Düsseldorf. Neue Studie zeigt: Der Handlungsbedarf in NRW-Kitas ist groß. Viele müssen ihre Angebote und Betreuungszeiten reduzieren. Die Hintergründe.

Viele Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen müssen wegen Personalmangels ihre Angebote und Betreuungszeiten reduzieren. Experten warnten deshalb am Dienstag beim Deutschen Kitaleitungskongress (DKLK) in Düsseldorf vor einer „Katastrophe“ in der frühkindlichen Bildung.

„Zu wenig Personal verschlechtert nicht nur die Qualität der frühkindlichen Bildung für die Kinder, sondern auch die Arbeitsbedingungen für die pädagogischen Fachkräfte“, sagte Anne Deimel, Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) NRW. Eine an diesem Tag veröffentlichte DKLK-Studie zeigt deutlich, dass sich der Personalmangel in den Kitas in den letzten zwölf Monaten noch einmal verschärft hat. Die Studie ist bislang die bundesweit größte Umfrage unter Kitaleitungen. Ein Überblick.

Wie ist die Situation in NRW?

In NRW bestätigen 96 Prozent der Kitaleitungen einen deutlich höheren Personalmangel in den letzten zwölf Monaten. Damit liegt das Land knapp über dem Bundesdurchschnitt (95 Prozent). Für knapp zwei Drittel der Befragten ist es noch schwieriger geworden, offene Stellen zu besetzen, ein Drittel der Kitaleitungen hat zudem Probleme damit, „passgenaues“ Personal zu finden.

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„Diese Entwicklungen sind alarmierend“, betonte Anne Deimel. So musste jede zehnte Kita in NRW im Februar wegen des Personalmangels ihre Angebote einschränken.

Welche Auswirkungen hat das auf die Fachkräfte?

89 Prozent der Leitungen gaben an, dass ihre Mitarbeitenden in den Kitas unzufrieden mit der pädagogischen Arbeit sind und sie weniger Freude bei der Arbeit empfinden (92 Prozent). Für Anne Deimel ist das eine logische Konsequenz, schließlich „können sie ohne ausreichend Personal ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht werden.“

Wegen dem fehlenden Personal leiden die Pädagoginnen und Pädagogen in den Einrichtungen unter einer hohen zusätzlichen Arbeitsbelastung. So lassen sich Fachkräfte häufiger krank schreiben, Fehlzeiten häufen sich an – das bestätigen fast alle Befragten aus NRW (99 Prozent).

Was hilft den Kitaleitungen bei der Personalgewinnung?

Als eine wichtige Unterstützung nannten 70 Prozent der Kitaleitungen das Angebot einer praxisintegrierten Ausbildung, die in vielen Einrichtungen angeboten wird, um Personal zu sichern. Die größten Potenziale sehen die Befragten allerdings darin, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser zu bezahlen.

Zudem zeigen die Studien-Ergebnisse, dass sich viele Kitaleitungen den Ausbau von Stellen in ihrer Einrichtung wünschen sowie die Förderung der individuellen beruflichen Perspektiven. Diese Maßnahmen wurden laut Umfrage von der Politik allerdings noch nicht ergriffen.

Wie hilft die Landesregierung?

Um den anhaltenden Fachkräftemangel in Kitas zu bekämpfen, hat die Landesregierung das „Sofortprogramm Kita“ auf den Weg gebracht. Dabei handelt es sich um ein gemeinsames Maßnahmen-Papier, auf das sich Kitaträger und NRW-Familienministerium verständigt haben. „Mit dem ,Sofortprogramm Kita‘ ergreifen wir kurzfristig erste, notwendige Maßnahmen in dieser akuten Situation“, sagte Familienministerin Josefine Paul (Grüne) kürzlich bei der Vorstellung des neuen Programms.

So soll etwa die praxisintegrierte Ausbildung zur Kinderpflegeperson im kommenden Jahr fortgeführt werden. Bis August 2023 können bis zu 900 Ausbildungsplätze neu gefördert werden. Zudem will das Land Quereinstiege in den Kitabetrieb weiterhin fördern und vereinfachen. Auch das vom Land geförderte Projekt der Integrationsbegleiterinnen und –begleiter, die Fachkräfte in Kitas unterstützen, will Ministerin Paul flächendeckend ausweiten.

Was fordern Bildungsexperten?

Der VBE in NRW begrüßt den Vorstoß vom Land als einen „ersten notwendigen Schritt“. Allerdings müssten dringend weitere Schritte folgen. Anne Deimel: „Wenn die Gesellschaft bestmögliche Betreuung und Bildung für unsere Kinder möchte, sind kleinere Gruppengrößen, bessere Arbeitsbedingungen und ausreichend Räumlichkeiten, die pädagogisches Arbeiten ermöglichen, unabdingbare Voraussetzungen.“

So müsse die Politik das notwendige Geld in die Hand nehmen, um neues Personal zu gewinnen und um den Beruf der Erzieherinnen und Erzieher attraktiver zu machen. Darüber hinaus fordert sie ein Notfallplan, der allen Mitarbeitenden im Kitabetrieb aufzeigt, was bei Personalnotstand zu tun ist.