Essen. Bald beginnt für viele Kinder in NRW das neue Kita-Jahr. Doch was ist, wenn die Eingewöhnung nicht klappt? Das müssen Eltern wissen.

Wie läuft die Eingewöhnung in NRW-Kitas ab?

Um Kindern den Start zu erleichtern, findet zunächst die sogenannte Eingewöhnungsphase statt. Dabei wird das Kind die ersten Tage von einem Elternteil oder einer anderen Bezugsperson in die Kita begleitet. Je mehr es sich einlebt, desto mehr Zeit verbringt es in der Spielgruppe – dann auch ohne die Bezugsperson. „Die Eingewöhnung ist elementar, weil darauf die restliche Kita-Zeit aufbaut“, sagt Julia Cersovsky vom Kita-Zweckverband, dem zentralen Träger von Kitas im Bistum Essen.

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Zu welchen Schwierigkeiten kann es während der Eingewöhnung kommen?

Die größte Herausforderung für die Kinder ist es, von der Familie getrennt zu werden. Häufig haben sie auch Probleme, sich an die Gruppe und die neuen Abläufe anzupassen. „Die Kinder müssen sich auf so viel Neues einstellen: fremde Menschen, neue Räumlichkeiten und neue Abläufe“, sagt Cersovsky. Die Umstellung belaste aber nicht nur die Kinder selbst, sondern auch ihre Familie. „Damit Kind und Familie gut in der Kita ankommen können, wird die Eingewöhnung so feinfühlig und flexibel wie möglich gestaltet.“

„Der Abbruch einer Eingewöhnung ist nicht vorgesehen. Und es ist keine Option für uns zu sagen, es funktioniert nicht“, sagt Julia Cersovsky vom Kita-Zweckverband in Essen.
„Der Abbruch einer Eingewöhnung ist nicht vorgesehen. Und es ist keine Option für uns zu sagen, es funktioniert nicht“, sagt Julia Cersovsky vom Kita-Zweckverband in Essen. © Kita-Zweckverband | Nicole Cronauge

Auch nach einigen Wochen will mein Kind nicht alleine in der Kita bleiben. Was kann ich tun?

Dass einigen Kindern die Trennung schwerer falle als anderen, sei ganz normal. „Manche Kinder vergießen mitunter ein paar Tränen und wollen ihre Eltern nicht gehen lassen. Sobald die Eltern dann die Kita verlassen haben, lassen sich die meisten Kinder in der Regel aber ganz schnell beruhigen“, so Cersovsky. Familien sollten daher geduldig bleiben und vor allem Vertrauen in die Erzieherinnen und Erzieher haben – selbst wenn es schwerfällt, das weinende Kind zurückzulassen.

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Um die Trennung zu erleichtern, sollten Eltern sich immer ganz bewusst von ihrem Kind verabschieden und es am Ende des Kita-Tages bewusst begrüßen. Ein weiterer Tipp: Viel über die Kita reden. Was hat das Kind erlebt? Wie genau lief der Tag ab? Hat es schon neue Freunde gefunden? Vor welchen konkreten Situationen hat es Angst und welche Tipps kann man für diese Situationen geben? „So können Familien ihrem Kind ein besseres Gefühl geben, wenn es um die Kita geht“, sagt die Expertin.

Was macht die Kita, wenn die Eingewöhnung nicht wie geplant abgeschlossen werden kann?

Die Dauer der Eingewöhnung ist sehr individuell, in der Regel sollten Familien sich vier Wochen dafür Zeit nehmen. Manchmal könne die Eingewöhnung für das Kind aber auch schwieriger sein und länger dauern. „Die Fachkräfte überlegen dann gemeinsam mit den Familien, wie die Situation gestaltet werden kann, sodass der Abschied für das Kind zu bewältigen ist“, erklärt die Expertin. Die Erzieherinnen und Erzieher können dabei auf unterschiedlichste Strategien zurückgreifen, die sie individuell an die Kinder anpassen.

Kann die Kita die Eingewöhnung abbrechen?

