Emmerich. In der Steinstraße in Emmerich hat es gefühlt noch nie so viel Leerstand wie zurzeit gegeben. Welche Möglichkeiten es jetzt gibt. Eine Analyse.
Als eines ihrer zentralen Projekte nennt die Stadt Emmerich die Verbesserung der Situation an den Einfallstoren zur City. Sprich: Der Geistmarkt soll neudeutsch ein Facelifting erhalten. Nun lässt sich über den Sinn der Maßnahme trefflich streiten, wenn sich hinter dem Einfallstor eine Situation zeigt wie aktuell an der Steinstraße.
Zweitwichtigste Einkaufsstraße von Emmerich
In Emmerichs zweitwichtigster Einkaufsstraße herrscht neben einigen Lichtblicken viel Tristesse – vorsichtig ausgedrückt. Böse Zungen behaupten ja bis heute, dass der Niedergang der Steinstraße mit der Schließung der Karstadt-Filiale seinen Anfang genommen hat. Und das war am 1. Mai 1986.
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In den über 37 Jahren gab es in der Steinstraße ein Kommen und Gehen. Zurzeit vor allem ein Gehen. Denn die Zahl der Leerstände ist gefühlt im Moment so hoch wie noch nie. Streng genommen gehört die Gastronomie im Eckhaus gegenüber des Rathaus postalisch zum Geistmarkt – aber geschenkt: Die Kneipe Zum Holländer hat vor kurzem dicht gemacht, Leerstand Nummer 1 direkt am Anfang.
Zwei polnische Supermärkte geschlossen
Die sich anschließende kleine Eisdiele ist bereits seit längerem geschlossen. Die zwei polnischen Supermärkte mit schlesischen Spezialitäten, die von der gleichen Inhaberin geführt wurden und quasi vis-à-vis von einander gelegen waren, sind ebenfalls geschlossen. Das Sanitätshaus Mönks + Scheer hat die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und hat seine Zelte an der Ecke zur Fährstraße abgebrochen, um nun im Medizinischen Zentrum an der ehemaligen Kaserne für die Kundschaft da zu sein.
Sozialkaufhaus Palette schließt die Pforten
Zynisch könnte man formulieren, dass es ja durchaus ein gutes Zeichen ist, wenn ein Sozialkaufhaus geschlossen wird, wie jetzt bei der Palette durch die Caritas geschehen. Wenn sich Bürger in den Sozialen Medien aber über die zu hohen Preise im besagten Sozialkaufhaus mokieren, ist dies ein weiteres Alarmzeichen und sicherlich kein Argument, wieso sich ein Händler in so einer Gegend niederlassen sollte.
Schon lange Leerstand bei Motz und Korten
Im weiteren Verlauf der Steinstraße fallen zwei weitere Dauer-Leerstände ins Auge. Die ehemalige Bäckerei Korten und das Schreibwarengeschäft Motz. Auch das Ladenlokal in dem früher der Zaunkönig beheimatet war, ist leer. Der Käseladen musste in diesem Jahr aufgeben. Wann die Sanierung von De Wette Telder endlich abgeschlossen sein wird, steht in den Sternen. Leer neben dem zu sanierenden Gebäude sind auch die Geschäftsräume, in denen bis vor einiger Zeit die Agentur Romen untergebracht war.
Kurze Gastspiele von zwei Cafés
Nur ein kurzes Gastspiel gab es vom Frühstückscafé Mévan, das im Sommer des vergangenen Jahres in der ehemaligen Bäckerei Karl eröffnet hatte. Ebenfalls von geringer Halbwertzeit war das Eiscafé im alten Fassin-Geschäft an der Ecke Alter Markt.
Der Status quo ist ernüchternd. Eine rosige Zukunft schimmert nicht mal vorsichtig am Horizont. Um die Abwärtsspirale aufzuhalten, liebäugelt die Bürgergemeinschaft Emmerich (BGE) mit dem Gedanken, die Steinstraße als Sanierungsgebiet auszuweisen. Zweimal hat die Stadt Emmerich schon zu diesem Instrument gegriffen: bei der ’s-Heerenberger Straße und bei der van-Gülpen-Straße.
BGE könnte sich Ausweisung eines Sanierungsgebietes vorstellen
Der Vorteil für die Stadt: Wird ein Sanierungsgebiet ausgewiesen, können Immobilienbesitzer besser an die Kandare genommen werden. Derzeit wird im politischen Raum auch diskutiert, ob nicht auch die Blücherstraße Sanierungsgebiet werden sollte. Eine Einkaufsstraße in zentraler Innenstadt-Lage als Sanierungsgebiet auszuweisen, wäre aber wohl ein ziemlich einmaliger Vorgang.
Was wiederum die Grundproblematik aufzeigt. Die Fläche für den innerstädtischen Handel ist viel zu groß – sicherlich aus historischen Gründen so gewachsen. Ein Straßengeflecht von Steintor über Geistmarkt via Steinstraße sowie Alter Markt und Neumarkt über Kaßstraße bis zum Kleinen Löwen und dann mit Ausläufern durch Mennonitenstraße und Hühnerstraße kann keine vergleichbare Stadt mit 32.000 Einwohnern in ganz Deutschland mit gut gehenden Ladenlokalen bestücken. Eine Frage muss in diesem Zusammenhang dann auch erlaubt sein: Ist das geplante Fachmarktzentrum auf dem ehemaligen Wemmer & Janssen-Gelände nicht ein weiterer Sargnagel für die Steinstraße?
Wohnraum statt Handel im Erdgeschoss an der Steinstraße
Daher könnte es Sinn machen, gewerbliche Flächen wegfallen zu lassen. Wenn es erlaubt würde, dass zum Beispiel in der Steinstraße in den Erdgeschossen Wohnraum statt Handel einziehen könnte, würde sich der sichtbare Leerstand sofort verringern. Hier müssen aber auch die Eigentümer mitspielen. Denn um ein Ladenlokal in eine Wohnung umzugestalten, müssen Investitionen vorgenommen werden. Ob sich das dann mit den zu erwartenden Mieteinnahmen rechnet, ist fraglich.
Sondervermögen für die Innenstadt
Schließlich gibt es auch noch das Sondervermögen in Höhe von zehn Millionen Euro für die Innenstadt. Hier könnte die Stadt in Form ihrer Tochter EGE Häuser kaufen. Beispielsweise bei Post, alter Polizeiwache und nicht zuletzt dem Bahnhofsgebäude ist dies bereits gemacht worden.
>> Barber-Shop hat eröffnet
Ein neues Ladenlokal ist nun in der Steinstraße eröffnet worden. Beim Haval Barber an der Steinstraße 3 können sich Männer den Bart trimmen und die Haare schneiden lassen. Zuvor war in den Geschäftsräumen ein Laden für Kleidung untergekommen.
Ebenfalls neu im ehemaligen Ladenlokal von Leselust: die polnische Butik. Dieses Geschäft ist allerdings nur von der Kaßstraße zur Steinstraße gezogen.