Bottrop/Essen. Risse an der Brücke über den Rhein-Herne-Kanal in Bottrop sorgen für die zeitweise Sperrung der A42. Warum hat man nicht früher gehandelt?

Am 23. Dezember 1970 schaffte es die Rhein-Herne-Kanal-Brücke auf die Titelseite der WAZ. Damals strahlten die zwei Bögen noch nicht so rot wie heute, aber das ist wegen des Schwarz-Weiß-Drucks ohnehin nicht zu erkennen. Grund für die Berichterstattung an so prominenter Stelle: Der Emscherschnellweg zwischen Essen und Bottrop stand kurz vor der Eröffnung.

780 Millionen D-Mark flossen damals in die neue Schnellstraße und in die A31, die damalige Bonn-Emden-Autobahn. Die Rhein-Herne-Kanal-Brücke mit 302 Metern Länge war eine der ersten in dieser Form gebauten stählernen Stabbogenbrücken. Heute würde man sie laut Autobahn Westfalen anders bauen, die markanten roten Bögen seien zu flach, was zu einer erhöhten Beanspruchung führe.

Denn seit der Eröffnung hat sich das Verkehrsaufkommen in Nordrhein-Westfalen deutlich erhöht. Allein von 1960 bis 1980 hat sich die Zahl der gemeldeten Kraftfahrzeuge vervierfacht und bis 2021 noch mal fast verdoppelt auf über zwölf Millionen.

Brücken ächzen unter dem zunehmenden Verkehr: A42-Bau kein Einzelfall in NRW

Unter dieser Verkehrszunahme ächzt nicht nur die heutige A42-Brücke. Im ganzen Bundesland sind Brücken kaputt, sie alle stammen aus den 60er- und 70er-Jahren.

Da ist zum Beispiel die Talbrücke Rahmede der A45, die vor zwei Jahren komplett gesperrt und schließlich im Mai gesprengt werden musste. Oder die Ruhrtal-Brücke zwischen Essen und Düsseldorf, eröffnet 1966, mehrfach geflickt und gesperrt. Auch sie steht kurz vor dem Abriss, 2027 soll der Neubau beginnen. Oder die A40-Brücke über den Rhein in Duisburg, fertiggestellt 1970, die derzeit neugebaut wird. Diese Liste ließe sich noch weiter fortsetzen.

Die Rhein-Herne-Kanalbrücke im November 1976: Damals waren noch deutlich weniger Autos unterwegs als heute.
Die Rhein-Herne-Kanalbrücke im November 1976: Damals waren noch deutlich weniger Autos unterwegs als heute. © Autobahn Westfalen

Auf die Frage, warum nicht schon viel früher klar war, dass die 53 Jahre alte Brücke über den Rhein-Herne-Kanal nicht mehr belastbar ist, gibt die zuständige Autobahn Westfalen GmbH keine eindeutige Antwort. Die Brücke stehe schon seit Jahren unter Kontrollen, sagt Sprecher Bernd A. Löchter. „Es haben in der Vergangenheit immer mal wieder Schweißarbeiten stattgefunden, im Sommer wurde darüber hinaus die Fahrbahn neu asphaltiert.“

Werden die Arbeiten an der A42-Brücke pünktlich fertig?

Seit 2018 läuft ein Planfeststellungsverfahren für den sechsstreifigen Ausbau der A42 mitsamt der Brücke. Genaue Termine seien in diesem Zusammenhang nicht absehbar, so Löchter, und abhängig vom Verfahrensfortschritt. Zuletzt war die Rede von einem möglichen Baubeginn im Spätsommer 2024. Ob der eingehalten werden kann: unklar.

Derzeit sorgt die Sperrung der Brücke für eine hohe Verkehrsbelastung auf den Umleitungsstraßen. Zwischen Essen-Nord und Bottrop-Süd ist die A42 nicht passierbar. Bis einschließlich 16. Dezember ertüchtigt Autobahn Westfalen die Brücke. Es finden Schweißarbeiten statt, die unter fließendem Verkehr nicht möglich wären.

Werden sie denn pünktlich abgeschlossen? Auch hierauf könne man noch keine konkrete Antwort geben. „Wenn wir fertig sind, machen wir die Autobahn auch auf“, heißt es von Autobahn Westfalen. Ob das vor dem 16. Dezember um 20 Uhr passiert oder sich gegebenenfalls nach hinten verschiebt – diese Frage zu beantworten sei Kaffeesatzleserei.

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Neubau der A42-Brücke in Bottrop soll in zwei Schritten erfolgen

Seit November ist die A42-Brücke für den Schwerlastverkehr über 40 Tonnen gesperrt. Grund dafür sind Risse in Bereichen, in denen die weißen Verbindungen von den Bögen zur Brückenplatte – Hänger genannt –, befestigt sind. Diese wurden bei der letzten Hauptprüfung festgestellt. Schon 2009 waren Risse an Schweißnähten bemerkt worden, Instandhaltungsmaßnahmen waren die Folge.

Um den Schwerlastverkehr effektiv von der Brücke fernzuhalten, sollen im kommenden Jahr Lkw-Waagen und Schrankenanlagen installiert werden. Auch hier steht der genaue Termin noch nicht fest.

Die Planungen für den Neubau der Brücke lauten nach Autobahn Westfalen folgendermaßen: „Beim Neubau wird die erste Brückenhälfte nördlich der bestehenden Brücke gebaut, während der Verkehr mit der Einschränkung bis 40 Tonnen weiter über das bestehende Bauwerk fließt.“ Nach Fertigstellung der Brücke werde der Verkehr auf das neue Teilbauwerk vollständig umgelegt und die alte Brücke abgerissen. „Dann beginnt der Neubau der zweiten Brückenhälfte im Bereich der ehemaligen Brücke.“