deren Anforderungen.

Letzte Rast vor Bottrop: Die Ausfahrt von der Raststätte auf die A2 aus Richtung Oberhausen, wie Fotograf Heinz Müller sie 1955 sah.
Letzte Rast vor Bottrop: Die Ausfahrt von der Raststätte auf die A2 aus Richtung Oberhausen, wie Fotograf Heinz Müller sie 1955 sah. © Stadtarchiv | Heinz Müller

Auch hier ein aus heutiger Sicht fast amüsantes Kuriosum Bottroper Autobahngeschichte: In den 70er Jahren gibt es Pläne, im Bereich von Burg Vondern zwischen Bottrop und Oberhausen ein möglicherweise sogar mehrstöckiges Autobahnkreuz zu bauen. Das sollte den Ostfriesenspieß mit dem Emscherschnellweg (A42) und am Ende sogar – quer durchs Ruhrgebiet – mit Bonn verbinden.

Die Szenarien für die mittelalterliche Burg muten aus heutiger Sicht abenteuerlich an: die Burg als Autobahnraststätte zu nutzen oder sie gleich ganz verlegen - in die Ruhraue bei Mülheim, wie Oberhausens Lokalhistoriker Walter Paßgang in einer Nummer der „Burgpost“, der Publikation des Fördervereins Burg Vondern, schreibt. Die Widerstände in Bottrop gegen eine weitere Schneise durchs Stadtgebiet waren ebenso heftig, wie die der Mülheimer. Dort wäre das Hexbachtal der A31-Trasse zum Opfer gefallen.

Mit der A42 entsteht seit Ende der 60er Jahren eine echte Industrieader der Emscherzone

Als echtes verkehrs- wie industriepolitisch motiviertes Infrastrukturprojekt der boomenden 60er Jahre gilt bis heute die A42. Jener berühmte (und wegen vieler Staus berüchtigte) Emscherschnell- oder -schleichweg, der für Bottrop wichtig ist, aber hier die Bevölkerung weitaus weniger als die Anwohner im Essener Norden, Gelsenkirchen oder Herne beeinträchtigt.

Die A42-Brücke über den Rhein-Herne-Kanal zwischen Bottrop und Essen. Das Foto entstand 1980, die heute marode Brücke war damals noch keine zehn Jahre alt.
Die A42-Brücke über den Rhein-Herne-Kanal zwischen Bottrop und Essen. Das Foto entstand 1980, die heute marode Brücke war damals noch keine zehn Jahre alt. © Stadtarchiv | Heinz Müller

Baubeginn ist 1965 in Herne. Die Strecke von der Ausfahrt Bottrop-Süd Richtung Kreuz Essen-Nord wird 1971 freigegeben. Von Bottrop Richtung Westen nach Oberhausen und Duisburg heißt es 1974 freie Fahrt. In jenen Jahren entsteht auch die heute als marode eingestufte imposante Brücke über den Rhein-Herne-Kanal. Zuvor ist bereits auf Essener Gebiet die alte Gladbecker Straße, in Bottrop Braukstraße (B224), ausgebaut worden. Wird diese, wie beschlossen, als A52 verlängert, hätte Bottrop die vierte Autobahn auf seinem Stadtgebiet.

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bottrop verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren WhatsApp-Kanal

Aus damaliger wie heutiger Sicht bedeutet die A42 schon einen Ost-West-Quantensprung in Sachen Verkehr. In den 70er Jahren beherrscht die Schwerindustrie noch die Emscherzone, die Kanalhäfen der einzelnen Städte werden durch die Trasse besser verbunden und der Pendlerverkehr quält sich nicht mehr in der Masse durch die Städte wie noch in den späten 60er Jahren. Firmen- und Logistikansiedlungen im Bottroper Süden wären ohne die A42-Achse sicher ebenso wenig umgesetzt worden, wie das nun geplante, städteübergreifende Projekt Freiheit Emscher.

Artikel zur A42-Sperrung