Bochum-Wattenscheid. Das Aus für Wattenscheids Bezirksbürgermeister Herzog scheint besiegelt: Tritt er nicht zurück, soll er abgewählt werden. Alle Hintergründe.
Polit-Beben in Bochum-Wattenscheid. Das Aus für Bezirksbürgermeister Hans-Peter Herzog (SPD) so gut wie besiegelt. Weil er am Montag, 10. Juni, nicht aus eigenen Stücken zurückgetreten ist, wird nun ein Antrag auf Abwahl auf den Weg gebracht – initiiert u.a. von seiner eigenen Partei. Die Gründe dafür sollen nicht allein in seinen umstrittenen Äußerungen zur Farbe der Sitze im Lohrheidestadion liegen, heißt es unisono in der Wattenscheider Politik.
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Recherchen dieser Zeitung zufolge wollen 17 der 19 Wattenscheider Bezirksvertreter Hans-Peter Herzog als Bezirksbürgermeister abwählen. Im Mai hat es demnach mehrere Krisensitzungen gegeben, in denen dies im Prinzip bereits beschlossen wurde. Eine breite Mehrheit innerhalb der SPD stehe dahinter, sowohl im Stadtbezirksvorstand als auch in den Ortsvereinen, heißt es aus Kreisen der Sozialdemokraten. Auf Wunsch von Serdar Yüksel, Vorsitzender der SPD Bochum, soll mit einer Entscheidung bis nach der Europawahl gewartet worden sein. Auch, um Herzog die Möglichkeit zu geben, selbst sein Amt niederzulegen und sein Gesicht wahren zu können.
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Das bestätigt Wolfgang Rohmann, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Wattenscheid. Die Entscheidung stehe schon lange. Und ja, sie werde von einer breiten Mehrheit unterstützt. „Uns ist sehr bewusst, was wir da machen und dass so etwas noch nicht passiert ist“, sagt Rohmann. Das Ganze sei „eine blöde Situation“ und „das finde ich persönlich sehr schade“. Aber wenn so etwas in die Wege geleitet werde, müsse da schon etwas vorgefallen sein.
„Und da geht es nicht um die Stadionsitze“, stellt Wolfgang Rohmann klar. Zur Erinnerung: In einem WAZ-Interview hatte Herzog erklärt, die Diskussion, ob das Blau der Sitze im Lohrheidestadion zur sehr dem des VfL Bochum ähnelt, nicht nachvollziehen zu können. Er finde das Farbkonzept „sehr ästhetisch und völlig neutral“. Auch fand er den entfachten Wirbel nicht angemessen. Herzog blieb bei seiner Meinung und hatte abgelehnt, „wegen so einem Killefit hinzuschmeißen“.
„Killefit“ – dieses Wort habe ihm „das Genick gebrochen“, sagt Wolfgang Rohmann. Aber Herzogs jüngste Aussagen seien nur der Auslöser gewesen. Es gehe um sein gesamtes Verhalten seit der letzten Kommunalwahl, „um nicht abgesprochene Alleingänge, um das Zurückhalten von Informationen“. Auch habe Herzog zuletzt die Kommunikation mit der Koalition verweigert.
„Wenn Herzog nicht von allein zurücktritt, wird es einen gemeinsamen Antrag geben, womit das Aus besiegelt sein dürfte.“
Nach aktuellem Stand wollen SPD, FDP, CDU und „UWG:Freie Bürger“ den Antrag auf Abwahl stellen. Während sich Marc Westerhoff von der CDU („Es laufen Gespräche, mehr kann ich dazu nicht sagen“) und Rolf Heyer („Ich sage da nicht zu, das muss erst alles in trockenen Tüchern sein“) am Montag noch zurückhaltend äußerten, sprach Hans-Josef Winkler (UWG:Freie Bürger) frei heraus: „Wenn Herzog nicht von allein zurücktritt, wird es einen gemeinsamen Antrag geben, womit das Aus besiegelt sein dürfte.“ Auch Winkler sieht nicht die Diskussion um die Stadionsitze als ausschlaggebend für diesen Schritt. Hans-Peter Herzog habe zu sehr die gesamtstädtischen und zu wenig die Wattenscheider Interessen vertreten.
„Wir werden den Antrag nicht unterzeichnen.“
Nicht zu den Antragstellern werden die Grünen zählen, immerhin zusammen mit FDP-Heyer Koalitionspartner der SPD. „Wir werden den Antrag nicht unterzeichnen“, sagt Oliver Buschmann, stellvertretender Bezirksbürgermeister. Das heiße aber nicht, „dass wir das Ansinnen nicht unterstützen“. Im Klartext: Kommt es zur Abstimmung, könnte man auf die Grünen zählen.
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Das Abwahlverfahren einzuleiten sei „nur konsequent“, findet Buschmann. Auch er bezeichnet Herzogs jüngste umstrittene Äußerungen lediglich als „I-Tüpfelchen“. Es habe auch vorher schon Differenzen und Abweichungen vom Koalitions-Kurs gegeben. Als Beispiele nennt Buschmann die Themen August-Bebel-Platz mitsamt des Brunnens und das Schwimmbad in Höntrop. Die meisten Probleme seien bislang intern gelöst worden. Jetzt aber sei das Vertrauen komplett weg.
Rücktritt? Das sagt Wattenscheids Bezirksbürgermeister Hans-Peter Herzog dazu
Hans-Peter Herzog weiß, dass an seinem Stuhl gesägt wird. Was genau hinter den Kulissen in Wattenscheid gerade vorbereitet wird, bekommt er aber nicht mit. Herzog weilt bis Ende des Monats im Urlaub – Rundreise durch Nordspanien. Deshalb könne er auch gar nicht zurücktreten. „Das müsste ich ja persönlich machen, aber ich bin ja gerade in Bilbao.“ Von einer ihm gesetzten Frist will er nichts wissen.
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Von den Vorwürfen gegen ihn als Bezirksbürgermeister weiß er hingegen schon. „An den Haaren herbeigezogen“, sagt Herzog. „Ja, ich bin in meiner Position Teil der Gesamtstadt. Und wenn ich etwas für den Stadtbezirk erreichen will, muss ich auch mit der Gesamtstadt verhandeln. Ich wüsste nicht, wo ich die Wattenscheid-Interessen nicht vertreten hätte.“ In der Bezirksvertretung gebe es über seine Aktivitäten stets einen umfangreichen Bericht. Auch sei er immer bemüht gewesen, „alle mit ins Boot zu holen“.