Ruhrgebiet. Gar nichts oder mehr als 500 Euro? Wie viel Eltern für die Kita im Ruhrgebiet zahlen, ist sehr verschieden. Ein Überblick.

  • Die Elternbeiträge gleichen in NRW einem Flickenteppich.
  • In Velbert zahlen Eltern zum Beispiel gar nichts für die Betreuung, in Bottrop hingegen am meisten.
  • Wir haben die Elternbeiträge in den Ruhrgebietsstädten miteinander verglichen. Ein Überblick.

Wenn das Kind in die Kita kommt, beginnt auch für die Eltern ein neuer Lebensabschnitt. Wer sich bisher um die Betreuung des Nachwuchses gekümmert hat, kann wieder arbeiten gehen. Aber lohnt sich das finanziell überhaupt?

Vor dieser Frage stehen viele Eltern im Ruhrgebiet. Das Problem: Die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung gleichen in Nordrhein-Westfalen einem Flickenteppich. Jede Kommune entscheidet selbst, wie viel Eltern zahlen müssen. Das führt dazu, dass Familien mit hohem Einkommen teilweise mehr als 500 Euro monatlich für die Betreuung ihres Kindes zahlen müssen – und teilweise gar nichts. Ein Überblick.

Kita-Gebühren im Ruhrgebiet: Bottrop ist am teuersten

In NRW entscheidet das örtliche Jugendamt, ob und in welcher Höhe Elternbeiträge erhoben werden. Das Einkommen der Eltern, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit: Wenn die Kita nicht kostenlos ist, werden diese Kriterien berücksichtigt, um den genauen Betrag zu ermitteln.

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Damit sind die meisten Familien im Ruhrgebiet allerdings nicht zufrieden. Das zeigt unser Familien-Check. Die Kosten der Betreuung haben die Eltern, die an der nicht-repräsentativen Umfrage teilgenommen haben, mit der Durchschnittsnote „befriedigend minus“ abgestraft.

Besonders unzufrieden sind die Bottroperinnen und Bottroper. Sie haben mit der Schulnote 4 die schlechteste Bewertung abgegeben. Tatsächlich zahlen zum Beispiel Eltern eines dreijährigen Kindes und mit einem Haushaltseinkommen von 48.000 Euro deutlich mehr als in anderen Ruhrgebietsstädten: 146 Euro kostet die Betreuung pro Monat. Dafür landet Bottrop bei der Verlässlichkeit, bei der Qualität der Betreuung und bei der Platzvergabe auf den ersten Plätzen.

Bottroper Kita startet mit Personal-Plus ins Kita-Jahr

Nicole Klinger ist als Kita-Abteilungsleiterin in der evangelischen Gemeinde Bottrops für 13 Einrichtungen zuständig – und hat eine Erklärung für das gute Abschneiden ihrer Stadt. „Wir starten immer mit einem Personal-Plus ins neue Jahr“, sagt sie. Ob Schwangerschaft, Jobwechsel, Altersteilzeit oder eine lange Krankheit: Wenn ein Mitarbeitender ausfällt, ist schon für Ersatz gesorgt. Durch die vorausschauende Planung komme es gar nicht erst zu der großen Personalnot, die sich derzeit durch die Erkältungswelle anderswo besonders bemerkbar macht.

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Diese stelle zwar auch für ihre Einrichtung eine „Herausforderung“ dar. An Notbetreuung oder gar eine Schließung muss Nicole Klinger jedoch noch lange nicht denken. Diese Sicherheit schätzen scheinbar auch die Eltern in unserem Familien-Check: Die Verlässlichkeit der Betreuung in Bottrop bewerten sie mit der Schulnote 1,8. Im Durchschnitt wurden die Städte mit einer 2,2 benotet.

