Hamburg. KI sei Dank: Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank testet Hightech-Gerät in der Martini-Klinik – und zückt im OP das Handy.
- UKE in Hamburg: Künstliche Intelligenz unterstützt Ärzte und Pflegekräfte
- Schonende Prostata-Operationen in der Martini-Klinik mit Da-Vinci-Roboter
- Live-Bilder von OPs erlauben höhere Patientensicherheit
Von 20 Minuten runter auf 20 Sekunden: So lange, also kurz, dauert es demnächst nur noch, bis im Hamburger UKE die Zusammenfassung einer komplexen Behandlung mit Operation und Therapie auf der elektronischen Patientenakte steht. Was wurde gemacht, wie geht es dem Patienten, welche Medikamente hat oder braucht er? All das, natürlich fachmedizinisch korrekt, schreibt dann eine künstliche Intelligenz in wenigen Sätzen aus allen Daten von Eingriffen, Untersuchungen und Werten zusammen. Die Zeitersparnis wird dafür sorgen, sagt UKE-Chef Prof. Christian Gerloff, dass die Ärzte mehr Stunden für die Patientinnen und Patienten haben und weniger Schreibkram erledigen müssen.
„Argo“ heißt dieses KI-Programm. Dafür hat das Uniklinikum Hamburg-Eppendorf eine eigene (gemeinnützige) Gesellschaft gegründet. Das Wichtigste bei der KI ist wie im Sport: Wie und womit wurde für den Ernstfall trainiert? Die Eppendorfer haben seit der Einführung der elektronischen Patientenakte 2009 etwa sieben Millionen eigene Datensätze angehäuft. Daran lernt die KI, worauf es bei den Hamburger Patienten ankommt.
UKE Hamburg: Künstliche Intelligenz für Patienten und OP-Roboter
UKE-Vorstandschef Gerloff betonte am Freitag bei einem Besuch von Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne): „Das ist ein Assistenzsystem.“ Heißt: Hier läuft kein rein automatischer Prozess ab. Ärzte schauen drauf und korrigieren im Zweifel. Am wichtigsten ist Gerloff aber, dass diese Trainingsdaten nicht von irgendwo aus dem Internet stammen. Und dass sie dort nicht offen liegen oder von Datenkraken abgesogen werden können. Gerloff: „Keine Cloud, kein Google, kein Amazon.“
Neurologe Gerloff ließ Fegebank die neueste Technik auf den Kopf setzen, eine Art Baseballkappe voller Sensoren. Diese Parkinson-Cap misst, ob ein Patient bereits im Gesicht – kaum merklich – eine Bewegungsarmut erkennen lässt. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf den Fortschritt der tückischen Nervenkrankheit ziehen. Allein durch das Blinzeln ließen sich verschiedene Arten von Parkinson unterscheiden, wie Oberärztin Dr. Monika Pötter-Nerger erklärte. Somit lasse sich die Medikation genauer anpassen. Technikgerecht kommen die Tabletten auch gleich aus dem 3-D-Drucker.
Parkinson-Patienten erhalten Baseballkappe mit Sensoren und Kamera
Die Schirmmütze kommt mit Kamera und Smartwatch am Handgelenk daher. Hightech-Uhren für allerlei Körperdaten wie die Apple Watch haben sich bei Laien-Anwendern wie in der Telemedizin mittlerweile durchgesetzt. Alltagstaugliche Geräte wie die Hamburger Erfindung „Ritmo“ (Mini-Langzeit-EKG) aus dem Umfeld des Wandsbeker Cardiologicums oder andere Projekte zur Vorbeugung von Schlaganfällen und Herzinfarkten ersetzen zwar keinen Arzt – können aber Alarmzeichen geben, einen aufzusuchen.
Ob sich die Parkinson-Cap aus dem UKE auch für Wahlkämpfe zweckentfremden lässt, ist hierzulande noch unerprobt. In den USA zeigt sich aktuell Präsidentschaftskandidat Donald Trump immer wieder mit der immer selben roten Kappe.
Fegebank kam im grünen OP-Kittel und grünen Plastiksandalen noch in den Genuss, in der Martini-Klinik einen Operationsroboter („Da Vinci“) zu bedienen. Ohne dass mit dem digitalen Assistenten tatsächlich ein Patient aufgeschnitten wurde, lenkte die Senatorin die Instrumente. Für ein paar Handyfotos in der weltweit größten Klinik für Eingriffe an der Prostata war auch noch Zeit.
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin: Katharina Fegebank „operiert“ mit Da Vinci im UKE
2600 Patienten, die diese für Männer häufigste Krebsdiagnose bekommen haben, werden hier jedes Jahr operiert. Mit diesen innovativen OPs werden nicht nur Privatpatienten versorgt, sondern das UKE hat sich hier längst den Kassenpatienten geöffnet. Bei Prostatakarzinomen kommt es darauf an, den Betroffenen vor Inkontinenz und Impotenz zu schützen. Im OP-Ablauf ist für die Ärzte wichtig, dass Operateure, Pflegekräfte und Anästhesisten immer sehen: Was passiert gerade, an welchem Punkt des Ablaufs stehen wir?
Dazu gibt es mehrere Kameras, für Großaufnahmen vom OP-Saal bis zu genau der Stelle, wo im Unterbauch gerade die Instrumente arbeiten, die Nähte gelegt werden. Alle Bilder können auf riesige Monitore geworfen werden, auf denen man auch die Patientenakte oder die jüngsten Bilder aus dem Magnetresonanztomografen (MRT) zeigen kann.
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Hamburg-Eppendorf: UKE-Technologie ermöglicht OP-Hilfe an anderen Orten
Als Uniklinikum muss das UKE darauf achten, mit der neuen Technik auch Studenten aus- und Ärzte weiterzubilden. Die OP-Roboter erleichtern diese Aufgabe. Und weil sich ihre digitalen Livebilder übertragen lassen, können Hamburger Experten in Zukunft noch häufiger bei Operationen an fernen Orten assistieren.
Bei der Anwendung künstlicher Intelligenz sieht Fegebank das UKE „vorn dabei“. KI könne die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften gewinnbringend ergänzen und erleichtern. „Ein großer innovativer Schritt in der digital unterstützten Medizin, von dem auch andere Einrichtungen weit über den Hamburger Standort hinaus profitieren werden.“