Hamburg. Das Wahlprogramm für 2025 setzt neue Akzente. Beim Kinderschwimmen und für Senioren gibt es große und teure Versprechen.

Die Grünen in Hamburg gehen mit reichlich Selbstbewusstsein in den Bürgerschaftswahlkampf 2025 – und mit einem Programm, das zumindest in der Papierform bemerkenswert ist. Spitzenkandidatin Katharina Fegebank („Wir spielen auf Sieg“) fokussierte sich am Montag auf Schwerpunkte, die man kannte, und auf neue grüne Themenfelder. Dabei spielt die innere Sicherheit eine große Rolle. Fegebank erinnerte nicht nur an die bereits vom rot-grünen Senat auf den Weg gebrachten Maßnahmen rund um den Hamburger Hauptbahnhof. Sie sprach von einer „Stärkung von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten“. Und: „Wir haben uns intensiv mit dem Kampf gegen den Islamismus befasst – nicht erst seit Solingen.“

Als sei sie die demokratische US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris, sprach sie von Verkehrssenator Anjes Tjarks als „mein running mate“, also einer Art Vizehauptwahlkämpfer. Tjarks, mit der Rolle der Nummer zwei augenscheinlich zufrieden, forderte mehr Personal für die S-Bahn- und Hochbahn-Wachen, nannte Videoüberwachung als nützliches Instrument, um die Sicherheit im Nahverkehr zu erhöhen, und verwies darauf, dass die am Hauptbahnhof eingesetzten Quattrostreifen ja bereits aus seinem Haushalt mitfinanziert würden. Gleichfalls kündigte er ein grünes Wahlversprechen an, das die „Silver Generation“ freuen dürfte: Seniorinnen und Senioren sollen nach grünem Wahlprogramm eine Art Deutschlandticket erwerben können, das sich am Studententicket (29,40 Euro) orientiert.

Grüne in Hamburg: Mit innerer Sicherheit in den Wahlkampf 2025

Gleichzeitig wollen die Grünen die Jüngsten fördern. Kinder unter zehn sollen kostenlos in alle Schwimmbäder von Bäderland gehen dürfen. „Jedes Kind soll im Laufe der Grundschule sicher schwimmen lernen“, sagte die Grünen-Parteivorsitzende Maryam Blumenthal, selbst Lehrerin. Was das kostet, interessiert die Grünen derzeit (noch) nicht. Schwimmunterricht ab der ersten Klasse, politische Bildung quasi mit Eintritt in die Schule, „Flexibilisierung“ des Lernens – mit den Schulen und den Eltern sollen neue Ideen umgesetzt werden, auch, was die Nutzung von Handys im Unterricht angeht.

Die Grünen halten am Schulfrieden und den G8- und G9-Regeln fest. Ob sie sich wie die FDP einen späteren Schulbeginn um 9 Uhr morgens vorstellen können, da will man sich nicht für alle verbindlich festlegen. „Bodenständig“ sei das Wahlprogramm, sagte Fegebank. Für „ihren“ Wissenschaftsbereich hat sie eine Zukunftsstiftung reinschreiben lassen, keine neue Idee. Diese Stiftung aus öffentlichen und privaten Geldern soll mit einer Milliarde Euro ausgestattet sein. Fegebanks Vorbild ist die TU München, wo BMW-Erbin Susanne Klatten, die reichste Frau Deutschlands, mit Hunderten Millionen Euro engagiert ist.

