Emmerich. Blücherstraße könnte als Sanierungsgebiet ausgewiesen werden. Es gab schon mal einen ähnlichen Fall in Emmerich. Was das für die Straße bedeutet.
Eigentum verpflichtet. Das steht im Grundgesetz. Genau genommen in Artikel 14. Demnach binden Haus- und Wohnungsbesitzer sich nicht nur an ihr Eigentum, sondern auch an die Verantwortung der Gesellschaft gegenüber, die mit dem Erwerb einhergeht – auch bekannt als Sozialpflichtigkeit.
Anwohner beschweren sich über Unrat auf der Straße
Beim Blick in die Blücherstraße in Emmerich steht die Grundgesetz-Treue einiger Immobilieneigentümer arg in Zweifel. Einige Mehrfamilienobjekte in der Straße sind in einem ruinösen Zustand. Und das seit Jahren – wenn nicht Jahrzehnten. Der Sanierungsstau zieht sich und bringt weitere Probleme mit sich.
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Immer wieder haben sich in den vergangenen Jahren Anwohner an die NRZ gewandt, um auf teils unhaltbare Zustände aufmerksam zu machen. So wurden Unrat, Sperrmüll und Abfälle auf der Straße entsorgt. Durch die Nähe zum Hafen werden durch die Abfälle Ratten angelockt.
Auch die ‘s-Heerenberger Straße war mal Sanierungsgebiet
Hinzu sollen auch einige Wohnungen nicht ansatzweise dem mitteleuropäischen Standard genügen. Laut Aussage der Stadt Emmerich sind dort auch Leiharbeiter untergebracht. Wie vielfach bei diesen Objekten lässt sich nicht der Wille von Investitionen bei den Eigentümern der Immobilien erkennen.
Nun soll zu einem Instrument gegriffen werden, um die Situation an der Blücherstraße zu verbessern. So könnte das Areal als Sanierungsgebiet ausgewiesen werden. Dies wäre allerdings kein einmaliger Vorgang. „Das haben wir in der Vergangenheit auch schon mal für den Bereich der ‘s-Heerenberger Straße an der Fulkskuhle gemacht“, erinnert sich der Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung, Albert Jansen (CDU), gegenüber der NRZ.
Ausweisung als Sanierungsgebiet gibt der Stadt mehr Möglichkeiten
Mit der Ausweisung als Sanierungsgebiet hat die Stadt „mehr Möglichkeiten, dort einzugreifen und die Eigentümer der Immobilien an die Kandare zu nehmen“, verdeutlicht Stadtsprecher Tim Terhorst den Gedanken hinter der Planung. Um eine entsprechende Satzung erlassen zu können, muss eine Bestandsaufnahme durchgeführt werden.
Denn neben den angesprochenen Problemen gibt es auch noch einen weiteren übergeordneten Konflikt: Die Industrie in unmittelbarer Nähe weitet sich aus. Die Wohnbereiche in der Blücherstraße passen eigentlich nicht mehr ins langfristige Konzept. Gerade auch wegen der dort durch die industrielle Nutzung entstehenden Immissionen.
Bis dahin ist es freilich noch ein weiter Weg. Zunächst müssen sich die zuständigen politischen Gremien darüber verständigen, ob die Ausweisung eines Sanierungsgebiets Blücherstraße sinnvoll ist. Beziehungsweise ob weitere angrenzende Straßenteilbereiche ebenfalls als Sanierungsgebiet erfasst werden sollen.
Europapolitiker der Grünen in der Blücherstraße im Herbst 2020
Die Situation der Blücherstraße wird im Übrigen durchaus differenziert betrachtet. Sven Giegold, seit Dezember 2021 Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, besuchte auf einer Wahlkampftour im Herbst 2020 Emmerich und sprach dabei auch über Leiharbeiter. Der Grünen-Politiker, zu der Zeit Mitglied des Europäischen Parlamentes, reiste mit dem Zug an und wurde von seinen Parteifreunden durch die Blücherstraße geführt, um sich vor Ort ein Bild zu machen. „Von Außen sieht es dort auf der Straße nicht so schlimm aus, wie in dem sozialen Brennpunkt, in dem ich aufgewachsen bin“, sagte Giegold damals, der in Las Palmas de Gran Canaria geboren wurde und in Hannover aufwuchs.
>>> Benannt nach Marschall Vorwärts
Der preußische Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher, Spitzname Marschall Vorwärts, ist der Namensgeber der Straße zwischen Bahnhof und Containerhafen. Blücher lebte um 1800 für fast zwei Jahre in Emmerich. Allerdings nicht in der seit 1914 nach ihm benannten Straße sondern am Geistmarkt.
Von 1906 bis 1914 trug die Straße den Namen Schlachthofstraße, nach dem am 15. Juni 1905 eröffneten Schlachthof. Schon damals gab es immer wieder Beschwerden, weil sich die Straße in einem miserablen Zustand befunden haben soll. Die Metzger beklagten, dass der Weg unpassierbar sei und das Fleisch mit Straßenschmutz bespritzt werde.