Hamburg. Peter Tschentscher und Katharina Fegebank sind bereits auf Werbetour. Prominente Wechselspiele prägen die Bürgerschaftswahl 2025 in Hamburg.
- Bürgerschaftswahl Hamburg 2025 für den 2. März terminiert
- Grüne Spitzenkandidatin Katharina Fegebank fordert Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) heraus
- Prominente Politiker verzichten auf Kandidatur
Das waren ja wahre Krönungsmessen früher: Der Top-Alphamann der Partei wird zum Spitzenkandidaten für die nächste Wahl gekürt. Programmatische Reden voller Leidenschaft, Standing Ovations, Tschingderassabum und bei der SPD wird gesungen: „Glückauf, der Steiger kommt“. Das war einmal. Was ein Steiger ist (eine Art Truppführer auf Zechen im Kohlebergbau), weiß heute kaum noch jemand. Leidenschaft kommt in Hamburger Wahlkämpfen so dosiert daher wie die Waschpulverfüllung aus dem beigelegten Messbecher. Und Programme, ja Programme, die sind Textbausteine des politisch Bekannten.
So hat gut 140 Tage vor dem Gang zur Urne der Wahlkampf für die Hamburger Bürgerschaftswahl am 2. März 2025 still und beinahe heimlich begonnen. Zumindest für die Spitzenkandidatin der Grünen, Katharina Fegebank, und ihren bisherigen und aller Voraussicht nach künftigen Koalitionspartner Peter Tschentscher (SPD). Die Partner auf der Senatsbank treten als Mannschaftsführer auch persönlich gegeneinander an. Fegebank („Wir spielen auf Sieg“) fordert nach 2020 erneut Tschentscher heraus. Und der Bürgermeister hat sich am Sonnabend von seiner Partei (die mit dem Steigerlied) an die Spitze der Liste 2025 wählen lassen.
Hamburger Bürgerschaftswahl 2025: Duell zum Auftakt elektrisiert schon jetzt
Gleich danach geht seine Solo-Tournee los, mit einer Handvoll von Auftritten im Bürgerhaus Bornheide (Osdorf), genannt „Rotes Haus“, am 16. Oktober, dann 4. November in Harburg (St. Paulus-Kirche), 12. November im Koralle Kino in Volksdorf und so weiter. Was die SPD „Peter Tschentscher LIVE“ nennt („neue Staffel“, „beliebtes Format“) ist in Wirklichkeit Wahlkampf.
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Das ist nicht ehrenrührig, sondern ein Vorgeschmack auf die verkürzte Kampagne, die vor Weihnachten wenig Sinn ergibt und danach im Turbo-Tempo bis Anfang März die Unentschlossenen einfangen soll.
Herausforderin Fegebank, gehemmt durch die Umwälzungen an der Grünen-Spitze und das Aufmucken und Austreten des Parteinachwuchses, fährt mit Hamburger Topforschern wie Prof. Marylyn Addo (UKE) durch Ghana, weist auf brennende Bussitze hin und macht Termine wie zu künstlicher Intelligenz in dem von ihr mitverantworteten Uniklinikum Eppendorf. Da sieht sie sich: als Wissenschaftssenatorin, umgeben von erfolgreichen Macherinnen und Machern. Die Bürgerschafts-Wahlideen nennen die Grünen forsch „Regierungsprogramm“, als sei eine Alleinherrschaft im Senat zu erwarten. Für gewöhnlich wird ein „Regierungsprogramm“ zwischen Koalitionspartnern verhandelt. Fegebank muss mit der „Krönung“ noch warten, die grüne Liste wird nun erst am 9. November aufgestellt.
Hamburg-Wahlen 2025 mit prominenten personellen Wechselspielen
Und die CDU als vermeintlich größter Rivale der Regierenden? Spitzenkandidat Dennis Thering hatte sich in weiser Voraussicht als Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft auch den Hamburger Parteivorsitz von Christoph Ploß geangelt. Und er hat – eine bislang unerprobte Wahlkampfstrategie – für neue Stimmen gleich mehrere Überläufer aus anderen Parteien geworben, wie die Ex-Liberale Anna von Treuenfels-Frowein.
Der SPD ging der Wirtschaftsexperte Joachim Seeler von Bord (jetzt FDP), den Grünen Ivy Müller (Richtung Links-Fraktion). Mathias Petersen, einst als SPD-Bürgermeisterkandidat gehandelt, verzichtet künftig auf die Bürgerschaft. Bei den Linken haben Norbert Hackbusch und Sabine Boeddinghaus ausgewahlkämpft. Cansu Özdemir, Heike Sudmann und Sabine Ritter sind das Spitzentrio, das den bevorstehenden Angriff des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Hamburg abwehren soll.
Und natürlich den weiteren Aufstieg der AfD verhindern. Zuletzt hat sich gezeigt, dass die Hamburg-Trends von Entwicklungen auf der Bundesebene etwas abgekoppelt waren. Weder war die AfD so beliebt bei den Wählerinnen und Wählern, noch erodierten die SPD- und Grünen-Ergebnisse derart. In Hamburg heißt der SPD-Song bei Parteiveranstaltungen auch zumeist „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“. Das (Ab-)Steiger-Lied erklingt woanders.
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Fehlen wird im Bürgerschaftswahlkampf und auf der Senatsbank demnächst Jens Kerstan (Grüne). Der Umweltsenator tritt nicht mehr an. Im Wahlkampf will sich Kerstan allerdings offenbar doch noch ein bisschen einbringen. Was mit weiteren prominenten Koalitionären, Kandidaturen oder Verzichtserklärungen ist, kann bislang nur spekuliert werden.
Die Bürgerschaftswahl im Frühjahr 2025 ist die letzte Abstimmung vor der Bundestagswahl im Herbst darauf. Dass die Parteien stark auf Kanäle wie X und Instagram setzen, liegt im Trend. Schon der amtierende Senat lässt sich seine Auftritte dort einiges kosten. Die Grünen suchten zuletzt wieder einen Praktikanten für das Social-Media-Team. Junge Leute, die irgendwas mit Medien machen, kann man beim Stimmenfang immer gebrauchen.