Hamburg. Reichlich Bewegung an der Hamburger Spitze der Grünen Jugend. Wer geht, wer bleibt und was Emilia Fester und Rosa Domm dazu sagen.

Exodus bei den jungen Grünen: Vor wenigen Tagen hatte der zehnköpfige Bundesvorstand der Grünen Jugend angekündigt, Posten und Parteimitgliedschaften aufzugeben. Um den Hamburger Landesverband der Jugendorganisation war es daraufhin auffällig still geworden – entsprechende Anfragen blieben unbeantwortet. Ganz offenbar gab es intern reichlich zu diskutieren.

Nun sind die Würfel gefallen. Auch in der Grünen Jugend in Hamburg wird sich personell einiges tun. Große Teile des Landesvorstands verlassen den Jugendverband und die Partei.

Grüne Jugend Hamburg: Jetzt schmeißen auch hier Mitglieder hin

Nach dem Paukenschlag des Bundesvorstands haben die jungen Grünen aus Hamburg klären wollen, wie mit der Situation umzugehen sei. „Nach gemeinsamen Gesprächen konnten wir im Landesvorstand der Grünen Jugend Hamburg dazu keine geeinte Position finden“, teilen Landessprecher Berkay Gür und Landessprecher*in Lian Belgardt am Montag mit. Im Landesvorstand gebe es daher sowohl Personen, die die Partei und die Grüne Jugend verlassen werden, als auch solche, die sich weiterhin engagieren.

Gegen die weitere Arbeit bei der Grünen Jugend und für einen Parteiaustritt haben sich entschieden: Landessprecher Berkay Gür, die politische Geschäftsführerin Annika Denicke, Schatzmeister Nikhil Gauri sowie die Beisitzenden Carla Neckermann, Sayen Ramirez und Anxhelo Elezi. Erhalten bleiben der Grünen Jugend Landessprecher*in Lian Belgardt und Beisitzer*in Emil Förster.

Grüne Jugend hamburg: Landessprecher*in Lian Belgardt
Landessprecher*in Lian Belgardt bleibt der Grünen Jugend Hamburg treu. © Grüne | Henning Angerer

Nun sei es dem Landesvorstand der Grünen Jugend ein Anliegen, bis zur kommenden Landesmitgliederversammlung eine geordnete Übergabe zu organisieren, „damit die Grüne Jugend Hamburg weiterhin handlungs- und arbeitsfähig und schlagkräftig bleibt“.

Emilia „Milla“ Fester: „Gerade jetzt brauchen wir eine starke Jugend“

Unzufrieden mit den Austritten zeigen sich die 26-jährige Bundestagsabgeordnete aus Hamburg Emilia „Milla“ Fester (Grüne) und Rosa Domm, Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete, in einer gemeinsamen Mitteilung. Fester und Domm waren zwischen 2018 und 2019 gemeinsam Landessprecherinnen der Grünen Jugend Hamburg. Sie sind bis heute Mitglieder der Jugendorganisation.

Emilia
Emilia „Milla“ Fester aus Hamburg ist Bundestagsabgeordnete für die Grünen und Mitglied der Grünen Jugend. © Grüne | Henning Angerer

„Die Grüne Jugend ist mein politisches Zuhause und der Ort, der mich zu der Politikerin ausgebildet hat, die ich heute bin. Es macht mich traurig, dass Teile des Landesvorstands sich entschieden haben, unseren Verband und die Partei zu verlassen“, so Fester. „Gerade jetzt, in diesen Zeiten, brauchen wir eine starke, progressive Jugend, die bei zunehmend konservativen Debatten kraftvoll für progressive Positionen streitet.“

Dass die Partei ihnen zu konservativ geworden sei, war das Hauptargument der Bundesspitze der Grünen Jugend bei deren Rücktritt. Die früheren Vorsitzenden um Svenja Appuhn und Katharina Stolla äußerten, dass sie nun die Gründung einer eigenen linken Bewegung planen.

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Rosa Domm sitzt für die Hamburger Grünen in der Bürgerschaft und ist bei der Grünen Jugend engagiert. © picture alliance/dpa | Georg Wendt

Exodus bei der Grünen Jugend: „brauchen keine weitere Fragmentierung“

Auch die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Rosa Domm bedauert den Austritt großer Teile des Landesvorstands der Grünen Jugend Hamburg. Ebenso wie ihre Parteifreundin Fester ruft sie „in Zeiten, in denen rechtsextreme Parteien immer mehr Menschen für sich gewinnen“, zu Zusammenhalt statt Spaltung auf. Es brauche jetzt keine weitere Fragmentierung.

„Der überwältigende Teil unserer Aktiven bleibt in der Grünen Jugend, weil wir hier die Möglichkeiten haben, uns politisch zusammenzuschließen und etwas zu verändern“, so Domm. „Deswegen wird die Grüne Jugend auch weiterhin ein Ort für junge Menschen sein, die Politik selbst verändern wollen und gemeinsam für ein klimaneutrales und solidarisches Hamburg einstehen.“

Ehemalige Landessprecherin der Grünen Jugend: „Möglichkeit für einen Neuanfang“

Auch die ehemalige Landessprecherin der Grünen Jugend Hamburg, Nergis Zarifi, äußerte sich am Montag zum Austritt des Vorstands: „Mit Bedauern habe ich heute erfahren, dass die Mehrheit der Mitglieder des Hamburger Landesvorstands der Grünen Jugend, die ich stets als offen und kollegial empfunden habe, zu diesem Schritt entschlossen hat“. In letzter Zeit habe sie jedoch den Eindruck gehabt, dass die Grüne Jugend Schwierigkeiten hatte, die Meinungsvielfalt innerhalb ihrer Reihen in den Vorständen abzubilden. „Kritische Stimmen fanden oft nicht den Raum, den sie verdient hätten. Daher sehe ich diesen Schritt als Möglichkeit für einen Neuanfang der Grünen Jugend, um sich neu aufzustellen und klar zu positionieren“.

Und weiter sagte sie: „In Zeiten wie diesen, die wir in Sachsen und Thüringen mit dem Erstarken der Rechten erlebt haben, ist es umso wichtiger, dass wir junge Wähler*innen ab 16 Jahren, die zur AfD tendieren, gezielt ansprechen. Dieses Thema sollte unser Hauptanliegen sein. Zudem müssen wir verstärkt Themen aufgreifen, die Nicht-Akademiker*innen beschäftigen. Hier haben wir ein Problem mit unserem Habitus, da viele solcher Jugendlichen in der Grünen Jugend kaum vertreten sind bzw. gar nicht. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Organisation vielfältiger wird und alle jungen Menschen einlädt, sich bei uns einzubringen.“