Bochum-Wattenscheid. Wattenscheider fühlen sich bei der Farbwahl der Sitze im Lohrheidestadion übergangen. Kritisiert wird die Stadt Bochum – und Hans-Peter Herzog.
Die Farbgestaltung der Sitze im Lohrheidestadion lässt Wattenscheid nicht zur Ruhe kommen. Vielen Wattenscheidern erscheint die Farbwahl dem Blau-Weiß des Fußball-Rivalen VfL Bochum zu ähnlich. Die Sitzung am Dienstag, 30. April, nutzen die Bezirksvertreter für eine Abrechnung mit der Stadt Bochum, aber auch mit dem eigenen Bezirksbürgermeister. Von der Verwaltung fühlen sich die Lokalpolitiker übergangen, von Hans-Peter Herzog (SPD) dagegen hintergangen.
Stadionsitze: „Erbärmlich“ – Abrechnung mit Bürgermeister
Kritisiert wird, dass das Farbkonzept für die Sitzschalen, die am Ende im dann für internationale Leichtathletikmeisterschaften modernisierten Lohrheidestadion installiert werden, an der Lokalpolitik vorbei entschieden wurde. Herzog wird vorgeworfen, sich nicht als echter Wattenscheider zu zeigen und nicht hinter dem Bürgerwillen zu stehen. In einem Interview mit der WAZ Mitte April hatte sich der Bezirksbürgermeister irritiert gezeigt über die Debatte um die Stadionsitze.
Lesen Sie hier das WAZ-Interview mit Bezirksbürgermeister Hans-Peter Herzog
Herzog bezeichnet darin die Farbkombination als „sehr ästhetisch und völlig neutral“, das gewählte Dunkelblau und Hellgrau erinnere ihn nicht im Geringsten an die Farben des VfL und er sehe auch die Politik über den Begleitbeirat für den Stadion-Umbau durchaus berücksichtigt. Für die Verwaltung äußert er Verständnis: „Wir als Politiker befinden uns nur in der Anhörung und können nicht erwarten, von der Verwaltung zu jedem Türgriff gefragt zu werden.“ Auch die Art und Weise, wie sich viele Wattenscheider von der Stadt Bochum in der Volksseele verletzt sehen, kann Herzog im Interview nicht ganz nachvollziehen. Er sehe Wattenscheid fast 50 Jahre nach der Eingemeindung längst nicht mehr als Stiefkind.
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Sätze, die ihm von seinen Politiker-Kollegen nun um die Ohren gehauen werden. Während sich Mit-Genosse Wolfgang Rohmann mit seiner Kritik ausschließlich an die Verwaltung richtet („Kann nicht sein, dass wir so ignoriert werden“), halten die Vertreter der übrigen Parteien mit ihrer Kritik an Herzog nicht hinterm Berg. Emotional wird vor allem Sonja Lohf von Koalitionspartner Grüne. Das Ganze sei „enttäuschend und erbärmlich“. Dass keine niederschwellige Beteiligung stattfinde, „muss Konsequenzen haben“. Sie habe gedacht, dass in der Bezirksvertretung 18 Personen die gleiche Meinung hätten. „Schade, es sind nur 17, jetzt debattieren wir auch über Personen, die eigentlich hinter uns stehen müssten. Das finde ich persönlich, menschlich und politisch traurig.“
Gerd Kipp von der CDU ärgert sich, „dass die Leute (gemeint ist die Stadt Bochum, Anm. d. Red.) nicht wissen, wie wir Wattenscheider ticken“. Es sei „merkwürdig, wenn ein Bezirksbürgermeister plötzlich andere Dinge verkündet, gegen die Meinung der Bezirksvertretung“. Es gehe um den Bürgerwillen. „Den haben wir auch dann zu vertreten, wenn unsere Privatmeinung eine andere ist. Unsere Aufgabe ist es, für Wattenscheid die Stimme zu erheben. Sonst sind wir hier falsch.“ Das sieht auch Rolf Heyer von der FDP so: „Der Bezirksbürgermeister ist unser Repräsentant in Bochum. Er hat dort die Interessen des eigenen Stadtbezirks zu vertreten.“
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„Hans-Peter ist uns mit seiner Einzelmeinung in den Rücken gefallen“, urteilt Oliver Buschmann von den Grünen. „Das hat der Sache nicht gedient.“ Sein Zorn richtet sich aber ebenso gegen die Stadt: „Unverständlich, dass einige bornierte Personen in der Verwaltung nichts Besseres zu tun haben, als den Wattenscheidern einen zu pinnen. Dafür habe ich kein Verständnis, das ist unmöglich.“ Hans-Josef Winkler von der „UWG:Freie Bürger“ ärgert „am meisten das Argument, dass die Sitze bestellt seien und das nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Diese Aussage der Verwaltung ist nicht hinnehmbar.“
Hans-Peter Herzog selbst äußert sich nicht zu den Vorwürfen, zumindest nicht im öffentlichen Teil der Sitzung. Rücktrittsgedanken habe er nicht, beteuert er der WAZ gegenüber. „Das hätten einige gern. Aber ich wäre ja bescheuert, wegen so einem Killefit hinzuschmeißen.“ Sein Job mache ihm dafür zu viel Spaß und „es gibt noch so viel zu tun in Wattenscheid“.
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Außerdem habe er auch viel Zuspruch nach seinem Interview erhalten, „unter anderem vom Oberbürgermeister“. So etwas müsse man auch mal durchstehen, sagt Herzog. „Man kann nicht immer jedermanns Liebling sein. Ich habe ein gutes Gewissen und glaube nicht, dass ich schlechte Arbeit für Wattenscheid leiste.“
Fans der SG Wattenscheid 09 hängen Herzog-Plakat mit eindeutiger Botschaft auf
Das sehen einige wenige Fans der SG Wattenscheid 09, die zur Sitzung gekommen sind, anders. Sie hängen draußen vor dem Rathaus an zwei Masten Plakate mit einem Foto von Herzog auf. Darauf steht „Sei kein A......, Hansi“.
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