Spitzenreiter: Eltern finden die Betreuung in Bottroper Kitas im Ruhrgebietsvergleich besonders gut. (Symbolfoto)
Spitzenreiter: Eltern finden die Betreuung in Bottroper Kitas im Ruhrgebietsvergleich besonders gut. (Symbolfoto) © FUNKE Foto Services | Martin Möller

„Natürlich geht unser Träger ein gewisses Risiko ein, indem er uns mehr Personal zuspricht als am Anfang des Kita-Jahres nötig wäre. Aber die letzten Jahre haben gezeigt: Am Ende des Kita-Jahres sind wir eigentliche nie im Plus, weil im Laufe des Jahres sowieso immer Mitarbeiter wegfallen“, sagt Klinger.

In Zeiten des Personalmangels nicht auf neue Bewerbungen angewiesen zu sein und eine offene Stelle direkt zu besetzen können: ein Luxus, den sich nicht jeder Träger leisten kann und will. „Natürlich weiß ich, dass wir einen sehr großzügigen Träger haben. Aber die Strategie hat sich in den letzten Jahren sehr bewährt.“

Hohe Elternbeiträge für die Kita = Verlässliche und gute Betreuung?

Ähnliche Erfahrungen macht auch Nadine Granow-Keysers, Leiterin des Fachbereichs Schule und Kindertagesbetreuung bei der Stadt Bottrop. „Wir setzen auch am Anfang des Kita-Jahres möglichst viele Stunden, also möglichst viel Personal ein. Das ist aber von Träger zu Träger unterschiedlich und wird sicherlich auch in Bottrop nicht allen Trägern möglich sein“, so Granow-Keysers.

Muss die Schlussfolgerung also lauten: Hohe Elternbeiträge = Verlässliche und gute Betreuung? Die Gegenprobe: In Mülheim liegt der Elternbeitrag mit 83 Euro besonders niedrig. Hier zeigten sich die Eltern unseres Familien-Checks gleichzeitig am wenigsten zufrieden mit der Qualität (Schulnote 2,3) und der Verlässlichkeit (2,4) der Betreuung. Der Blick nach Velbert aber zeigt, dass dies kein Automatismus ist. Hier hatte man 2021 beschlossen, die Kita-Elternbeiträge vollständig abzuschaffen. Im Familiencheck erzielt Velbert aber die Note 1,9 bei der Verlässlichkeit und eine 2,1 bei der Qualität, was dem Durchschnitt der Region entspricht.

Kostenlose Kita: In Velbert zahlen Familien keinen Elternbeitrag

Die Entlastung der Familien sei eine wichtige und nachhaltige Investition in die Zukunft einer kinderfreundlichen Stadt, hieß es damals unisono von den Fraktionen, während die CDU über „sozialpolitischen Unfug“ wetterte und der Bürgermeister warnte, dass so die ohnehin hohe Nachfrage nach Betreuungsplätzen und -zeiten weiter steigen könnte.

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Knapp 2 Millionen Euro pro Jahr hat die Stadt Velbert bis zur Abschaffung durch Elternbeiträge eingenommen. Ob sich nun allein durch die Abschaffung der Beiträge die Versorgungsquote verändert hat, kann die Stadtverwaltung nicht beurteilen, weil hier verschiedene Faktoren eine Rolle spielen würden. Festzuhalten sei: „Eltern wünschen sich verstärkt einen höheren Betreuungsumfang für ihre Kinder. Auch der Wunsch nach einer Betreuung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr steigt“, so Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach.

Fakt ist: Trotz der Eröffnung von zwei neuen Kitas bekommt nicht jedes Kind einen Platz: Die Betreuungsquote für Über-Drei-Jährige sinkt laut Bedarfsplanung von aktuell 97 Prozent bis zum Jahr 2025 auf nur noch 86 Prozent – 14 Prozent der Kinder bekommen demnach keinen Platz.

Ob weitere Ruhrgebietsstädte die Kita kostenlos anbieten, bleibt daher fraglich. In Bochum etwa wagt man zumindest zeitweise den Versuch: Eltern, die weniger als 50.000 Euro im Jahr verdienen, zahlen derzeit keine Elternbeiträge. Das ist aber nur durch Fördergelder möglich. Und selbst viele Bottroper Familien können sich im Dezember freuen: Die Stadt erlässt ihnen den Kita-Beitrag. Das betrifft allerdings nur Eltern, die nicht mehr als 55.000 Euro gemeinsamen im Jahr verdienen.

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