Essen. Zuhause bleiben oder ab in die Kita? Viele Eltern wissen nicht weiter. Ein Arzt gibt Tipps – und verrät, weshalb Kinder bis zu 17 Mal krank sind.

Die Erkältungswelle hat die Kitas in Nordrhein-Westfalen derzeit fest im Griff. Um Infektionsketten und damit mögliche Gruppenschließungen zu stoppen, können Eltern einen wichtigen Beitrag leisten, meint Michael Achenbach, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Westfalen-Lippe, im Gespräch mit Laura Lindemann.

Herr Achenbach, ab wann ist es sinnvoll, sein Kind bei einem Infekt zu Hause zu behalten?

Michael Achenbach, Sprecher des Berufsverbands der Kinder und Jugendärzte (BVKJ) in Westfalen Lippe: Zuerst muss man wissen, dass Kinder zwischen null und vier Jahren am häufigsten von Infekten betroffen sind. Kleinkinder sind im ersten Kitajahr durchschnittlich bis zu 17 Mal krank. In der Regel handelt es sich um 13 Atemwegsinfektionen und etwa vier Magen-Darm-Erkrankungen. Vielen Eltern ist nicht bewusst, dass das normal ist.

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Wichtig ist, dass Kind bei Durchfall und Erbrechen zu Hause zu lassen. Genauso wenig gehört ein Kind mit Fieber in die Kita, auch dann nicht, wenn vorher Saft zur Fiebersenkung gegeben wurde. Bei einem Kind mit Schnupfen hingegen, muss man die Situation abwägen. Nicht jedes Kind muss mit laufender Nase zu Hause bleiben, nur etwa dann, wenn die Augen eitrig sind. Bei einer Mandelentzündung verhält es sich folgendermaßen: Nimmt das Kind bereits Antibiotikum, kann es in der Regel ab dem dritten Tag wieder in die Kita gehen, weil es dann nicht mehr als ansteckend gilt.

„Erst fit, dann Kita“, lautet die Faustregel von Kinder- und Jugendarzt Michael Achenbach aus NRW.
„Erst fit, dann Kita“, lautet die Faustregel von Kinder- und Jugendarzt Michael Achenbach aus NRW. © Privat

Ab wann kann ich mein Kind nach einer Infektion wieder in die Kita bringen?

Meine Faustregel lautet: Erst fit, dann Kita. Bei Magen-Darm-Erkrankungen sollte das Kind zwei Tage lang zu Hause keinen Durchfall mehr haben, um es wieder in die Kita zu bringen. Bei einer Erkältung sollte das Kind einen Tag wieder fit zu Hause sein.

Es ist wichtig, die Genesung des Kindes konsequent abzuwarten. Damit denken Sie nicht nur an die Gesundheit Ihres eigenen Kindes, sondern auch an die der anderen Kita-Kinder. Doch leider schicken Eltern ihre Schützlinge oft zu früh in die Kita zurück, obwohl sie noch nicht vollständig genesen sind. Das ist nicht hilfreich, um die Infektkette zu unterbrechen. Im Endeffekt fallen dadurch viel mehr Eltern aus.

Warum bringen Eltern ihre Kinder oft so früh wieder in die Kita?

Häufig stehen Mütter und Väter unter dem Druck, wieder frühzeitig arbeiten gehen zu müssen. Sie wollen bloß nicht lange ausfallen, das ist gesellschaftlich noch nicht so akzeptiert. Damit sind wir in der Vergangenheit stehen geblieben, als nur ein Elternteil erwerbstätig war. Es braucht dahingehend ein gesellschaftliches Umdenken. Wenn wir wollen, dass beide Elternteile arbeiten, müssen wir auch aushalten, dass diese jeweils auch mal auf der Arbeit fehlen.

Zudem ist es für Eltern problematisch, dass sie die Krankenbescheinigung für ihr Kind bereits am ersten Tag der Erkrankung bei ihrem Arbeitgeber einreichen müssen. Dafür müssen sie jedes Mal in die Praxis kommen. Arbeitnehmer müssen das hingegen erst ab dem vierten Tag ihrer Erkrankung. Um die Praxen zu entlasten und die Situation für Eltern zu vereinfachen, braucht es hier eine Angleichung.

Was kann ich vorbeugend tun, damit mein Kind nicht krank wird?

Es gibt die Möglichkeit, das Kind mit Maske in die Kita zur schicken, sie schützt nach wie vor nachweislich vor Infektionen. Hier muss man sich allerdings die Frage nach der Praktikabilität und der gesellschaftlichen Akzeptanz stellen.

Der beste Schutz vor Infektionen ist nach wie vor das Training des Immunsystems. Und das trainiert man am besten, indem man das Kind in die Kita und auf den Spielplatz schickt, wo es mit anderen Kindern in der Gruppe ist. Zudem ist eine ausgewogene Ernährung eine gute Basis für ein funktionierendes Immunsystem. Orientieren können sich Eltern hierbei an der Optimix-Ernährungspyramide, die vom Forschungsinstitut für Kinderernährung entwickelt wurde. Diese lässt sich einfach googeln.