„Der Abbruch einer Eingewöhnung ist nicht vorgesehen. Und es ist keine Option für uns zu sagen, es funktioniert nicht“, so Cersovsky. In solchen Fällen läuft es eher auf eine Verlängerung der Eingewöhnung hinaus. „Gemeinsam werden dann eben über einen längeren Zeitraum als geplant Rituale und Abläufe gefunden, damit für das Kind doch noch eine aufregende Zeit in der Kita beginnen kann.

Können Eltern die Eingewöhnung abbrechen?

Wenn Eltern den Betreuungsvertrag kündigen, können sie die Eingewöhnung rechtlich gesehen abbrechen. Dabei muss allerdings die Kündigungsfrist eingehalten werden, die im Vertrag festgehalten wurde.

Wenn die Kita-Eingewöhnung in NRW nicht wie geplant läuft, können Eltern ihre Elternzeit verlängern und später in den Beruf zurückkehren, sagt der Essener Rechtsanwalt Christian Nohr.
Wenn die Kita-Eingewöhnung in NRW nicht wie geplant läuft, können Eltern ihre Elternzeit verlängern und später in den Beruf zurückkehren, sagt der Essener Rechtsanwalt Christian Nohr. © Privat | Privat

Mein Kind bleibt nicht alleine in der Kita, aber ich muss bald wieder anfangen zu arbeiten. Kann ich die Elternzeit spontan verlängern?

Jedem Elternteil stehen insgesamt drei Jahre Elternzeit zu. Wenn dieser Anspruch noch nicht verbraucht wurde, kann die Elternzeit grundsätzlich auf bis zu drei Jahre verlängert werden“, sagt Christian Nohr, Fachanwalt für Arbeits- und Familienrecht in Essen. Der Antrag auf Verlängerung muss allerdings spätestens sieben Wochen vor Beginn der geplanten, verlängerten Elternzeit beim Arbeitgeber gestellt werden. „Wird diese Frist nicht eingehalten, kann der Arbeitgeber den Antrag ablehnen‘“, so Nohr.

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Ich habe wieder angefangen zu arbeiten, mein Kind hat aber Schwierigkeiten, in der Kita zu bleiben. Darf ich es während der Arbeitszeit abholen?

Eltern können sich in dieser Situation auf Artikel 6 Grundgesetz berufen, so Rechtsanwalt Nohr. Dort heißt es: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“

Das Sorgerecht verpflichtet Eltern also dazu, sich um ihr Kind zu kümmern und ihr Kind aus der Kita abzuholen. „Wenn ich es nicht abhole, ist mein Kind in Not. Und diese Not meines Kindes wiegt mehr als die Pflicht zur Arbeit“, argumentiert der Experte. Eltern müssen selbstverständlich Rücksprache mit ihren Vorgesetzten halten und Lösungen finden, wie sie die Arbeitszeit nachholen – am Abend, an einem anderen Tag oder durch die Streichung eines Urlaubstages. „Es kommt darauf an, wie man sich mit dem Arbeitgeber einigt. Aber juristisch gesehen kommt es dabei eigentlich nie zu Problemen“, so Nohr.

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Schwierigkeiten in der Eingewöhnungsphase, die dazu führen, dass Eltern ihre Arbeit zeitweise unterbrechen müssen, seien mit den Herausforderungen während der Corona-Pandemie oder während eines Kita-Streiks zu vergleichen, sagt Nohr: „Die Probleme sind juristisch gesehen die gleichen, weil Eltern aufgrund der Betreuung ihres Kindes nicht wie geplant der Arbeitspflicht nachkommen können. Arbeitgeber und Arbeitnehmer konnten sich bisher immer mit der Situation arrangieren. Eltern sollten sich also nicht allzu viele Gedanken machen.“

Mit Beginn der Kita-Zeit werden Kinder häufig krank. Darf ich zuhause bleiben, um mein Kind zu pflegen?

Ja. Wenn das Kind krank ist, hat jedes Elternteil Anspruch auf zehn sogenannte Kinderkrankentage pro Jahr, bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage, erklärt Rechtsanwalt Nohr.

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