Deutsche Bahn: „Das ganze Land hat sich bei der EM blamiert“

Solch einen Extra-Geldtopf hat auch Verkehrssenator Tjarks im Auge. Er ließ ein „Infrastrukturbeschleunigungsprogramm“ in die grüne Wahlkampfkladde schreiben. Ihm war mehr als peinlich, dass die Gäste der Fußballeuropameisterschaft in Deutschland so sehr unter den Verspätungen und Sperrungen der Deutschen Bahn gelitten hätten. „Das ganze Land hat sich bei der EM blamiert.“

Katharina Fegebank (M.) mit ihren grünen Senatskollegen Jens Kerstan (l.) und Anjes Tjarks (r.). Wer bleibt nach der Hamburger Bürgerschaftswahl 2025 im Amt?
Grün auf der Hamburger Senatsbank: Umweltsenator Jens Kerstan (l.), Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank und Verkehrssenator Anjes Tjarks. © HA | Unbekannt

Tjarks will weiter bauen und buddeln und im buchstäblichen Sinne Löcher stopfen, die auf den Straßen. Die U5 (14 bis 16,5 Milliarden Euro Kosten) sei vor dem Zeitplan und produziere überraschend wenig Gegenwind. Die Straßensanierung gehe weiter, der Radwegeausbau sowieso. Und es gebe in den kommenden Jahren mal eben 13 neue Elbbrücken, die zum Teil alte ersetzen, zum Teil (Köhlbrandbrücke, U4-Brücke Richtung Grasbrook, A26-Ost) komplette Neubauten seien.

3500 günstige Wohnungen in Hamburg im Jahr

Im Wohnungsbau sind sich Hamburgs Grünen bewusst, dass Bau- und Finanzierungskrise die einstmals hohen Ziele des Senats von 10.000 jährlich fertiggestellten neuen Wohnungen unterlaufen. Dennoch formulieren sie mit 3500 Wohnungen pro Jahr aus dem geförderten oder „preisgedämpften“ Segment ein ehrgeiziges Ziel. Für diese günstigen neuen Wohnungen wollen sie die Saga und die Hamburger Genossenschaften in die Pflicht nehmen. Gegen einen potenziellen Mietwucher wollen sie sogar einschreiten. Wer von überhöhten Mieten betroffen ist, soll das in Zukunft dem Senat melden können. Dann würden sich Behörden darum kümmern, dass diese Mieten gesenkt werden können.

Außerdem erneuerten Fegebank und Co. ihr Bekenntnis zu dem geplanten Stadtteil Oberbillwerder, der im Südosten auf der grünen Wiese Richtung Bergedorf entstehen soll. 15.000 Menschen sollen hier wohnen, arbeiten und lernen. Aus der CDU hatte es zuletzt heftige Kritik an dem Großprojekt gegeben.

In der Energiepolitik gab es wenig neue Töne, aber zum Teil recht klar definierte Ziele. Dass Hamburg im Vergleich mit anderen Bundesländern bei Windenergie- und Photovoltaik-Ausbau hinterherhinkt, umschreiben die Grünen auf euphemistische Weise. Der Ausbau erneuerbarer Energien habe „noch viel Potenzial“, hieß es. Der Solarausbau werde bis 2030 versiebenfacht. 200.000 Haushalte sollen mit Sonnenstrom versorgt werden. Zudem planen die Grünen für Klimaschutzmaßnahmen einen „Sozialcheck“. Nach den kommunikativ wenig gelungenen Heizungsplänen der Ampel-Regierung und des grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck ist das eine Hamburger Vorsichtsmaßnahme.

Hamburger Bürgerschaftswahl 2025: Welche Senatoren werden die Grünen haben?

Die Hafenautobahn A26-Ost ist nicht wirklich ein Herzensprojekt der Grünen. Doch aus Koalitionsdisziplin schlucken sie es. Und welche Koalition beliebt der einstigen Ökopartei nach dem 2. März 2025? „Die SPD ist sicherlich unsere Präferenz“, sagte Fegebank. Dass sie sich vorstellen kann, als erste und Erste Bürgermeisterin Hamburgs zu arbeiten, das wollte sie gar nicht verhehlen.

Personelle Fragen erörterten die Grünen am Montag nicht. Ob sie mit derselben Zahl an Senatorinnen und Senatoren aus den – möglichen – Koalitionsgesprächen nach der Wahl herausgehen, wird man sehen. Und welches grüne Spitzenpersonal dann den Sprung auf die Senatsbank schafft, ist nicht ausgemacht. Fegebank und ihr Mitläufer Tjarks sind offenbar gesetzt.