Hamburg. Falko Droßmann war Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte. Am Dienstag ist er auf einen der einflussreichsten Posten in Berlin gewählt worden.

Es ist einer der einflussreichen Posten im Bundestag, und künftig wird ihn ein Hamburger ausfüllen: Der frühere Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, Falko Droßmann, ist am Dienstagnachmittag zum neuen verteidigungspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion gewählt worden.

Damit ist er als Vertreter der derzeit größten Fraktion im Verteidigungsausschuss mitverantwortlich für den zweitgrößten Posten im Bundeshalt: den Verteidigungsetat von aktuell 53 Milliarden Euro für 2025.

In der vorvergangenen Woche war Droßmann mit knapper Mehrheit von sechs zu vier Stimmen in der Arbeitsgemeinschaft Verteidigung seiner Genossen für den Posten nominiert worden. Die Wahl in der Fraktion galt damit nur noch als Formsache. Der Sprecherjob musste neu besetzt werden, weil der bisherige Amtsinhaber Wolfgang Hellmich aus privaten Gründen zurückgetreten war.

Falko Droßmann: Hamburger bekommt einen der wichtigsten Posten im Bundestag

Seine erwartete Wahl bezeichnete Droßmann vorab im Gespräch mit dem Abendblatt als „große Verantwortung und einen großen Vertrauensvorschuss“. Natürlich habe er gerade in diesen Zeiten des Kriegs in der Ukraine „auch echten Respekt vor dieser Aufgabe“, so Droßmann. „Aber ich nehme die Herausforderung an. Wäre ich ein Bangbüx, hätte ich den falschen Beruf.“

Es sei seiner Fraktion in diesen Zeiten wohl richtig erschienen, „jemanden in den Verteidigungsausschuss zu entsenden, der selbst fast zwei Jahrzehnte Soldat war und auch weiß, wie furchtbar Kriege sind“, sagt der 50-Jährige ausgebildete Polizist und Oberstleutnant der Luftwaffe, der an der Bundeswehr-Uni in Hamburg ein Studium der Geschichtswissenschaft absolvierte und danach als Berufssoldat jahrelang für die UN-Blauhelme weltweit eingesetzt wurde.

Ukraine-Krieg: Was Droßmann zur Nutzung deutscher Waffen sagt

Zum aktuellen Krieg in der Ukraine hat Droßmann, der den ebenso umtriebigen wie umstrittenen Johannes Kahrs als SPD-Bundestagsabgeordneter in Hamburg-Mitte beerbte, eine sehr klare Position. Das angegriffene Land müsse weiter intensiv unterstützt werden, so Droßmann.

„Die Alternative ist doch, dass wir den tapferen Ukrainern sagen: Wir machen einen Deal mit dem Aggressor, damit wir unsere Ruhe haben. Dass Russland euer Land vernichtet, eure Freiheiten nimmt, Demokratie und Rechtsstaat abschafft – das ist euer Problem.“

Skeptisch ist Droßmann allerdings, was den Einsatz westlicher Waffen für Angriffe in Russland angeht. „Eine Nutzung deutscher Waffen zur Bekämpfung russischer Ziele in Russland ist nicht ausschlaggebend für den Erfolg der ukrainischen Offensiven“, sagt Droßmann. „Sollte der Einsatz deutscher Waffen im russischen Kernland als weitere Eskalation verstanden werden können, kann er nicht stattfinden.“

US-Raketen: Droßmann spricht sich für neue Stationierung in Deutschland aus

Droßmann, der 2008 für „vorbildliche Leistungen in der Menschenführung“ mit dem Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber ausgezeichnet wurde, plädiert allerdings für die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigte Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland.

„Wir wissen und sehen, welche furchtbaren und einsatzbereiten Waffen Russland in der Exklave Kaliningrad genau zwischen Polen und Litauen stationiert hat“, sagt Droßmann. „Die europäischen Nato-Staaten haben derzeit kaum die Fähigkeit, unsere Länder aus eigener Kraft gegen diese Waffen zu schützen. Deshalb bin ich den USA dankbar, dass sie uns unterstützen, bis wir selbst dazu in der Lage sind.“

Wehrpflicht: SPD-Mann plädiert für das Modell von Boris Pistorius

Was die Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht angeht, so unterstützt Droßmann den Vorschlag von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Der will, dass sämtliche infrage kommenden Männer erfasst und angeschrieben werden und sich zurückmelden müssen. Auch Frauen werden angeschrieben, hier gibt es aber keine Antwortpflicht. Wie Pistorius geht der Hamburger Bundestagsabgeordnete davon aus, „dass hierdurch ausreichend junge Männer und Frauen gefunden werden, die man zum Aufbau einer Reserve bräuchte“.

