Wattenscheid. Weil Wattenscheids Bürgermeister wohl vom Farbkonzept der Stadionsitze wusste, gibt es nun Gegenwind aus der Politik - was die CDU fordert.
- Wattenscheids Bezirksbürgermeister Hans-Peter Herzog äußerte sich kürzlich im WAZ-Interview zum Streit um die blauen Sitzschalen im Lohrheidestadion.
- Andere Parteien und SGW-Fans werfen ihm vor, gegen die Interessen der Wattenscheider zu handeln.
- In der kommenden Woche wird das Thema in der Sitzung der Wattenscheider Bezirksvertretung und in der Ratssitzung in Bochum diskutiert.
„Dieses Interview musste ich erst einmal verdauen!“, so beginnt die Stellungnahme von Wattenscheids stellvertretendem Bezirksbürgermeister Marc Westerhoff (CDU) zu dem Interview, welches sein Bürgermeister-Kollege Hans-Peter Herzog vor einigen Tagen dieser Redaktion gegeben hat. Das Thema: der anhaltende Streit um die neuen Sitzschalen im Lohrheidestadion. Dort sagte Herzog, dass er und Westerhoff als Mitglieder des Beirates, welcher den Umbau des Stadions verfolgt, von den blauen Sitzschalen, die im Lohrheidestadion eingebaut werden sollen, gewusst hätten. Dieser Aussage widerspricht Westerhoff nun entschieden.
„Ich selbst bin Mitglied in dem angesprochenen Begleitgremium, habe aber an der Sitzung nicht teilgenommen, auf der angeblich über das Farbkonzept informiert wurde“, so Westerhoff. „Aus dem Protokoll geht mit keiner Silbe hervor, dass über die Sitzfarben gesprochen wurde. Dennoch suggeriert der Bezirksbürgermeister, niemand habe sich an dem Blauton gestört. Das ist billigste, durchschaubare Propaganda.“
Ärger ums Lohrheidestadion - so haben wir berichtet:
- „Respektlos“ - SG-Wattenscheid-Fans ärgern sich über Sitze in VfL-Bochum-Farben
- Klare Botschaft: Sichtbarer Protest der Fans im Stadion und an der A40
- Offener Brief ans Rathaus: Fanszene der SGW 09 wendet sich an die Stadt
- „Alleingang“ - Wattenscheider Politik schaltet sich in den Stadionstreit ein
- Lohrheidestadion: Kommt Klaus-Steilmann-Tribüne als Kompromiss?
- „Billigste Propaganda“: Streit um Sitzschalen-Interview
Herzog hatte im Gespräch mit der WAZ erklärt, dass er am Rande der letzten Ratssitzung in einem Gespräch unter vier Augen gefragt worden sei, ob er ein Problem mit blauen Sitzschalen habe. Seine Antwort: „Nein. Macht wat Schönes draus.“ Dass diese Diskussion wohl nicht öffentlich geführt wurde, kritisiert sein Stellvertreter.
CDU wirft Bürgermeister vor, sich gegen Wattenscheider Bezirksvertretung zu stellen
Bis vor wenigen Wochen habe „außerhalb eines ganz kleinen Zirkels“ niemand über das Farbkonzept Bescheid gewusst, so Westerhoff. „Offenbar ist Herzog der einzige Bezirkspolitiker, dem man Muster gezeigt hat. Und nun stellt er sich offen gegen die einhellige Meinung der Bezirksvertretung, wie sie in einer gemeinsamen Presseerklärung zum Ausdruck gekommen ist. Der Mann ist restlos isoliert“, schimpft Westerhoff.
Um herauszufinden, wer genau die Farbauswahl für die Stadionsitze getroffen hat, hat die CDU Anfragen an die Bezirksvertretung und den Stadtrat gestellt - der Fragenkatalog liegt der WAZ vor. Es geht unter anderem darum, ob die betroffenen Vereine - TV Wattenscheid 01 und die SG Wattenscheid 09 - in die Entscheidung über das Farbkonzept eingebunden waren.
