Rock 'n' Roll: Ein neues Motörhead-Album und als Hörbuch die Lemmy-Autobiografie “White Line Fever“

We Are Motörhead. We Play Rock 'n' Roll." Ist doch schön, dass es auch im Globalisierungs-Jahrhundert noch Dinge gibt, die sich einfach nicht ändern. Lemmy zum Beispiel, der coolste Hund, seit Bässe an Verstärker gekoppelt werden. 62 ist der Mann jetzt und haut mit seinen Kumpels Mikkey Dee (Schlagzeug) und Phil Campbell (Gitarre) immer noch eine Hammerscheibe nach der anderen raus - vollkommen losgelöst von allen Trends natürlich. Nu Metal? Crossover? Für so was kratzt sich Lemmy nicht mal an seinen Gesichtswarzen. One, two, three, four, dann geht's los. Und das seit mehr als 30 Jahren. Wenn es im Rock 'n' Roll eine überraschungsfreie Zone gibt, dann diese hier. Und genau dafür lieben Millionen Fans Motörhead - dass sie im Wesentlichen auf Album Nummer 26 noch so klingen wie 1977 auf Album Nummer eins.

Während andere Bands langsam, aber sicher vom Zahn der Zeit zernagt werden und sich - wie z. B. Iron Maiden in Wacken - bei Konzerten mit Best-of-Setlists über Wasser halten müssen, sind Lemmy und Co. auch 2008 noch für echte Knaller gut, die auf CD ebenso zünden wie auf der Bühne. Im Fall von "Motörizer" gilt das unter anderem für den Boogie-Stampfer "The Thousand Names Of God" und die Hochgeschwindigkeitsattacke "Rock Out", die sich locker auf "Ace Of Spades"-Niveau bewegt.

Keine 40 Minuten ist das neue Album lang - und das ist auch gut so. Mit drittklassigen Füllern vollgestopfte Veröffentlichungen, bei denen auf Krampf die maximale Laufzeit einer CD ausgeschöpft werden soll, gibt es schon viel zu viele.

Wobei: Manchmal macht Vollstopfen natürlich Sinn, wie bei der Lemmy-Autobiografie "White Line Fever", die jetzt als Hörbuch erschienen ist. 2 ½ Stunden lang geht es da durch das bewegte Leben des an Heiligabend 1945 geborenen Ian Fraser Kilmister, so sein bürgerlicher Name. Und wer hier eine prickelnde Mischung aus Sex (viel), Drugs (noch mehr) und Rock 'n' Roll (ohne Ende) erwartet, liegt verdammt richtig. "Meine früheste Erinnerung ist, dass ich geschrien habe. [...] Wahrscheinlich ein Tobsuchtsanfall. Oder ich habe schon mal geprobt. Ein Spätzünder war ich noch nie", heißt es zu Beginn, und damit ist die Stoßrichtung wohl klar. Martin Semmelrogge, selbst ja auch kein Kind von Traurigkeit, liest mit gewohnt nöliger Stimme und zwischendurch gibt's ein paar ordentliche Motörhead-Happen: "Be My Baby", "Overnight Sensation", "Down The Line", "Devil I Know", "In The Name Of Tragedy" und "Ace Of Spades". Starkes Teil.