Droßmann ist bereits Mitglied in den Ausschüssen für Menschenrechte und humanitäre Hilfe sowie Abrüstung, Nichtverbreitung und Rüstungskontrolle. Dort will er auch weiter mitarbeiten. „Denn es ist doch klar, dass eine eindimensionale Konzentration auf militärische Fähigkeiten keinen Sinn ergibt“, so der Oberstleutnant, der von sich selbst berichtet, sein evangelisch-lutherischer Glaube habe ihn tief geprägt. „Das Militär hat die Aufgabe, einen Zustand der Kampflosigkeit zu erreichen und aufrechtzuerhalten.“

Bundeswehr: Als Schwuler war es am Anfang nicht einfach, das hat sich geändert

Bereits seit 2022 ist Droßmann, der 2017 seinen Mann Dennis heiratete, auch queerpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. „Ich habe aus meiner sexuellen Identität nie ein großes Thema gemacht. Natürlich war es in der ‚alten‘ Bundeswehr schwer“, erzählt Droßmann.

„Die ersten Jahre meiner Dienstzeit wäre ich wohl wegen sogenannter ‚charakterlicher Nichteignung‘ entlassen worden – egal, wie gut ich meinen Dienst als Offizier geleistet habe. Da lebte man schon immer ein wenig versteckt und hielt vieles auch vor den Vorgesetzten und Kameraden geheim.“

Falko Drossmann (Mitte) mit Ehemann Denny bei der Trauung in der Hauptkirche St. Jacobi im Jahr 2017.
Falko Drossmann (Mitte) mit Ehemann Denny bei der Trauung in der Hauptkirche St. Jacobi im Jahr 2017. © Andreas Laible | Andreas Laible

Seit dem Erlass „Umgang mit Sexualität in der Bundeswehr“ von 2004 habe sich die Lage aber massiv verbessert. Damals sei offiziell festgelegt worden, dass sich die Sexualität der „Einflussnahme durch den Dienstherren grundsätzlich entzieht“ und nur dann zu einem Problem werde, wenn der Dienstbetrieb gestört oder die Kameradschaft negativ beeinflusst werde. Erst mit diesem Erlass sei es verboten gewesen, Aktenvermerke oder Personalakteneinträge zu dem Thema zu erstellen.

Neue Zeiten: Bei der Hochzeit mit seinem Mann standen Offiziere Spalier

„Ich habe die Bundeswehr hiernach als einen absolut inklusiven Arbeitgeber kennengelernt und nie Diskriminierung wahrgenommen“, sagt Droßmann heute. „Sexuelle Identität und auch das Geschlecht spielen heute so wenig eine Rolle, wie das auch in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes oder von Unternehmen der Fall ist.“ Trotzdem müsse die Anzahl der Frauen in den Streitkräften noch deutlich erhöht werden, davon gebe es noch zu wenige in der Bundeswehr, so Droßmann. 

„Für mich war das Thema ‚schwul und Soldat‘ in dem Moment erledigt, als bei meiner Hochzeit 2017 viele meiner ehemaligen Unterstellten und auch Vorgesetzten in Uniform in der Kirche saßen und zwölf uniformierte Offiziere für mich und meinen Mann ein Ehrenspalier gebildet haben.“ 

Fitnessstudio morgens um fünf, zum Runterkommen Milch-Bohnensuppe

Das Bundestagsmandat und die nun zusätzlichen Aufgaben lasten den früheren Hamburger Bezirksamtsleiter offenbar voll aus. Ins Fitnessstudio gehe er als passionierter Frühaufsteher meist nur noch um fünf Uhr morgens, bevor der Arbeitstag beginne, berichtet Droßmann.

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Und wenn er richtig runterkommen wolle, funktioniere das am besten in seinem Schrebergarten in Hamburg-Rothenburgsort. Oder beim Kochen seiner absoluten Leibspeise: einer klassischen Milch-Bohnensuppe.