Nach Informationen dieser Redaktion waren die Vereine nicht involviert. Hans-Peter Herzog hatte erklärt, dass der Leichtathletikverein TV Wattenscheid 01, für den das Stadion in erster Linie umgebaut wird und dessen Vereinsfarben blau und weiß sind, lediglich den Wunsch nach einer blauen Tartanbahn geäußert habe. Die blauen Sitzschalen seien eine Entscheidung des beauftragten Architektenbüros gewesen - so die Vermutung des Bezirksbürgermeisters.
Wattenscheider Fanproteste gegen blaue Sitze im Lohrheidestadion gehen weiter
Westerhoff kritisiert: „Allein, dass die Vereine wohl nicht in die Entscheidung einbezogen wurden, sei ein Versäumnis, „das man der Öffentlichkeit erklären muss“. Das wünschen sich auch die Fans von Wattenscheid 09. Seit die Eventbühne Lohrheide vor einigen Wochen eine Darstellung des neuen Lohrheidestadions auf Instagram veröffentlichte - und damit erstmals öffentlich bekannt wurde, dass künftig blaue Sitzschalen die Ränge zieren sollen - protestieren Fans gegen die Entscheidung.
Beim letzten Heimspiel, einen Tag nachdem das Interview mit Hans-Peter Herzog veröffentlicht wurde, entrollten Fans im Stadion ein Banner mit der Aufschrift „Herzog? Der Wolf im Schaftspelz“, andere zündeten schwarze und weiße Rauchfackeln. Auch am Eingang des Stadions hing kurzzeitig ein Banner - „Blauer Brief für blaue Sitze“ war darauf zu lesen. Die Botschaft richtete sich an das besagte Begleitgremium, welches am vergangenen Mittwoch einen Ortstermin am Lohrheidestadion hatte, um sich über den Baufortschritt zu informieren.
UWG Freie Bürger: „Wattenscheider Seele wird unnötig verletzt“
Aus Fankreisen ist zu hören, dass sich viele Wattenscheider im Streit um die Stadionsitze von ihrem Bezirksbürgermeister nicht gut vertreten, nicht ernstgenommen fühlen. Westerhoff versteht das nach eigener Aussage: „Wie sensibel dieses Thema ist, hat die Diskussion der vergangenen Wochen gezeigt. Für viele Wattenscheider ist das Lohrheidestadion ein wesentlicher Teil ihrer Heimat.“ Unterstützung bekommt der CDU-Politiker von der „UWG Freie Wähler“.
Deren Vorsitzender Hans-Peter Winkler bezeichnet die Wortwahl von Bürgermeister Herzog in besagtem Interview als „völlig unangemessen gegenüber der SGW-09-Fanschaft und Wattenscheider Kritikern.“ „Herzog sorgt dafür, dass die Wattenscheider Seele wieder mal und unnötigerweise verletzt wird und das noch ausgerechnet aus dem Mund des Bezirksbürgermeisters, der doch die Interessen der Wattenscheider an vorderste Stelle stellen sollte“, so Winkler weiter.
Wattenscheider Bezirksvertretung tagt nächste Woche
Die Wattenscheider Bezirksvertretung hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, dass auf politischer Ebene über eine mögliche Änderung des Farbkonzeptes diskutiert werden soll - das soll in der kommenden Woche passieren. Am Dienstag (30. April) trifft sich die Bezirksvertretung zu ihrer nächsten Sitzung im Rathaus Wattenscheid, das Farbkonzept der Stadionsitze steht für den öffentlichen Teil der Sitzung auf der Tagesordnung. Zwei Tage später tagt der Rat der Stadt Bochum - und auch dort werden die Stadionsitze Thema sein, die Anfrage der CDU zur „Städtischen Kommunikation Sportpark Lohrheide“ steht ebenfalls auf der Tagesordnung.